Gräfer-Kolumne: Vertreter-Image: Sind wir noch zu retten?
Für Versicherungsvermittler ist das Vertrauen der Kunden Gold wert. Schließlich soll ihnen ein Stück Sicherheit verkauft werden. Kontraproduktiv ist an der Stelle das schlechte Image der Branche. Warum sich die Vermittlerschaft nicht hinter vielen anderen wichtigen Berufen verstecken muss und wie Löscharbeiten an unserem Image aussehen können, erklärt Martin Gräfer, Vorstand der Versicherungsgruppe die Bayerische.
Mit rußverschmierten Wangen und stoischer Miene schreiten Sie aus dem hölzernen Eingangstor des Vorstadthäuschens. Wütend schlagen die Flammen hinter Ihnen aus den Dachfenstern Richtung Nachthimmel. Sie aber haben Ihre Mission erfüllt: Der zweijährige Sohn der Familie schmiegt sich fest an ihre starken Arme. Zitternd, aber sicher vor dem Feuer. Sie fühlen sich an Ihre letzte erfolgreich abgeschlossene BU-Beratung erinnert? Gut, ich auch nicht.
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Seien wir realistisch: Wir Versicherungsvertreter werden den tapferen Feuerwehrleuten ihren Platz auf Platz eins der Rangliste der angesehensten Berufe nicht streitig machen. Auch nicht nach drei dicken Tuben Imagepolitur. Nicht abfinden sollten wir uns aber mit unserem Dauer-Abo auf den letzten Image-Platz, den uns jüngst wieder einmal eine Berufs-Übersicht des Deutschen Beamtenbundes bescheinigte. Denn mit Feuerwehr (Platz eins), Altenpflege (Platz zwei) und Ärztinnen und Ärzten (Platz drei) eint uns mehr, als viele denken.
Da sein wenn’s ums Ganze geht
Warum genießen Feuerwehrmänner, Ärztinnen, Kranken- und Altenpfleger aber auch Polizistinnen – berechtigterweise (!) - so einen guten Ruf? Weil sie Menschen dann beistehen, wenn es um alles oder nichts, also die eigene Existenz geht. Geht’s ums Ganze, verblassen Themen, die eben noch die Welt bedeuteten.
Aber ist nicht genau das ein wesentlicher Antrieb unseres täglichen Tuns? Wenn die BU-Versicherung zum Zeitpunkt der unerwartet schweren Krankheit plötzlich zum Rettungsanker wird, wenn die Fondspolice bei Renteneintritt nach jahrzehntelangem Buckeln vor dem Abrutschen in die Altersarmut bewahrt, wenn Unternehmen nach einem Produktionsausfall nicht hunderte Mitarbeiter entlassen müssen, wirkt das oben beschworene Bild des Feuerwehrmanns in der Not plötzlich gar nicht mehr so abwegig, oder?
Ich bin Versicherungsvertreter seitdem ich meine Ausbildung mit 19 Jahren abgeschlossen habe. Ich liebe diesen Beruf! Ich bin stolz darauf, dass ich einen Beitrag dazu leisten darf, dass Familien einer ganzen Reihe von Risiken des Lebens standhalten, dass Unternehmen ihren Aktivitäten nachgehen können, ohne zu große Angst vor Fehlern oder Missgeschicken zu haben, dass Menschen auch ohne Spitzengehalt dem Alter zuversichtlich entgegenblicken können.
Geschichten sprechen lassen
Keine Frage: Einige schwarze Schafe leisteten und leisten unserem Berufsstand einen Bärendienst. Doch die aufrichtigen und ernsthaft am Kundenwohl orientierten Beraterinnen und Berater sind die noch viel zu leise Mehrheit. Zeigen wir selbstbewusst, welchen spürbaren Nutzen wir zum Funktionieren unserer Gesellschaft beitragen! Gerade jetzt, da die Evolution von Produktverkäufern hin zu ganzheitlichen Risikopartnern in vollem Gange ist.
