Der Fachbereich Wirtschaft an der Fachhochschule Dortmund hat mit einer repräsentativen Umfrage erfragt, wie die Deutschen das Thema Nachhaltigkeit mit Blick auf Versicherungen bewerten. Dabei ging es um Wissen und Einstellungen - und die Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger Nachhaltigkeit überhaupt mit Versicherungen in Verbindung bringen. Auch sollte gefragt werden, ob die aktuelle Rekord-Inflation Einfluss darauf hat, ob und wie nachhaltige Finanzprodukte nachgefragt werden - oder ob teils günstigere Produkte und Dienstleistungen nun Priorität haben.

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Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Nachhaltigkeit den Bürgerinnen und Bürgern mit überwiegender Mehrheit ein Begriff ist. Mehr als acht von zehn Befragten (82 Prozent) weiß, was sich dahinter verbirgt. In eigenen Definitionen betonten sie überwiegend den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit. „Die aktuelle Klimadebatte beeinflusst die Haltung stark“, erläutert Matthias Beenken, einer der Studienautoren. „Dabei umfasst der Begriff Nachhaltigkeit auch noch andere Umweltziele sowie Ziele der sozialen Gerechtigkeit und der guten Unternehmensführung.“ Mit anderen Worten: Die Präsenz von Klimathemen hat andere -wichtige- Aspekte der Nachhaltigkeit in den Hintergrund treten lassen.

Nachhaltigkeit ist wichtig, aber...

70 Prozent der Befragten stimmen zugleich zu, dass Nachhaltigkeit für sie wichtig sei. Auf Nachhaltigkeit geachtet wird nach eigenen Angaben relativ häufig beim Einkauf von Lebensmitteln, beim Heizen oder technischen Geräten im Haushalt. Bei der Berechnung des Top Box-Wertes liegen alle drei Bereiche bei über 60 Prozent. Für den Top Box-Wert haben die Studienmacher die oberen beiden Bewertungsoptionen auf einer fünfstufigen Skala zusammengerechnet. Die Skala reichte von den Endpunkten „Ja, absolut“ bis hin zu „nein, überhaupt nicht“.

Bei den Themen Versicherungen und Geldanlagen sieht es aber anders aus. Der Top Box-Wert bei Geldanlagen liegt bei nur 25,7 Prozent, der für Versicherungen mit 20,5 Prozent sogar noch niedriger. Dem entgegen sind die Bottom Box-Werte sehr stark ausgeprägt: Und damit die Aussage, dass tendenziell nicht bis überhaupt nicht auf Nachhaltigkeit geachtet wird. Bei Geldanlagen liegt die Ablehnung bei 35,8 Prozent, bei Versicherungen gar bei 41,5 Prozent.

„Das kann bei Versicherungen damit zusammenhängen, dass vielen Kund*innen gar nicht klar ist, dass Versicherungen nachhaltig sein können“, sagt Co-Autor Hubert Bornhorn. „Beispielsweise dient eine private Altersvorsorge der Generationengerechtigkeit und damit der Nachhaltigkeit, weil man die Finanzierung des Lebensstandards im Alter nicht künftigen Steuerzahler*innen überlässt. Tatsächlich aber gibt es noch weitaus mehr Bezüge zur Nachhaltigkeit wie nachhaltige Kapitalanlagen, nachhaltige Versicherungsprodukte nicht nur in der Lebensversicherung oder einen nachhaltigen Versicherungsbetrieb.“

Werbung der Versicherer zu Nachhaltigkeit kaum wahrgenommen

Das fehlende Wissen kann auch an Versäumnissen der Branche selbst liegen. Bisher haben nur sieben Prozent der Befragten Werbung und sechs Prozent Informationen zur Nachhaltigkeit ihrer Versicherungen wahrgenommen. „Dazu muss man wissen, dass die rechtlichen Grundlagen für solche Informationen seitens der EU bis heute sehr lückenhaft und Versicherer deshalb dem Risiko ausgesetzt sind, Greenwashing und damit irreführende Aussagen zur Nachhaltigkeit vorgehalten zu bekommen“, erklärt Co-Autor Lukas Linnenbrink. Immerhin 26 Prozent der Befragten äußern ein Interesse an Informationen zur Nachhaltigkeit von Versicherungen.

Die besonders seit dem Ukraine-Krieg hohe Inflation berührt die Befragten besonders stark im Bereich Lebensmitteleinkauf und Heizen, seltener dagegen bei Geldanlagen und bei Versicherungen. Noch kann eine Mehrheit der Befragten mit den Folgen der Inflation umgehen. Viele haben Sparmaßnahmen ergriffen, am häufigsten (64 Prozent) im Bereich Energie. Sollte die Inflation weiter anhalten oder sich verstärken, ist mit einer Zunahme von Sparmaßnahmen auch in anderen Bereichen des privaten Konsums zu rechnen. Mehr als jeder Zehnte würde dann zusätzlich zu derzeit schon 17 Prozent der Befragten an den Versicherungen sparen, insgesamt dann 28 Prozent. „Damit könnten Existenzsicherungen und Vorsorge in Gefahr geraten“, so Linnenbrink.

Zwei Drittel der Befragten halten Nachhaltigkeit explizit nicht für eine vorübergehende Mode. Aber immerhin 40 Prozent stellen die Nachhaltigkeit zurück, solange die Preise weiter steigen. Umgekehrt zeigen sich 44 Prozent bereit, ihr Verhalten zu verändern. „Diese Verhaltensveränderungen werden zumeist mit Verzicht und Einsparungen, mit Reparatur oder Wiederverwendung gebrauchter Geräte verbunden“, berichtet Studien-Co-Autor Jens Mörchel. „Darin steckt für Versicherer eine Chance, positive Aspekte der Nachhaltigkeit wie die Investition in neue, bessere Energieerzeugungen und nachhaltige Produkte mithilfe seiner Anlagen und Versicherungsanlagen zu betonen.“

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Hintergrund: Die Studie der Professoren Matthias Beenken, Hubert Bornhorn, Lukas Linnenbrink und Jens Mörchel vom Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Dortmund basiert auf einer repräsentativen Befragung von 2.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren. Repräsentativität besteht hinsichtlich Alters- und Geschlechterverteilung, Herkunft aus den Bundesländern und Schulbildung. Die Befragten stammen aus einem etablierten Panel und wurden im Zeitraum vom 23.11. bis 5.12.2022 online durch das Kölner Marktforschungsinstitut HEUTE UND MORGEN GmbH befragt. Die Datenbeschaffung wurde aus Stiftungsmitteln finanziert. Die Studie kann auf der Webseite der Fakultät kostenfrei heruntergeladen werden.

mit Pressematerial Fachhochschule Dortmund