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Die Menschen in Deutschland nutzen immer häufiger Gelegenheiten, um ohne Abschläge vorzeitig in den Ruhestand zu wechseln. Das zeigt eine aktuelle Erhebung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), das Daten des Mikrozensus ausgewertet hat. Aktuell scheiden viele bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus und damit deutlich vor der Regelaltersgrenze, berichtet das Institut in einem Pressetext.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die sogenannte Rente mit 63. Seit 2014 besteht die Möglichkeit für besonders langjährig Versicherte, ohne Abschläge vorzeitig in den Ruhestand zu wechseln. Im Jahr 2021 erfolgte fast jeder dritte Neuzugang zur Altersrente über diesen Weg.

Doch nicht nur das. Zahlen der Deutschen Rentenversicherung würden darüber hinaus zeigen, dass in den letzten Jahren vermehrt Personen vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand gehen und hierfür Abschläge bei der Rentenhöhe in Kauf nehmen. Diese Gruppe mache unter allen, die 2021 erstmals eine Altersrente bezogen, etwa ein Viertel aus. Im Mittel erfolgte der Rentenzugang bei dieser Gruppe knapp 28 Monate vor der Regelaltersgrenze.

Gründe, weshalb jede bzw. jeder Vierte zeitiger in den Ruhestand wechselt und weniger Rente in Kauf nimmt, nennt die Studie nicht. Eine Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kam in diesem Jahr zu dem Ergebnis, dass ein späterer Renteneintritt zulasten der Gesundheit gehen kann. Speziell bei körperlich schweren Tätigkeiten sind viele Arbeitsplätze demnach nicht altersgerecht. Auch ist die Zahl speziell der Frauen, die für die Pflege Angehöriger vorzeitig den Beruf aufgeben, vergleichsweise hoch.

Erwerbstätigkeit im Alter stieg bis 2015 stark an

Die Zahlen sind allerdings vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Erwerbstätigenquote im höheren Alter ab den Nullerjahren zuvor deutlich gestiegen ist. Bei 60- bis 64-jährigen Männern hat sich die Erwerbstätigenquote zwischen 2000 und 2015 mehr als verdoppelt. Bei Frauen im gleichen Alter gab es sogar eine Vervierfachung. Dieser Trend wurde von den zwischen 1940 und 1950 geborenen Personen bestimmt, die länger erwerbstätig waren als die Geburtsjahrgänge vor ihnen (siehe Grafik).

BiB 2022

Der Trend zu mehr Erwerbstätigkeit im Alter wurde den Angaben zufolge von den zwischen 1940 und 1950 geborenen Menschen bestimmt. Derzeit gehen hingegen die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er-Jahre in den Ruhestand: folglich die Babyboomer-Generation, die zahlenmäßig besonders stark vertreten ist. Bei den Babyboomern lassen sich in den letzten Jahren kaum noch Anstiege bei der Erwerbstätigenquote verzeichnen.

„Die stagnierenden Zahlen zeigen, dass die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alter kein Selbstläufer ist“, resümiert Elke Loichinger, Forschungsgruppenleiterin am BiB. Um Arbeitskräfte länger im Erwerbsleben zu halten, müssen Anreize deutlich vor dem Eintritt in den Ruhestand erfolgen. “Wenn der Ruhestand erst einmal erfolgt ist, kommen nur wenige ins Erwerbsleben zurück.“

Langzeittrend führte zunächst zu mehr Erwerbsbeteiligung im Alter

Wie stark sich die Erwerbsbeteiligung binnen 20 Jahren zunächst erhöht hat, zeigt der Vergleich über 20 Jahre. Die Erwerbstätigkeit in der Gruppe der 65jährigen betrug im Jahr 2001 bei Männern 8,8 Prozent, 2021 bereits 30,6 Prozent. Der Höhepunkt war hier allerdings 2019 mit einer Erwerbsbeteiligung von 31,9 Prozent erreicht. Bei den 66jährigen Männern stieg die Erwerbsbeteiligung von 7,9 Prozent in 2001 auf 21,5 Prozent in 2021 an.

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Noch deutlicher war -wie bereits erwähnt- der Anstieg der Erwerbsbeteiligung bei Frauen. In 2001 gingen 5,6 Prozent der 65jährigen einer Erwerbsarbeit nach: 2021 bereits fast jede Vierte (24,2 Prozent). Bei den Frauen im Alter von 66 Jahren stieg die Erwerbsbeteiligung von 3,8 Prozent in 2001 auf 14,1 Prozent in 2021.