Die Corona-Pandemie hat neue Standards in die Arbeitswelt gebracht. Mit Beginn der Pandemie war die große Herausforderung der Assekuranz die kurzfristige Umsetzung des mobilen Arbeitens für nahezu die komplette Belegschaft.

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Philipp Kanschik

Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

Die Pandemie brachte der Branche New Work & Homeoffice

Die meisten Versicherer und auch Makler haben die Corona-Herausforderung operativ gut gemeistert. Nur wenige kleinere, analog arbeitende Makler schafften den Schritt zu remote work nicht und verloren in der Pandemie den Kundenkontakt. Sie treten seitdem verstärkt aus dem Markt aus. Der Großteil der Makler und die großen Versicherungsunternehmen waren jedoch in der Lage „Remote Work“ umzusetzen—und zwar erstaunlich schnell für eine Branche, der man oft Langsamkeit vorwirft.

In der aktuellen Situation ist das Thema mobiles Arbeiten jedoch vielerorts zu einer Hypothek geworden. Die neue Flexibilität ist zu einem Dauerzustand geworden und wird unter dem Schlagwort „New Work“ vor allem bei großen Versicherern vorangetrieben. Dass man damit auch Kosten sparen kann, haben die meisten Vorstände natürlich schnell verstanden und in Folge die Bürokapazitäten reduziert. In Konsequenz verweilen ganze Abteilungen im Homeoffice, obwohl es Corona-bedingt längst keine Notwendigkeit mehr dafür gibt. Zu Lounges umgebaute Büros bringen die Mitarbeiter maximal für einzelne Tage zurück – das Home Office bleibt die Regel.

Die Inflationskrise zeigt die Grenzen der neuen Arbeitsmodelle

Jetzt zeigt sich jedoch, dass mobiles Arbeiten vor allem dann funktioniert, wenn jeder weiß, was er zu tun hat und Produktivität gut messbar. In Krisensituationen wie der aktuellen erhöhen sich die Prämien sprunghaft (siehe Teil 1 dieser Serie). Der Baukostenindex hat sich beispielsweise so deutlich wie seit Jahrzehnten nicht erhöht und zieht die Prämien für Wohngebäudeversicherungen in die Höhe. In solchen Situationen müssen alle Marktakteure reagieren und ausgetretene Pfade verlassen. Dienst nach Vorschrift reicht nicht.

Hinter vorgehaltener Hand gibt jedoch vor allem das mittlere Management großer Versicherer zu, dass die Steuerung von Abteilungen in Krisenzeiten sehr schwierig ist, wenn diese sich nie persönlich begegnen und untereinander gar nicht mehr kennen. Kleinere Einheiten – wie es die meisten Makler sind – sind längst wieder zu einer Unternehmenskultur zurückgekehrt, in der Home Office zwar möglich, aber nicht die Regel ist. Deshalb leiden Zusammenhalt und Produktivität vor allem bei den Großen.

Die Fluktuation steigt in der Post-Corona-Arbeitswelt

Neben sinkender Produktivität durch die neue Arbeitskultur gerät die Branche an einer weiteren Flanke unter Druck: die sprunghaft gestiegene Fluktuation. Zu Beginn der Pandemie war noch eine sehr geringe Wechselbereitschaft bei Arbeitnehmern zu beobachten. Ein Arbeitgeberwechsel war die absolute Ausnahme. Ab spätestens 2021 begann jedoch die mittlerweile als „The Great Resignation“ bekannte Welle mit massenhaften Kündigungen und Arbeitgeberwechseln. Die Wechselbereitschaft ist so hoch, wie sie vermutlich noch nie gewesen ist und verschärft den schon seit Jahren bekannten Fachkräftemangel.

Zwischen der Flexibilisierung und Massenkündigungen gibt es dabei durchaus einen Zusammenhang. Wer nicht ins Büro geht, fühlt sich offensichtlich weniger gebunden an seinen Arbeitgeber. In vielen Fällen geht die persönliche Beziehung zu den Kollegen und Vorgesetzten verloren. Neuzugänge kommen nie richtig im Unternehmen an und ziehen nach kurzer Zeit weiter. Berufseinsteiger versauern im Home Office und lernen von ihren erfahrenen Kollegen nicht mehr das nötige Rüstzeug. Auch sie ziehen schnell weiter.

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Fazit: die Krise trifft operativ schwache Unternehmen ungleich härter

Die Assekuranz steht aktuell unter dem größten Stress seit langem. Dies gilt vor allem auch auf der operativen Seite. Produktivitätsprobleme und gleichzeitiger Fachkräftemangel sind ein schwieriger Mix, der sich bei einigen Akteuren zur Dauerkrise verfestigen wird. Einige Akteure werden ihre Marktstellung in diesen Zeiten nicht mehr halten können. Andere bauen sie aus, denn es gilt aktuell noch viel stärker als während der Pandemie, dass in Krisen die Champions von morgen entstehen.