Deutschland diskutiert eine Reform der gesetzlichen Rente: Die Bundesregierung hat für dieses Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf angekündigt, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) stellte vor wenigen Monaten gar die „vielleicht größte Reform der Rente seit Bismarck“ in Aussicht. Bisher hat sich die Ampel-Koalition nur wenig in die Karten schauen lassen, was genau geplant ist. Lediglich die Details für die sogenannte Aktienrente wurden detaillierter vorgestellt. Dennoch werden zahlreiche Reformvorschläge öffentlich debattiert, von einer Erhöhung des Renteneintrittsalters bis hin zu einer Rente, die künftig nur noch eine Grundversorgung garantiert - und nicht mehr das Ziel hat, den Lebensstandard im Alter ungefähr zu sichern.

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Zu fünf dieser aktuell diskutierten Reformvorschläge haben die Meinungsforscher von Ipsos nun eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Ziel war es herauszufinden, wie populär bzw. unpopulär einzelne Maßnahmen in der Bevölkerung sind. Konkret sollten die Befragten auswählen, welche der genannten Vorschläge sie als im sinnvollsten einschätzen. Diese einschränkende Fragestellung kann zumindest in der Hinsicht kritisiert werden, dass die Reform nach Einschätzung von Ökonomen mehrere Maßnahmen wird beinhalten müssen - es ist unwahrscheinlich, dass die Regierung lediglich an einer Stellschraube dreht.

Erhöhung des Renteneintrittsalters äußerst unpopulär

Ein Ergebnis der Umfrage: Nur wenige Befragte betrachten es als sinnvoll, das Renteneintrittsalter über die ohnehin angedachte Zielmarke von 67 Jahren hinaus weiter raufzusetzen. Lediglich sechs Prozent der Befragten halten demnach eine Erhöhung des Renteneintrittsalters für am sinnvollsten. Am höchsten ist der Zuspruch zu dieser Maßnahme noch in der jüngeren Bevölkerungsgruppe von 18 bis 39 Jahren. Doch selbst hier sprechen sich nur acht Prozent der Befragten für ein höheres Rentenalter aus. Wer einen solchen Schritt mit mehr Generationengerechtigkeit begründen will, wird folglich auch unter Jüngeren wenig Applaus erhalten.

Ipsos

Noch unattraktiver ist aber eine weitere Maßnahme. So wurde gefragt, ob künftig die Höhe der ausgezahlten Renten abgesenkt werden solle. Lediglich vier Prozent aller Teilnehmenden halten das für sinnvoll. Auch zu diesem Reformvorschlag -der aktuell nicht seriös diskutiert wird- ist der Zuspruch in der jungen Gruppe am höchsten. Acht Prozent der 18- bis 39jährigen stimmen dieser Maßnahme zu. Zur Erinnerung: Die Renten zu senken, ist gesetzlich verboten. Diskutiert wird die Absenkung des Rentenniveaus: Dieses spiegelt das Verhältnis zwischen einer Standardrente nach 45 Beitragsjahren und dem Durchschnittseinkommen.

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Den größten Zuspruch unter den vorgegebenen Reformideen findet der Vorschlag, das Rentensystem noch stärker als bisher über Steuermittel mitzufinanzieren. 37 Prozent der Befragten würden sich für diesen Vorschlag entscheiden. Die FDP wird es freuen, dass auch der Vorschlag einer Aktienrente vergleichsweise hohen Zuspruch findet. Knapp ein Viertel der Deutschen (24 Prozent) befürwortet diese Option. Mit großem Abstand dahinter folgen der Vorschlag einer Steigerung der Rentenbeiträge für Arbeitnehmer und Unternehmen (11 Prozent).

Erhöhung des Rentenalters parteiübergreifend unbeliebt

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Bei der Beurteilung der verschiedenen Vorschläge zur Rentenreform zeigen sich erhebliche parteispezifische Unterschiede. So sticht beispielsweise die Anhängerschaft der FDP hervor: Unter ihnen würden 41 Prozent eine staatliche Aktienrente bevorzugen, nur jeder Fünfte (22 Prozent) spricht sich für eine Erhöhung des Steuerzuschusses aus.

Der höhere Steuerzuschuss kommt dagegen bei anderen Parteien, vor allem bei Grünen- (44 Prozent) und Linken-Wählern (55 Prozent), besonders gut an. Die Unterstützer von SPD und Union bewegen sich mit ihrem Antwortverhalten recht nah am landesweiten Durchschnittswert und würden zu 33 bzw. 35 Prozent eine Erhöhung der Steuermittel präferieren.

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Die Möglichkeit einer staatlichen Aktienrente ist jedoch nicht nur bei den Sympathisanten der FDP beliebt, wenngleich sie die einzige Partei ist, bei der dieser Vorschlag unter allen fünf Optionen mit Abstand am häufigsten genannt wird. Auch bei der Wählerschaft der übrigen im Bundestag vertretenen Parteien wird die Aktienrente jeweils am zweithäufigsten als sinnvoll erachtet (SPD: 30 Prozent Zustimmung, CDU/CSU 28 Prozent, Grüne 27 Prozent). Am skeptischsten äußern sich die Anhänger der AfD (23 Prozent) und Linken (16 Prozent).

Das Rentenalter raufzusetzen, ist hingegen bei den Anhängern aller Parteien äußerst unbeliebt. Am meisten Zuspruch findet ein höheres Rentenalter noch bei den Anhängern von CDU und CSU, wo aber auch nur jeder Zehnte diese Option präferiert. Bei den Wählern von FDP und SPD würden je neun Prozent ein höheres Eintrittsalter als sinnvoll erachten, bei den Grünen sechs Prozent, bei der AfD vier Prozent und bei der Linken zwei Prozent.

Hintergrund: Die Ipsos-Umfrage fand als quotierte Online-Befragung von 1.000 Wahlberechtigten zwischen 18 und 75 Jahren in Deutschland statt, repräsentativ gewichtet nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl. Die Befragung wurde am 03. Februar 2023 durchgeführt.

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