Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 wurde die Debatte um eine mögliche Elementarschaden-Pflichtversicherung zum wiederholten Male angestoßen. „Wir meinen, dass die deutsche Versicherungswirtschaft nicht in der Lage sein wird, angesichts des Klimawandels, Elementarschäden ohne Hilfe des Staates zu einem akzeptablen Preis zu versichern. Von daher appellieren wir, wie in Frankreich ein Rückversicherungsvehikel zu schaffen, dass diese Spitzenrisiken trägt, womit der Elementarschadenschutz für alle gewährleistet werden kann“, sagte Versicherungsanalyst Dr. Carsten Zielke damals (Versicherungsbote berichtete).

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Auch FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich im Sommer 2021 offen für eine Debatte: „Ja, ich bin offen für eine solche Diskussion, ob man eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für Hausbesitzer einführt. Es ist nicht ganz einfach zu entscheiden, ob man so etwas macht oder nicht“, sagte der Liberale (Versicherungsbote berichtete).

Ähnlich äußerte sich damals auch Olaf Scholz, der zu diesem Zeitpunkt noch Vizekanzler und Finanzminister war. Grundsätzlich sei er offen für eine solche Pflicht. „Die Frage ist, ob man diese Verpflichtung allen Bürgern auferlegen möchte", so Scholz gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Kosten für Wohnen würden dadurch steigen, gab der SPD-Politiker zu bedenken. Zunächst müssten sich die Länder untereinander einigen, so Scholz. Würden die Länder eine Einigung erzielen, würde der Bund dem „sicher nicht entgegenstehen“ (Versicherungsbote berichtete).

Anfang 2022 bestätigte ein Gutachten, dass eine solche Versicherungspflicht nicht gegen das Grundgesetz in Deutschland verstoßen würde (Versicherungsbote berichtete).

Mehrheitlich sprachen sich auch Hausbesitzer, Verbraucherschutz und schließlich sogar die 16 Bundesländer für eine solche Elementarschaden-Pflichtversicherung aus.

Die von Olaf Scholz angesprochene Einigkeit der Bundesländer wurde also hergestellt. Im Dezember 2022 fand sich die Pflichtversicherung für Elementarschäden immerhin auf der Tagesordnung der Ministerpräsidenten-Konferenz - wurde dann aber doch vertagt (Versicherungsbote berichtete).

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Als ‚Bremsklotz‘ in Sachen Elementarschaden-Pflichtversicherung wurde seinerzeit Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) benannt. So zitierte etwa das Handelsblatt: „In einer Zeit höchster finanzieller Belastungen privater Haushalte sollten wir von allem die Finger lassen, was Wohnen und Leben in Deutschland noch teurer macht.“ Kosten, die mit einer solchen Versicherungspflicht einhergingen, würden an Mieter durchgereicht werden, so der Minister. Politisch halte er eine Versicherungspflicht für falsch - auch wenn keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstünden. Sollte der Bund keine Regelung treffen, könnten die Länder in dieser Frage aber selbst tätig werden, so Buschmann.

Länder wollen Bund zum Handeln 'zwingen'

Genau das ist jetzt passiert - allerdings nicht ganz so, wie von Buschmann erwartet. So berichten die Stuttgarter Nachrichten von einem gemeinsamen Vorstoß der Bundesländer Baden-Württemberg und Niedersachsen. Beide Länder würden eine Initiative in Sachen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden im Bundesrat einbringen. „Wir müssen bei diesem wichtigen Thema endlich vorankommen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gegenüber den ‚Stuttgarter Nachrichten’. Auch sein Amtskollege aus Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), sieht „dringenden Handlungsbedarf“. Es dürfe nicht sein, dass das Thema nur unmittelbar nach einer Katastrophe auf der Agenda stehe und danach vergessen werde, sagte er dem Handelsblatt.

Die Bundesländer befürchten, dass ein ‚Flickenteppich‘ Immobilienbesitzer benachteiligen würde, die sich bereits versichert haben. Sie würden im Zweifel doppelt zahlen, wenn im erneuten Katastrophenfall wieder bundesweite Solidarität gefragt ist.

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Allerdings: Dem Vernehmen nach, soll die Bundesregierung in ihrem ‚Bericht an die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden‘ nicht nur von der Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung abgerückt sein, sondern auch darauf bestanden haben, jenen, die keine Elementarschadenversicherung vorweisen können, im ‚Ernstfall‘ keine Staatshilfen mehr zukommen zu lassen. Eine Bestätigung dieser Regierungsantwort gegenüber Versicherungsbote steht allerdings noch aus.

Nun drehen die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg den ‚Spieß‘ also wieder um. Mit dem geplanten Entschließungsantrag soll die Bundesregierung dazu aufgefordert werden, kurzfristig einen konkreten Regelungsvorschlag zur Einführung einer bundeseinheitlichen Elementarschaden-Pflichtversicherung zu erarbeiten.

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Hierdurch soll ein System weitgehend flächendeckender privater Versicherungen von Gebäudeeigentümern gegen Elementarrisiken etabliert werden.

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