Der amerikanische Versandriese Amazon wird in Großbritannien nun auch als Versicherungsvermittler tätig und bietet Kundinnen und Kunden Versicherungen von Drittanbietern an. Mit im Spiel ist hierbei auch der größte deutsche Versicherer - die Allianz. Sie ist einer von drei Anbietern, die entsprechende Produkte bereithalten. Das berichten die Branchenmagazine Versicherungsmonitor und Versicherungswirtschaft Heute.

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Konkret tritt Amazon seit dem 19. Oktober 2022 in Großbritannien als Vermittler auf und erhält eine Provision vom Versicherer, wenn Policen über das Portal abgeschlossen werden. Vorerst stellt der Online-Riese Hausrat- und Wohngebäudepolicen in seinen Schaukasten. Der Allianz-Schutz selbst wird von LV angeboten - einer hundertprozentigen Allianz-Tochter.

Britische Allianz-Tochter ist Marktgröße

Im Jahr 2020 hatte die Allianz den britischen Versicherer LV General Insurance Group (LV GIG) übernommen und dafür nach eigenen Angaben einen Gesamtpreis von 1,078 britischen Pfund gezahlt. Damit sind die Münchener zur Nummer 2 der Schadenversicherer in Großbritannien aufgestiegen. „LV“ heißt der Versicherer, weil er aus der Liverpool Victoria hervorging. Ab 2023 sollen weitere Versicherer ihre Produkte bei der britischen Amazon-Webseite anbieten dürfen. Wer von Amazon vermittelt wird, verpflichtet sich, bestimmte Mindeststandards einzuhalten - etwa, dass der Schaden binnen einer bestimmten Frist bearbeitet wird.

Neu ist es nicht, dass Amazon Versicherungen anbietet. Bereits 2016 hatte man „Amazon Protect“ gestartet - allerdings beschränkte sich das Angebot hierbei auf Versicherungsschutz für elektrische Geräte, die über die Plattform gekauft worden, etwa für Smartphones und Waschmaschinen. Produktgeber war die britische Warranty Group. Die Verträge waren nicht nur vergleichsweise teuer: auch zahlreiche Ausschlüsse sorgten wiederholt für Kritik. Zudem wiesen Verbraucherschützer darauf hin, dass bei defekten Produkten ohnehin eine Mängelhaftung bestehe. Jeder Händler muss nach EU-Recht zwei Jahre Gewährleistung einräumen. In Großbritannien besteht hier sogar eine längere Haftung des Händlers von bis zu sechs Jahren.

Doch dass der Gigant aus dem Silicon Valley auch produktungebundene Versicherungen verkauft bzw. vermittelt, ist eine relativ neue Entwicklung. In den USA hat der Konzern den sogenannten Amazon Insurance Accelorator installiert, der Versicherungsschutz für Gewerbekunden bietet. Nach wie vor stellt Amazon den Schutz hierbei nicht selbst, sondern ist auf Kooperationen mit Versicherern angewiesen. Aus guten Gründen: Andernfalls müsste Amazon zum Beispiel auch die Schadenabwicklung und -begutachtung übernehmen und sich auf verschiedene Regulierungsstandards in den einzelnen Ländern einstellen. Experten wie Jürgen Cramer, Chef der Sparkasse Direkt, zweifeln daran, dass dies mit dem Geschäftsmodell von Amazon vereinbar ist. Eine eigene Versicherung würde bei strengen Regulierungsvorgaben derzeit viel Kapital binden und zusätzliches Personal erfordern.

Allianz-Nischenprodukt in Deutschland

Auch auf der deutschen Amazon-Webseite sind bereits Versicherungspolicen der Allianz im Angebot. Allerdings lediglich ein Nischenprodukt: der „Geräteschutz für Automobil-Produkte“ von Allianz Inside. Die Zahl der Bewertungen lässt vermuten, dass bisher nur wenige dieser Verträge vermittelt wurden. Auch in diesem Fall tritt Amazon als Versicherungsmakler auf. Der Netgigant hat eine entsprechende Zulassung für den deutschen Markt. Die Allianz wollte sich zu dem Angebot auf Anfrage des Versicherungsboten nicht äußern.

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Angeboten wird der Schutz von der niederländischen Niederlassung der Allianz Global Assistance (AWP P&C S.A.), einer Allianz-Tochter, die sich auf Reisepolicen und Assistanceleistungen spezialisiert hat. Abgedeckt sind Unfallschäden am Gerät. Nach Auslaufen der Gewährleistungsfrist wird auch für elektrische und mechanische Ausfälle in bestimmten Umfang gezahlt. Kein Schutz besteht hingegen bei Diebstahl und "oberflächlichen Schäden" sowie bei grober Fahrlässigkeit im Umgang mit dem Gerät. Die Kritik der Verbraucherzentralen an vielen vergleichbaren Geräteschutz-Policen: strenge Ausschlüsse und teils schwammige Formulierungen, kann folglich auch auf diesen Vertrag angewendet werden.