Welche Umsatzerwartungen haben Versicherungs-Vorstände für die Jahre 2022 und 2023 - und wie schätzen sie die aktuelle Situation der Branche ein? Das ist Thema einer aktuellen Branchenumfrage von der Managementberatung Horváth. Sie zeigt: Es besteht akuter Handlungsbedarf in der Branche. Denn Naturkatastrophen, Corona-Krise und Ukraine-Krieg belasten auch die Versicherer.

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Die Umsatzerwartungen der Versicherer liegen mit +3,5 Prozent deutlich unter anderen Industriezweigen, die im Schnitt für das Gesamtjahr 2022 einen Umsatzzuwachs von 8,1 Prozent prognostizieren. Auch für das Jahr 2023 zeigen sich deutsche Unternehmen mit einem Umsatzzuwachs von immer noch 6,6 Prozent optimistischer. "Andere Branchen erwarten, Teile des Umsatzes wieder aufzuholen, der in der Corona-Krise weggebrochen ist, während die Versicherer relativ stabil durchgekommen sind", sagt Martin Müller, Insurance-Experte bei Horváth.

Schadenkosten werden Prämien verteuern

Zudem sehen die befragten Versicherer-Vorstände Handlungsdruck speziell bei den Prämien. Der Grund: Dank der Inflation steigen auch die Schadenkosten deutlich an, etwa in der Wohngebäude-Sparte durch teurere Baumaterialien und Handwerker-Leistungen. Oder Betriebsunterbrechungen in der Industrie-Sparte infolge von gestörten Lieferketten, um nur einige Beispiele zu nennen. Ein Indiz dafür ist, dass die Neuausrichtung von Preis- und Erlösmodellen im Vergleich zum Vorjahr an strategischer Bedeutung gewonnen hat. Bezeichnete 2021 nur etwa die Hälfte der Befragten dieses Handlungsfeld als wichtiges Managementthema (52 Prozent), sind es jetzt mehr als drei Viertel (77 Prozent).

"Inflationsbedingte Beitragsanpassungen sind zu erwarten, um beispielweise die gestiegenen Ausgaben für Schaden- und Leistungsaufwände auszugleichen, und sind der Haupttreiber für das absolute Prämienwachstum", erläutert Müller. Auch die Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung sind stärker in den Fokus gerückt. 74 Prozent der Versicherer wollen ihr Produktportfolio und ihre Kapitalanlagestrategie anpassen. Ein Beispiel: vermehrt denken Versicherer darüber nach, Leben-Policen in die Abwicklung zu schicken und an externe Run-off-Dienstleister auszulagern.

Dauerbaustelle digitaler Wandel

Die größte strategische Priorität hat für die Branche aber weiterhin die Digitalisierung. 80 Prozent bearbeiten diese aktuell mit sehr hoher Priorität, weitere 20 Prozent mit hoher Priorität. Hier habe sich der Fokus verschoben: von der Kundenschnittstelle hin zu den Backoffice-Prozessen und IT-Kernsystemen. "Dies kann auch als Reaktion auf den absehbaren Fachkräftemangel interpretiert werden", sagt Martin Müller. Das umfasst auch das Feld der Cybersicherheit. Dies werde von mehr als der Hälfte der befragten Versicherer mit sehr hoher Priorität behandelt - auch aufgrund steigender regulatorischer Anforderungen. "Nicht zu vergessen ist, dass dies aber auch auf der Produktseite ein interessantes Wachstumsfeld für die Versicherungswirtschaft sein kann", konstatiert der Horváth-Experte.

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Hintergrund: Für die Branchenbefragung wurde eine repräsentative Auswahl an über 20 Vorstandsmitgliedern großer Versicherungsunternehmen befragt. Mit den Teilnehmenden wurden intensive, qualitative Interviews geführt. Diese fanden im Rahmen der großangelegten Horváth-Studie "CxO Priorities 2022" statt, für die insgesamt 280 Topmanagerinnen und -manager größtenteils im Juni 2022 befragt wurden.

mit Pressematerial Horváth