Vor einem Jahr präsentierte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Studie, die Kritiker der deutschen Lebensversicherer teils neue Nahrung gab. Die Effektivkosten in der Lebensversicherung seien bei vielen Verträgen zu hoch: also jene Kosten, mit denen die Rendite zum Nachteil der Kunden geschmälert wird. Teilweise müssten Effektivkosten von vier Prozent bezahlt werden, mitunter seien kapitalbildende Verträge gar für die Altersvorsorge ungeeignet. Kein gutes Bild der Branche: auch wenn die BaFin zugleich berichtete, dass es zwischen den einzelnen Anbietern eine große Spannbreite an Kosten gebe.

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Die Studie fällt in eine Zeit, in der die Europäische Union ein komplettes Provisionsverbot für Lebensversicherungen plant: zumindest für bestimmte kapitalbildende Produkte. Dieses Verbot könnte im Rahmen der neuen Kleinanleger-Strategie umgesetzt werden, die eigentlich im ersten Quartal 2023 präsentiert werden sollte. Die europäischen Versicherer- und Vertriebsverbände wehren sich vehement dagegen. Doch Frank Grund, Chefaufseher für Versicherungen bei der BaFin, machte beim Versicherungstag der „Süddeutschen Zeitung“ nun deutlich, dass die Versicherer mit ihrem Gebaren selbst dazu beitragen könnten, dass ein Verbot auf der Ebene nicht mehr abgewendet werden kann.

“Dann ist der Branche nicht mehr zu helfen“

Konkret hatte die BaFin zum Jahresanfang einen Katalog von Wohlverhaltensregeln vorgestellt, mit denen die Lebensversicherer zur Mäßigung gezwungen werden sollten. Dieser Katalog hatte keineswegs ein Provisionsverbot zum Ziel. Stattdessen kündigte die Behörde an, künftig bei jenen Versicherern genau hinsehen zu wollen, die besonders hohe Effektivkosten und Abschlussprovisionen berechnen:

Die Wohlverhaltensregeln verpflichten die Versicherer darauf, bei der Gestaltung der Provisionen die gesamte Vertragslaufzeit im Blick zu haben. So sollen die Kosten besser auf die Laufzeit der Verträge verteilt werden - statt hoher Gelder für den Abschluss würde dann der Vertrieb eher dafür belohnt, wenn der Kunde seinen Vertrag lange hält. Auch sollen die Versicherer garantieren, dass die berechneten Kosten bei einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages im Verhältnis zum Nutzen stehen.

Doch aus der Branche gab es selbst gegen diese Wohlverhaltensregeln erbitterten Widerstand. Sowohl Versicherer als auch Vertriebsverbände protestierten. Und das brachte Chefaufseher Grund beim Versicherungstag aus der Fassung, wie die „Süddeutsche“ berichtet. „Wenn wir es noch nicht einmal schaffen, Exzesse in der Provisionsgestaltung angemessen einzudämmen, dann ist aus meiner Sicht der Branche nicht mehr zu helfen“, sagte er bei der Veranstaltung in Bergisch Gladbach.

Die Pläne der BaFin, zumindest die Provisionen in der Spitze strenger zu beschränken, sind aus Sicht von Grund die letzte Chance, ein Provisionsverbot auf EU-Ebene noch abzuwenden, berichtet das Münchener Blatt weiter. Schließlich bestehe die Hoffnung, dass es zu keinem Verbot komme, wenn Exzesse unterbunden werden. "Wenn das jetzt nicht klappt, dann kann man europäischen Argumenten kaum noch etwas entgegenhalten", sagte er.

Die Versicherungsbranche hält dagegen, dass eine Lebensversicherung beratungsintensiv sei - und auch entsprechend vergütet werden müsse. Auch könnten durch ein Provisionsverbot gerade Menschen mit geringem Einkommen von der Altersvorsorge-Beratung ausgegrenzt werden. Während bei der Beratung gegen Provision die Kosten für gewöhnlich über die Vertragslaufzeit gestreckt werden, fallen sie bei Beratung gegen Honorar sofort an: sofern sie nicht über Raten abgestottert werden. Zudem bestehe dank der Stornohaftung bei Provisionen ein gewisser Schutz gegen schlechte Beratung. Kündigt der Kunden binnen fünf Jahren, muss der Vermittler Teile seiner Provision zurückzahlen: ein solches Instrument ist bei der Honorarberatung nicht vorgesehen.

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Dennoch wird die Branche erklären müssen, weshalb mit Blick auf die Kosten bei den Versicherern so große Unterschiede bestehen. So hatte auch EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness in einem Brief an den CSU-Europapolitiker Markus Ferber geklagt, dass die bisher geltenden Regeln auf EU-Ebene ihre Wirkung verfehlt hätten, Vertriebskosten zu senken. Ein Fakt wird bei der aktuellen Debatte oft übersehen: die Effektivkosten der Versicherer weisen nicht nur Vertriebs- und Abschlusskosten aus. Auch Verwaltungskosten können dazu beitragen, dass die Rendite stark beschnitten wird: und bei fondsgebundenen Policen die Kosten für die Verwaltung der Fonds. Diese sind aktuell weniger im Fokus der Finanzaufsicht.