Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant eine umfassende Pflegereform und hat hierfür einen Referentenentwurf erarbeitet, der bisher nicht öffentlich ist. Soweit bisher bekannt, soll der Pflegebeitrag zum 1. Juli angehoben werden, um Finanzlöcher in der sozialen Pflegepflichtversicherung zu stopfen. Aber auch Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sind geplant. Das Pflegeunterstützungsgeld soll ausgebaut werden, sodass pflegende Angehörige eine längere Auszeit nehmen können, Eigenanteile stärker gedeckelt und das Pflegegeld an die Inflation angepasst werden.

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Doch nun wurde ein Passus in dem Gesetzentwurf bekannt, der dem Bundesgesundheitsminister künftig weit mehr Macht darüber einräumt, ob und wie der Beitrag zur Pflegeversicherung angepasst wird. Bisher müssen hier auch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Doch künftig soll die Bundesregierung allein entscheiden dürfen, ob die Beiträge raufgesetzt werden - zumindest bei knappen Kassen. Darauf macht aktuell die BILD aufmerksam. „Ärger um Pflege-Beiträge: Lauterbach will alleine entscheiden, was wir zahlen“, ist der Artikel ein wenig krawallig überschrieben.

Die BILD zitiert aus Seite 23 des sogenannten Gesetzentwurfs zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege. Dort heißt es: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, den Beitragssatz nach Satz 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates anzupassen, wenn der Mittelbestand der sozialen Pflegeversicherung absehbar das gesetzliche Betriebsmittel- und Rücklagesoll der Pflegeversicherung nach § 67 Absatz 2 zu unterschreiten droht.

Bisher erhalten die Pflegekassen Gelder aus dem Ausgleichsfonds, wenn die Mittel nicht ausreichen. Dieser war auch dank der zusätzlichen Corona-Kosten stark gesunken. Zwar gewährte Lauterbach dem Fonds im Herbst letzten Jahres zusätzlich eine Milliarde Euro. Zugleich aber griff er in eine andere Kasse, um das Milliarden-Loch in der Pflegeversicherung aufzufangen. Seit 2015 gibt es den sogenannten Pflegevorsorgefonds, der als zusätzlicher Kapitalpuffer gedacht ist, um die fortschreitende Alterung der Gesellschaft abzufedern. 0,1 Prozent der Beitragseinnahmen aus der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) fließen in diese Rücklage. Die jährliche Zahlung von 1,6 Milliarden Euro will Lauterbach in diesem Jahr aussetzen: die Zukunft des Fonds ist ungewiss.

Dass Bundestag und Bundesrat höheren Pflegebeiträgen zustimmen müssen, hat auch eine Kontrollfunktion - und soll dazu beitragen, dass Alternativen öffentlich debattiert werden. “Das ist ein Freifahrtschein für Beitragserhöhungen, ohne die nötigen Strukturreformen anzugehen! Wir brauchen die Debatten aber im Plenum“, kommentiert folglich CSU-Pflegeexpertin Emmi Zeulner die geplante Gesetzesänderung. Doch auch aus der Ampelregierung kommt Widerstand. „Es kann selbstverständlich nicht sein, dass es aus dem Bundesgesundheitsministerium möglich wird, den Beitragssatz jederzeit weiter zu erhöhen ohne Beteiligung des Bundestags“, sagt Nicole Westig, pflegepolitische Sprecherin der FDP.

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Die besondere Pointe: Auch diese geplante Gesetzesänderung muss noch den Bundesrat passieren, dort haben die Unionsparteien eine Mehrheit. Es dürfte unwahrscheinlich sein, dass die Länder einer Selbstentmachtung zustimmen. Auf steigende Pflege-Beiträge müssen sich die Bürgerinnen und Bürger ohnehin einstellen. Künftig soll der Kinderlosenzuschlag in der Pflege von 0,25 Beitragssatz-Punkten auf 0,6 Punkte steigen, sodass Kinderlose laut Referentenentwurf ab Juli 4,0 Prozent ihres Bruttolohnes als Beitragssatz zur Pflege zahlen. Eltern werden dann mit 3,40 Prozent zur Kasse gebeten. Entlastet werden sollen durch die Reform aber Eltern mit mehr als einem Kind.