Hohe Energie- und Lebensmittelpreise belasten derzeit die deutsche Wirtschaft. Das bleibt auch für die Versicherungswirtschaft nicht ohne Folgen. Die Stimmung in der Branche hat sich in den Sommermonaten erheblich abgekühlt, sodass die deutschen Versicherer sogar pessimistischer in die Zukunft schauen als in Zeiten der Corona-Lockdowns. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des ifo-Institutes, von der aktuell der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) berichtet.

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Mehr als jedes vierte Unternehmen bewertet Geschäftslage negativ

Der Anteil der Versicherer, die ihre aktuelle Geschäftslage als negativ einschätzen, stieg gar auf einen höheren Wert als zu Beginn der Corona-Pandemie. Mehr als jedes vierte Unternehmen (28 Prozent) sieht eine negative Lage, während es im ersten Quartal 2020 nur 23 Prozent waren.

Die Geschäftserwartungen der Versicherer gingen zugleich um über 20 Punkte auf den zweittiefsten Wert der Zeitreihe (-12,5 Punkte) zurück. Hier wird der Saldo von Versicherern gemessen, die ihre Situation als gut bzw. schlecht beurteilen. Hier gilt: je höher der Saldo, desto besser. Der langfristige Durchschnitt liegt bei 13,7 Punkten und damit deutlich über den aktuellen Werten.

„Der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, anhaltende Lieferkettenengpässe und die starke Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung trüben die Stimmung stark ein“, kommentiert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen die Sommerumfrage des Ifo-Konjunkturtests. „Insgesamt zeichnet der Sektor derzeit ein eher pessimistisches Bild von Geschäftslage und -aussichten.“

Lebensversicherer besonders pessimistisch

Betrachtet man die einzelnen Sparten, so herrscht speziell bei den deutschen Lebensversicherern Katerstimmung. Eine knappe Mehrheit der Teilnehmer (55 Prozent) bezeichnete ihre Lage nur als befriedigend. „Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate fallen ebenfalls schlechter aus als im Frühling. Der Anteil der Lebensversicherer, die in den nächsten Monaten eine negative Geschäftsentwicklung für wahrscheinlich halten, hat sich im Sommer mit 22 Prozent gegenüber dem Frühjahr mehr als vervierfacht“, so Asmussen.

Die Gründe sind naheliegend. Viele deutsche Haushalte werden voraussichtlich im Herbst Probleme haben, die exorbitant steigenden Nebenkosten zu finanzieren: auch die Waren für den täglichen Bedarf verteuern sich. Folglich droht nicht nur ein schlechtes Neugeschäft, weil die Bürgerinnen und Bürger ihr Geld zunächst für andere Dinge ausgeben müssen als für die Altersvorsorge. Es ist darüber hinaus sogar zu befürchten, dass vermehrt Altersvorsorge-Verträge abgestoßen werden, um kurzfristig an Geld zu kommen.

Frank Grund, Versicherungs-Chefaufseher bei der BaFin, hatte in dieser Woche bei einer Veranstaltung des "Handelsblattes" bereits vor vermehrten Kündigungen gewarnt. Auch Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis erwartet, dass wegen der deutlichen Preissteigerung perspektivisch bis zu 60 Prozent der Haushalte ihre gesamten verfügbaren Einkünfte – oder mehr – monatlich für die reine Lebenshaltung einsetzen müssen, folglich bei der Vorsorge sparen werden.

Schaden- und Unfallversicherer

Auch in der Schaden- und Unfallversicherung zeichnet sich ein sehr verhaltenes Stimmungsbild ab. Zwar legte die Einschätzung der aktuellen Lage leicht zu, wie der GDV berichtet. Aber auch diese bleibt weit hinter dem langfristigen Durchschnitt zurück. So gaben in der Umfrage nur 0,6 Prozent der Unternehmen an, dass sich die Rahmenbedingungen im Vergleich zum Vorquartal verbessert hätten. Unter anderem haben die Anbieter mit stark steigenden Kosten zu kämpfen, wenn sie Schäden regulieren: auch hier schlägt die Inflation ins Kontor.

Bei der Erwartungshaltung in Bezug auf das zukünftige Geschäft deutet sich ein merklicher Einbruch an. „Nach positiven Entwicklungen in den vergangenen Umfragen ergibt sich in den Sommermonaten bei den Kompositversicherern ein Stimmungswechsel“, sagt Asmussen. „Knapp 27 Prozent der Versicherer erwarten eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen in den kommenden Monaten.“ Mehr Details gibt es auf der Webseite des GDV.