Basis des Wandels ist unser tägliches Handeln: indem wir Kunden nach ihren individuellen Lebensumständen empathisch und in allen Facetten nachhaltig mit Produkten beraten, die wir auch unserer eigenen Familie guten Gewissens ans Herz legen würden. Ich selbst habe beispielsweise nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder jeweils eine nachhaltige Zukunftsvorsorge der Pangaea Life abgeschlossen.
Um dem hartnäckigen Image des gewissenlosen Aufschwatzers mit den blinkenden Dollarzeichen in den Augen wirklich Risse zu versetzen, sollten wir Erfahrungen aus unserem Berufsalltag sprechen lassen. Denn berührende Geschichten der Hoffnung in scheinbar aussichtslosen Situationen schreibt unser Beruf am laufenden Band – wir müssen sie nur erzählen und dadurch verdeutlichen, was die Essenz unseres Berufsstandes ausmacht.
Erst kürzlich berührte mich die Geschichte unseres BU-Kunden und Leistungssportlers Darius Braun: Mit 15 reißt ihn eine Hirntumor-Erkrankung aus dem Leben, nach einer OP kann er nicht einmal mehr gehen. Doch er kämpft sich zurück ins Leben und startete im Juli das Abenteuer seines Lebens: Nur mit dem Fahrrad durchquert er im Zuge seines Projekts „…und trotzdem!“ den amerikanischen Kontinent einmal vom Nord nach Süd – und sammelt dabei spenden für die Hirntumorforschung. Die Sicherheit dafür gibt ihm das Wissen im Notfall einen starken Partner an seiner Seite zu wissen, der ihn auffängt.
Die Initiative ergreifen
Das schlechte Image des Vermittlerstands nährt sich aus einem grundsätzlichen Vertrauensproblem. Das Bild des skrupellosen Versicherungsvertreters, der arglose Kunden über den Tisch zieht, hat sich viel zu lange in den Köpfen eingebrannt.
Dem entgegen wirken wir, indem wir zeigen, dass wir es ernst meinen. Dass wir auch jenseits von Verkaufsgesprächen bereit sind, in unserem Umfeld, in unserer Nachbarschaft und als Teil der Gemeinschaft einen Beitrag zu leisten. Die Bayerische beispielsweise hat jüngst ihre Vision um folgenden Zusatz erweitert: „Wir verstehen uns als Teil einer nachhaltigen und sozial engagierten Gesellschaft.“ Talk is cheap. Doch nie war es leichter diesen Anspruch ernsthaft mit Leben zu füllen.
Ein besonders motivierendes Beispiel dafür erlebte ich erst vor wenigen Wochen: Im Rahmen einer von der Bayerischen mit dem Corporate-Volunteering-Startup lets und dem Maklerpool Fonds Finanz organisierten „Social Week“ zeigten Vermittlerinnen und Vermittler, Kolleginnen und Kollegen aus dem Innendienst und interessierte Freiwillige was gemeinsam möglich ist. An vier Projekttagen machten wir auf einem Tier-Gnadenhof Ställe winterfest, packten medizinische Hilfspakete für die Ukraine, spendenden Senioren einen Nachmittag lang bei Kaffee und Kuchen unser Ohr und befreiten die grüne Lunge Münchens von mehreren Dutzend Kilogramm Müll. Glaubwürdiges Engagement wie dieses ist es, mit denen selbst kleine Maklerbüros über Plattformen wie lets ohne großen Aufwand an ihrem Standort eine völlig neue Wahrnehmung erzeugen können. Und Vertrauen aufbauen.
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Auch wenn wir keine Kinder aus den Flammen retten, erfüllen wir mit unserem Beruf eine enorm wichtige Aufgabe. In all den Jahren habe Ich so viele tolle Persönlichkeiten bei Versicherern, bei Kundinnen und Kunden sowie im Vertrieb kennengelernt. Menschen, die mich begeistert und inspiriert haben. All diese Fachleute hatten und haben das Wohl und die Interessen ihrer Kundinnen und Kunden im Fokus! Auch und gerade dann, wenn sie selbst unternehmerisch geprägt sind. Die Löscharbeiten an unserem Image sind in vollem Gange. Wasser marsch!