Versicherer finden zu wenig Azubis und Azubinen
Die deutschen Versicherer haben zunehmend Probleme, Azubis zu finden. Jeder achte Ausbildungsplatz (12 Prozent) und gar jeder fünfte duale Studiengang (20 Prozent) bleibt unbesetzt, wie eine aktuelle Branchenumfrage zeigt. Der Hauptgrund: ungeeignete Bewerberinnen und Bewerber.
Deutschland gehen die Fachkräfte aus: Diese Klage war in den letzten Wochen und Monaten wieder öfters zu hören. Am Wochenende hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seine Idee der „Chancenkarte“ vorgestellt. Damit sollen Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden, möglichst in großer Zahl, um die Lücke zu schließen. Das Problem ist auch eines des Nachwuchses: Viele Babyboomer stehen unmittelbar vor ihrem Renteneintritt oder haben sich bereits in den Ruhestand verabschiedet. Da müssten junge Menschen nachrücken, um die vakanten Stellen zu besetzen.
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Versicherer können jede achte Azubi-Stelle nicht besetzen
Eine aktuelle Studie der Versicherungswirtschaft zeigt, dass es auch den Versicherern immer schwerer fällt, geeigneten Nachwuchs zu finden. Im Jahr 2021 blieb demnach jeder achte Ausbildungsplatz (12 Prozent) und jeder fünfte duale Studiengang (20 Prozent) unbesetzt, so das Ergebnis der „Ausbildungsumfrage der Versicherungswirtschaft 2022“. Durchgeführt wurde sie vom Arbeitgeberverband der Versicherungs-Unternehmen (AGV) und dem Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV). Es beteiligten sich 62 Versicherer mit insgesamt 170.000 Beschäftigten.
Damit hat sich die Situation gegenüber den Vorjahren weiter zugespitzt. In den Jahren 2017 bis 2019 konnten die Versicherer mehr als 90 Prozent der Ausbildungsplätze vergeben, nun sind es noch 88 Prozent. Doch am deutlichsten fiel der Rückgang bei den dualen Studiengängen aus: 2020 fehlten lediglich 15 Prozent an geeigneten Studienanfängern. Die Ergebnisse der aktuellen Studie werden auf der Webseite des BWV präsentiert.
Viele Bewerberinnen und Bewerber ungeeignet?
Fragt man danach, weshalb die Versicherer ihre Plätze für Ausbildung und Studium nicht besetzen konnten, so entpuppt sich die unzureichende Eignung der Bewerberinnen und Bewerber als Hauptgrund. Immerhin 97 Prozent der Unternehmen wählten auf einer Skala die Antwort-Option „Trifft sehr zu“ (43 Prozent) oder „Trifft eher zu“ (53 Prozent). Konkrete Gründe, weshalb es den sich Bewerbenden an Eignung fehlen soll, gehen jedoch nicht aus der Studie hervor.
Die zweithäufigste Ursache für unbesetzte Stellen ist laut Versicherern eine „regional schlechte Bewerber:innen-Situation“: 78 Prozent der Befragten beklagen dies. Das verwundert insofern, da viele Versicherer ihren Hauptsitz in Ballungsräumen wie München, Hamburg oder Köln haben: allerdings auch Städte mit hohen Mieten und Lebenshaltungskosten, was Studenten und Azubis abschrecken könnte. Viele Ausbildungen finden aber auch in den Agenturen und an weiteren Standorten statt. Auch hier schlüsselt die Studie die Situation nicht detaillierter auf.
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Auf der Hitliste die Ursache Numero drei: eine „Unzureichende Qualität der Bewerbungsunterlagen“, die 65 Prozent der Versicherer bemängeln. Die Bewerberinnen und Bewerber werden folglich noch nicht einmal zum Gespräch eingeladen. Die „kurzfristige Vertragsauflösung durch die Person“ ist vierthäufigste Ursache mit 52 Prozent Zustimmung. Hierbei gilt es zu bedenken, dass sich viele Schulabgänger bei mehreren potentiellen Ausbildern bewerben, um sich dann entscheiden zu können - auch, um im Fall einer Absage weitere Optionen zu haben.