Bauzins mehr als viermal so hoch wie zum Jahresanfang
Wenn Familien sich ihren Traum vom Eigenheim erfüllen wollen, sehen sie sich derzeit mit rasant steigenden Bauzinsen konfrontiert. Seit Jahresbeginn hätten sich die Bauzinsen im Schnitt mehr als vervierfacht, berichtet der Darlehensvermittler Dr. Klein. Und ein Ende ist nicht abzusehen, denn die Europäische Zentralbank (EZB) könnte den Leitzins weiter anheben.
Wer derzeit eine Immobilie oder Wohnungskauf finanzieren will, sieht sich mit stark steigenden Bauzinsen konfrontiert. Das berichtet der Darlehensvermittler Dr. Klein in einem aktuellen Marktkommentar. Der repräsentative 10-jährige Bestzins bei dem Anbieter betrage demnach aktuell 3,79 Prozent (Stand: 24.10.2022).
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“Eine so hohe Zinsentwicklung hat es noch nie gegeben“
„Seit Anfang des Jahres hat sich der Zins mehr als vervierfacht“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG. „Eine so extreme Zinsentwicklung hat es noch nie gegeben. Niemand hat dies vor einem dreiviertel Jahr vorhersehen können, das Tempo hat alle Marktteilnehmer überrascht.“
Doch ein Ende der Zinsexplosion ist aktuell nicht abzusehen. Die Europäische Zentralbank (EZB) plant weitere Schritte, um der Rekordinflation entgegenzuwirken: was bedeutet, sie könnte den Leitzins weiter anheben. Das wirkt sich auch auf Bauzinsen aus, denn für die Anbieter wird es teurer, sich Geld von der Zentralbank zu leihen. Bereits im September wurde der Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben, er beträgt aktuell 1,25 Prozent. Bis Ende des Jahres erwarten Ökonomen einen Leitzins von mindestens 2,5 Prozent.
“Die Notenbänker bewegen sich auf einem schmalen Grat. Einerseits müssen sie den Teuerungen und den Inflationserwartungen entgegenwirken und dafür ihre Geldpolitik deutlich straffen. Andererseits droht bereits jetzt eine europaweite Rezession und ein Anstieg der Zinsen bremst die Wirtschaft zusätzlich“, schreibt hierzu Dr. Klein.
Die Anhebung der Leitzinsen wirkt indirekt auf die Inflation: Für Banken, Unternehmen und Privatpersonen verteuern sich dadurch Kredite: und so bremst der Leitzins zunächst die Nachfrage. Aufgrund dessen sollen auch die Preise sinken. Bedeutet aber im Umkehrschluss, dass die Preise zunächst weiter anziehen werden.
Diesbezüglich wurde wiederholt die Frage laut, ob die Leitzins-Erhöhung ein geeignetes Instrument ist, um der aktuellen Inflation entgegenzuwirken. Denn es handelt sich um eine besondere Situation: Überproportional stark wirken sich die Folgen des Ukraine-Krieges als Preistreiber aus. Energiepreise verteuern sich infolge der Versorgungsknappheit, die Produktionskosten bleiben entsprechend hoch. Hier ist fraglich, welchen Spielraum für Preissenkungen die Unternehmen auch bei sinkender Nachfrage haben.
Dennoch ist eine Trendumkehr beim Bauzins nicht abzusehen. „Die EZB muss voraussichtlich auch im nächsten Jahr noch beherzt an der Zinsschraube drehen, und da ist noch nicht alles am Finanzierungsmarkt eingepreist. Das bedeutet: weiter steigende Bauzinsen“, prognostiziert Neumann. Deshalb sei es auch schwierig, aktuell Empfehlungen für die Finanzierung von Immobilien zu geben. Ist eine kurze Vertragsbindung sinnvoll, um beispielsweise in fünf Jahren einen dann eventuell gesunkenen Zins nutzen zu können? Für Neumann eine riskante Finanzwette: es drohe ein hohes Anschlussdarlehen, wenn der Zins dann höher liege. Somit sei ein höheres Vermögen notwendig, um das aufzufangen.
ifo-Institut: Mehr Bauunternehmen von Storno betroffen
Erste Auswirkungen der Zinsexplosion sind auch im Baugewerbe bereits spürbar. Denn nicht nur verteuern sich die Kredite: hinzu treten stark steigende Material- und Energiepreise, auch Baumaterialien sind knapp. Deshalb verschieben sowohl Privatpersonen als auch Firmen ihre Immobilien-Pläne nach hinten oder geben sie sogar ganz auf.
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Laut einer Umfrage des ifo-Institutes sind immer mehr Baufirmen von Stornierungen betroffen. Verzeichneten im August noch 11,6 Prozent der befragten Unternehmen stornierte Aufträge, waren es im September bereits 16,7 Prozent. Die Zukunftserwartungen der Baubranche seien so schlecht wie noch nie seit Beginn der Umfragen im Jahr 1991, berichten die Forscher. Gleichwohl profitieren die Unternehmen noch von vollen Auftragsbüchern aus Vorkrise-Zeiten.
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