Erwerbsminderungsrente: Durch Abschläge geschmälert
Erwerbsminderungsrenten sind nicht nur niedrig – für die Mehrzahl der Renten müssen zudem Abschläge in Kauf genommen werden. Versicherungsbote stellt aktuelle Zahlen vor.
- Erwerbsminderungsrente: Durch Abschläge geschmälert
- Erwerbsminderungsrenten ohne Abschläge: Die Ausnahme statt die Regel
Für die Arbeitskraftabsicherung garantiert der Staat nur ein äußerst geringes Absicherungsniveau: Erwerbsminderungsrenten sind niedrig und sind schwer zu beziehen (Versicherungsbote berichtete). Was viele aber nicht wissen: Wie bei der regulären Altersrente gibt es auch bei der Erwerbsminderungsrente eine Regelaltersgrenze für einen Renteneintritt ohne Abschlag. Diese wird seit 2012 schrittweise von 63 Jahren auf 65 Jahre angehoben.
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Für Erwerbsminderungsrenten sind Abschläge gedeckelt
Wer früher eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch nehmen muss, verliert für jeden Monat, den er früher in Rente geht, folglich 0,3 Prozent seines Rentenbetrags. Zwar sind Höchstabschläge gedeckelt – ab einer Höhe von 10,8 Prozent werden keine weiteren Abschläge mehr abgezogen. Dennoch mindert der Abschlag für viele Rentnerinnen und Rentner den eh schon geringen Rentenbetrag.
In diesem Kontext sei noch einmal daran erinnert: Eine Erwerbsminderungsrente erhält nur, wer schon aufs Äußerste durch seinen Gesundheitszustand eingeschränkt ist. Eine teilweise Erwerbsminderung liegt erst dann vor, wenn eine betroffene Person auf Dauer außerstande ist, für mindestens sechs Stunden irgendeinem Beruf nachzugehen. Eine volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung liegt sogar erst dann vor, wenn die Person dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, für mindestens drei Stunden täglich irgendeinem Beruf nachzugehen.
Erwerbsminderung: Keine bewusste Wahl
Für Erwerbsminderung gibt es viele Gründe: Auf Rang eins liegt in 2021 eine schwere psychische Erkrankung (mit 37,7 Prozent der Diagnosen), auf Rang zwei eine Krebserkrankung (mit 14,6 Prozent der Diagnosen). Auf Rang drei der Diagnosen liegt eine neurologische Erkrankung, z.B. ein Schlaganfall oder eine Multiple Sklerose (12,2 Prozent der Diagnosen), wie Versicherungsbote berichtete. Es ist verständlich, dass Menschen nicht freiwillig schwer erkranken. Aus diesem Grund wurden Abschläge für Erwerbsminderungsrenten in der Vergangenheit immer wieder kritisiert (Versicherungsbote berichtete).
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Ebenso verständlich ist es, dass Menschen auf den Zeitpunkt ihrer schweren Erkrankung keinen Einfluss haben. Da die Regelaltersgrenze der Erwerbsminderungsrente sehr nahe an die Regelaltersgrenze für die Altersrente gesetzt ist, werden die meisten Menschen schon vor Erreichen dieser Grenze erwerbsunfähig: Durchschnittlich beziehen Betroffene in 2021 die Rente erstmals mit 54,09 Jahren).
Erwerbsminderungsrenten ohne Abschläge: Die Ausnahme statt die Regel
Solche Zahlen machen verständlich, dass Erwerbsminderungsrenten ohne Abschläge eher die Ausnahme denn die Regel sind. Das zeigt auch die DRV-Statistik zum Rentenzugang für 2021:
- So wurden 2021 erstmals 6.263 abschlagfreie Erwerbsminderungsrenten gezahlt.
- Dem steht die hohe Zahl von 159.540 Erstrenten wegen Erwerbsminderung gegenüber, die 2021 von Abschlägen betroffen war.
Das Verhältnis zeigt sich auch, wenn man tiefer ins Detail geht:
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- In Westdeutschland erhielten 2.940 Männer erstmals eine Erwerbsminderungsrente ohne Abschläge. Dem stehen bei westdeutschen Männern 60.592 Renten mit Abschlägen gegenüber.
- Der Neuzugang bei westdeutschen Frauen weist folgende Zahlen aus: 2.312 abschlagfreie Erwerbsminderungsrenten stehen 67.758 Renten mit Abschlägen gegenüber.
- Auch in Ostdeutschland sieht es für den Renten- Neuzugang nicht besser aus: Bei ostdeutschen Männern waren 2021 nur 609 Männer nicht von Abschlägen betroffen. 15.245 Erwerbsgeminderte hingegen mussten hier Abschläge in Kauf nehmen.
- Und bei ostdeutschen Frauen erhielten nur 402 Betroffene eine Erwerbsminderungsrente ohne Abschläge. Dem stehen 15.945 Renten mit Abschlägen gegenüber.
Unterschied von über 140 Euro
Die DRV-Statistik zeigt anhand durchschnittlicher Zahlen auch, wie sich die Abschläge auswirken. Denn abschlagfreie Erstrenten wegen teilweiser Erwerbsminderung betrugen im Schnitt 629,88 Euro. Die Mehrzahl der Rentnerinnen und Rentner aufgrund von Erwerbsminderung erhielten aber eine Rente, die aufgrund der Abschläge bei durchschnittlich 553,29 Euro lag – und damit 76,59 Euro niedriger.
Und bei Renten wegen voller Erwerbsminderung fällt die Differenz noch höher aus: Erwerbsgeminderte, die 2021 erstmals eine abschlagsfreie Rente bezogen, erhielten im Schnitt einen monatlichen Betrag von 1.113,74 Euro. Dem steht eine Rente mit Abschlägen gegenüber für die Mehrzahl der Empfänger. Die durch Abschläge geminderte Rente lag bei durchschnittlich 967,33 Euro – und damit 146,41 Euro niedriger. Die Zahlen sind den DRV-Publikationen „Ergebnisse auf einen Blick 2022“ sowie „Rente 2021“ (DRV Band 224) entnommen; beide Publikationen können auf der DRV-Webseite heruntergeladen werden.
- Erwerbsminderungsrente: Durch Abschläge geschmälert
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