Heute wende ich mich dem dritten Buchstaben in ESG zu. G wie Good Governance, also die Unternehmensführung. Diese Fähigkeit ist unter Vermittlern insgesamt sehr differenziert ausgeprägt. Der Start als guter Vermittler und Berater hat nicht in jedem Fall auch zum erfolgreichen Unternehmer geführt. Der Verkauf von Produkten als Existenzfrage, häufige Veranstaltungen von Produktgebern zu neuen Produktgenerationen, zahlreich umzusetzende Regulierungsmaßnahmen und immer schneller wachsende Ansprüche aus der Digitalisierung halten häufig die Qualifizierung zum weitsichtigen Unternehmer auf. Und nun auch noch Anforderungen aus dem ESG an eine gute Unternehmensführung.

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Die Ansprüche an Unternehmensführung sind im Wandel

Bereits in den ersten Teilen dieser Serie zum ESG habe ich deutlich gemacht, dass es für den ehrbaren Kaufmann oder die ehrbare Kauffrau eben nicht nur um Profitmaximierung, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens und damit des Unternehmers selbst und seiner Familie ging. Unternehmer mit Profil haben bei allen wirtschaftlichen Interessen auch das Wohl der Mitarbeiter und Kunden schon früher im Fokus gehabt. Auch die Sparsamkeit im Umgang mit Ressourcen -und damit der Schonung der Umwelt- wurde nicht erst in den 2020er Jahren erfunden. Trotz manch anderer Eindrücke und daraus resultierender Kritik jüngerer Menschen an den älteren Generationen.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

In der Gegenwart sind mannigfaltige und dynamische Veränderungen in der Unternehmensführung in Unternehmen aller Größen festzustellen. Diese sind kausal in den Veränderungen der Umwelt, des Klimas und der Reaktionen vieler Menschen darauf zu suchen. Es findet eine Verschiebung der Werte statt, die sich von rein wirtschaftlichen Zielen hin zur Übernahme der Verantwortung für Mitarbeiter und Umwelt bewegt. Auch deshalb habe ich diese wesentliche Erkenntnisse für Unternehmer in „Neuer Kurs für Maklerunternehmen“ zur Veränderungsbereitschaft von Vermittlern zusammengefasst.

In der Betriebswirtschaftslehre wird die Unternehmensführung nach institutioneller, funktioneller und prozessorientierter Führung unterschieden. Der Rahmen dieser Kolumne ist für umfängliche Ausführung zu diesen einzelnen Punkten zu eng. Ich beschränke mich deshalb auf die ESG-relevanten Kriterien und Aspekte der Unternehmensführung.

Im Kern geht es bei der Unternehmensführung um die Schwerpunkte und die Ausrichtung des Geschäftsmodell und der Beratungsgrundsätze als Ganzes sowie die Steuerung der Mitarbeiter in diesem Sinn.

Der unternehmerische Schwerpunkt der Überlebenssicherung des Unternehmens über Umsatz und Ertrag wird durch umwelt- und sozialorientierte Elemente so ergänzt, dass sich diese miteinander verbinden. Unternehmensführung der Gegenwart wird -in Deutschland- stärker mit den Themen der Umweltschonung sowie sozialen Ansprüchen vereint.

Ökologische Unternehmensführung zielt auf Ressourcenschonung und Reduzierung der Umweltverschmutzung, wie in Teil 1 umfassend erläutert. Und zu einer modernen Unternehmensführung gehören heute neben den gesetzlich basierten Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter faire Gehälter und solide Arbeitsbedingungen, auf die ich bereits in Teil 2 eingegangen bin.

Schritte zu einer modernen und nachhaltigen Unternehmensführung

Zunächst empfehle ich den Inhabern von Vermittlerunternehmen eine eigene Vision von einer ESG-geprägten Unternehmensführung zu entwickeln. In Konzernen der Branche spiegelt man diese Vision oder Philosophie in Leitlinien oder Leitbildern des Unternehmens wider. Das können beispielsweise fünf Kernaussagen sein, die in allen Bereichen des Unternehmens umgesetzt werden.

Hat der Unternehmer beispielsweise die Vision, dass sein Unternehmen 2025 klimaneutral arbeiten soll, dann ergeben sich daraus Maßnahmen für die Unternehmensführung in allen ESG-Bereichen. Diese könnten (jeweils nur stichpunktartig) sein:

  • E Volle Digitalisierung, Online-Beratung, automatischer Datentransfer, Ökostrom
  • S Tariflöhne, Homeoffice, sozial determinierte Zusatzvergütungen, Inklusion
  • G Gemeinsame Ziele, Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter, regelmäßige Kommunikation

Aus so einer Vision und ersten Kernmaßnahmen sind dann praktische Veränderungen des Führungsstils und der Arbeitsorganisation intern und extern anzuleiten. Zunächst gilt es die Firmenstruktur auf die Vision und Ziele auszurichten.

