Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung: mehr Bürgerinnen und Bürger sorgen vor
Wichtige Dokumente wie Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen und Betreuungsverfügungen sind den Bürgerinnen und Bürgern zunehmend bekannt. Das zeigt der Ergo Risiko-Report 2022. Doch genutzt werden sie noch vergleichsweise selten - obwohl gegenüber früheren Umfragen ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar ist.
Die große Mehrheit der Deutschen kennt wichtige Verfügungen und Vollmachten wie Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Bankvollmacht. Das ist eine Erkenntnis aus dem Ergo Risiko-Report 2022: eine Studie, für das 3.200 Personen repräsentativ befragt wurden. Durchgeführt hat die Studie das Analysehaus Heute und Morgen.
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Laut Umfrage antworten auf die Frage „Welche Verfügungen und Vollmachten kennen und nutzen sie?“ nur noch wenige Menschen mit der Option „Kenne ich gar nicht“. Am ehesten sind Betreuungsverfügungen mit 15 Prozent Nichtwissenden unbekannt. Es folgt die Vorsorgevollmacht, bei der sieben Prozent der Befragten zustimmen, eine solche nicht zu kennen. Bei Patientenverfügungen und Bankvollmachten beträgt der Anteil je drei Prozent. Tendenziell ist es die jüngere Altersgruppe von 18 bis 30 Jahren, in der diese Dokumente unbekannt ist.
Verbreitung lässt -noch- zu wünschen übrig
Trotz des Wissens um diese Dokumente verzichten noch immer viele Bürgerinnen und Bürger darauf, ein solches selbst zu nutzen. Eine Patientenverfügung haben 39 Prozent der Befragten und eine Vorsorgevollmacht 35 Prozent. Betreuungsverfügungen sind bei mehr als jedem Vierten verbreitet (27 Prozent). Am ehesten haben die Bundesbürger eine Bankvollmacht (44 Prozent).
Doch es lässt sich ein positiver Trend feststellen: Die Verbreitung dieser Dokumente hat gegenüber früheren Umfragen teils deutlich zugenommen. So verfügten über eine Patientenverfügung im Jahr 2018 nur 31 Prozent der Befragten, über eine Vorsorgevollmacht nur 26 Prozent. Auch Betreuungsverfügungen und Bankvollmachten waren 2018 mit 21 Prozent bzw. 40 Prozent seltener als heute.
„Möglicherweise haben sich die Deutschen in Corona-Zeiten stärker mit diesen Themen auseinandergesetzt. Verantwortliche Stellen sollten hier am Ball bleiben und die positive Entwicklungsrichtung befördern und verstärken“, heißt es im Report zu der zunehmenden Verbreitung dieser Dokumente.
Es droht Bestellung einer fremden Betreuungsperson
Mit einer Patientenverfügung können Menschen konkret festlegen, welche medizinische Behandlung sie wünschen, wenn sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind: Zum Beispiel, ob man im Falle eines irreparablen Komas künstlich beatmet werden will. In einer Vorsorgevollmacht hingegen kann festgeschrieben werden, welche Aufgaben eine bestimmte Person bzw. mehrere Personen im Falle einer Notlage erledigen soll. Wer darf auf das Vermögen zugreifen, wenn man nicht mehr selbst entscheiden kann? Wer Post und Briefe annehmen? Wer darf Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen treffen?
Eine ähnliche Funktion wie die Vorsorgevollmacht erfüllt die Betreuungsverfügung: auch hierin kann stark vereinfacht festgelegt werden, wer zum Betreuer bestellt werden soll und welchen Wohnsitz man im Betreuungsfall wünscht. Die Betreuungsverfügung richtet sich jedoch speziell an Betreuungsgerichte.
Entsprechende Dokumente sollten mit Hilfe einer Fachkraft erstellt und durch sie beglaubigt werden, damit sie auch zweifelsfrei gültig sind: durch einen Notar, Rechtsanwalt oder -im Fall der Betreuungsverfügung- auch durch die entsprechende Behörde. So ergab eine Studie des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) aus dem Jahr 2017, dass viele Dokumente fehlerhaft und unvollständig sind.
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Warum solche Erklärungen vorliegen sollten: In Deutschland gilt ein Selbstbestimmungsrecht, das zum Beispiel auch gegenüber den Ehe- und Lebenspartnern greift. Fehlen entsprechende Anweisungen, besteht die Gefahr, dass ein Gericht eine fremde Person als Vormund für den Patienten einsetzt. Der Vormund kann dann zum Beispiel auch über dessen Finanzen entscheiden. Eine Vorsorgevollmacht macht das Einsetzen eines gesetzlich bestimmten Betreuers verzichtbar. Damit kann der Patientenwille, sofern er bekannt ist, umgesetzt werden.