Klare Verantwortlichkeiten, transparente Arbeitsteilung, flexible und kundenorientierte Arbeitszeiten können so zur Basis der neuen Unternehmensführung werden. Bringen Sie dann Ihre ESG-Vision durch viel Kommunikation mit den Mitarbeitern und den Kunden in die Tiefe. Verlassen Sie die Ebene des „über die Köpfe Wegredens“. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Vertiefung dieser Maßnahmen ein.

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Für den Unternehmer und für die Mitarbeiter wird das Thema Aus- und Weiterbildung auf so einem neuen Weg wichtig. Das schematische Abarbeiten von Weiterbildungszeiten mit Webinaren, die neben der eigentlichen Arbeit ablaufen, bringt da wenig. Wenn Sie zu einem nachhaltig arbeitenden Unternehmen werden wollen, dann sollten Sie auch Weiterbildungen zu den ESG-Aspekten nutzen.
Bauen Sie Kompetenz zu nachhaltigen Produkten auf. Bauen Sie Wissen zu Versicherungsaspekten alternativer Energiegewinnung auf. Bauen Sie mit neuem Know-how eine neue Arbeits- und Servicewelt für Ihre Kunden auf.

Patriarchische Unternehmensführung war gestern

Natürlich waren und sind Patriarchen als Lenker deutscher oder europäischer Unternehmen erfolgreich gewesen oder sind es noch. Unternehmerpersönlichkeiten wie Ferdinand Porsche, Reinhold Würth oder Karl und Theo Albrecht verkörpern in unterschiedlicher Weise diesen Typus im Erfolg - aber auch in den offensichtlich gewordenen Defiziten. Unsere gesamtgesellschaftlichen Veränderungen haben weitgehend einen neuen Unternehmertyp hervorgebracht, der sich nicht nur durch das Fehlen von Anzug und Krawatte unterscheidet.

Aus meiner Sicht haben sich frühere Führungs- und Denkweisen inzwischen deutlich verändert. Ein moderner Führungsstil ist unter anderem durch nachfolgende sechs Komponenten geprägt:

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  • Führung mit Empathie, sozialer Kompetenz und positiver Motivation
  • Ergebnisorientierte Führung mit Anreizsystemen zur Zielerfüllung
  • Förderung der Stärken der Mitarbeiter zur Erreichung des Unternehmensziels
  • Übertragung von mehr Verantwortung an Mitarbeiter für Projekte und Prozesse
  • Vertrauen in Mitarbeiter bei neuen Arbeitsformen wie dem Homeoffice
  • Transparenz für Ziele, Entscheidungen und flexible Änderungen der Organisation

Beim Inhaber der komplett auf Nachhaltigkeit ausgerichteten MIRAfinanzen GmbH liest sich das auf der Homepage beispielhaft so:

Nachhaltigkeit als wichtiger Unternehmenswert resultiert aus unserer eigenen persönlichen Einstellung, aber auch der Verantwortung, welche wir als Finanzberater gegenüber unseren Kunden und der Gesellschaft tragen.

Hierzu zählen für den Finanz- und Versicherungsmakler Michael Rauch:

  • eine lockere Arbeitsatmosphäre (Kommunikation auf Augenhöhe, Einbindung der Mitarbeiter, Kompromissbereitschaft)
  • ein umfassendes soziales Engagement (Spenden an örtlichen Kindergarten, Krabbelgruppen oder Sportvereine),
  • ein umweltschonendes Wirtschaften (Größtenteils papierloses Büro, Solarstrom, Regenwassernutzung, Bahnfahren, online-Beratung)

Unternehmer kommunizieren Nachhaltigkeitsergebnisse

So wie der zitierte Makler und viele weitere Unternehmen stellen immer mehr Vermittler Ihre Beiträge zur Nachhaltigkeit auch öffentlich dar. Natürlich sind solche Berichte und Erklärungen auch immer ein Stück Marketing und Image-Pflege. Aber das ist legitim.

Mit solchen Darstellungen auf der Homepage oder der Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten wird transparent, was das Unternehmen in den einzelnen ESG-Bereichen leistet, welche Maßnahmen durchgeführt und welche Ergebnisse erzielt werden. Das können Sie mit Ihrem Vermittlerunternehmen auch tun.

Fazit für diese ESG- Serie

Als spezialisierte Unternehmensberatung für Versicherungsmakler unterstützen wir Makler mit Nachhaltigkeitsanalysen, daraus resultierenden Nachhaltigkeitsberichten und Möglichkeiten der Dokumentation der Ergebnisse gegenüber den Kunden. Dort, wo man erst am Anfang eines eigenen Nachhaltigkeitskonzeptes steht, bringen wir mögliche Maßnahmen und deren Priorisierung ein. Dafür vergeben wir für nachhaltig arbeitenden Maklerfirmen ein Qualitätssiegel in Sachen Nachhaltigkeit.

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Im vierten und letzten Teil dieser ESG-Serie geht es um die über die drei Buchstaben des ESG hinausgehende und speziellen Möglichkeiten der Umsetzung, die ich „Specials eines Finanzanlagen- und Versicherungsvermittlers“ nenne.

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