In der Pferdehaltung sind Fixkosten hoch. Aus diesem Grund litten Pferdehalter auch besonders unter den Lockdowns durch Corona: Reitunterricht und Wettbewerbe fielen aus und damit wichtige Einnahmequellen; die Kosten aber mussten weiterhin gestemmt werden. Viele Reitbetriebe kamen folglich an die finanziellen Grenzen oder mussten sogar schließen, wie die Vermittlerin im Interview mit dem Versicherungsboten erzählt. Anja Tylkowski führt mit ihrem Vater Peter Tylkowski Versicherungsagenturen der Gothaer in Zeuthen und Berlin – beide haben sich auf die Absicherung von Pferden spezialisiert.

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Die Mahnlisten in der Kundschaft sind lang

Eine Situation, die sich auch bei der eigenen Kundschaft bemerkbar macht und die nun – durch Energiekrise und gestiegene Tierarztkosten – sogar noch stärker auf den Reitbetrieben lastet. Die Mahnlisten seien auch bei der eigenen Kundschaft inzwischen lang, erklärt die erfahrene Pferdeexpertin. Obwohl man helfe, wo man könne, sei es für Tierhalter derzeit äußerst schwer, den Lebensunterhalt zu erwirtschaften.

Pferdehalter- Haftpflicht: Unterdeckung kann existenzbedrohend sein

Allerdings sollte man in dieser Situation nicht den Fehler machen, beim Versicherungsschutz zu sparen. Denn was auf den ersten Blick eine Ersparnis scheint, kann im Schadenfall einem Betrieb die Existenz kosten. So sieht die Expertin auch das generelle Problem, dass „mit dem Wachsen der Vergleichsportale viele Menschen glauben, dass sie sich grundlegend selbst beraten und versichern könnten.“.

Hierbei würde – gerade wegen des derzeit bestehenden Kostendrucks – um jeden Euro gefeilscht und am Ende die Haftungsgrundlage nicht richtig verglichen. Tylkowski hierzu: „Wir sprechen von Jahresbeiträgen von unter 100 Euro, verglichen auf ein circa 600 Kilo schweres Fluchttier. Wenn diese 600 Kilo beschließen, den Reiter abzuwerfen und sich allein auf die Socken zu machen, dann sind die Schäden, die daraus entstehen, stets um ein Vielfaches höher als eine maximale Ersparnis von 30 Euro im Jahr.“

Schäden an Pensionspferden werden unterschätzt

Auch Schäden an Pensionspferden, die in einem Reiterhof unterkommen, würden häufig unterschätzt – und in der Folge nicht richtig versichert. So hätten Reiterhofbetreiber oder sogar ganze Pensionsställe, die fremde Pferde eingestellt haben, diese entweder gar nicht versichert oder nur mit einem Sublimit von 5.000 oder 10.000 Euro je Pferd versichert. Die Konsequenzen der Unterdeckung können fatal sein. Die Vermittlerin hierzu: würden Pensionspferde durch falsche Fütterung umkommen oder sich eine schwere Verletzung zuziehen oder durch einen kaputten Zaun auf die Bundesstraße kommen, dann „kann der Betrieb letztlich schließen“.

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In der Agentur hätte man auch schon viele Beispiele für existenziell hohe Schäden gehabt – Pferde auf der Bundesstraße, die mit mehreren PKW kollidierten, viele tote Pferde nach falscher Fütterung oder auch Pferde, die bei einem Brand gestorben sind. Aber selbst weit kleinere Dimensionen wie eine 6.000-Euro-Klinik-Rechnung durch ein Hängenbleiben am Tor würden die Pferdehalter schnell an ihre Grenzen bringen.

Tierkrankenversicherung immer wichtiger

In diesen Problembereich hinein gehört auch eine neue Gebührenordnung der Tierärzte, welche die Kosten enorm verteuert hat. Als Beispiel nennt Tylkowski Kosten für die Gabe einer Tetanusimpfung – statt 50 Euro kostet die Impfung nun 150 Euro. In vielen Bereichen haben sich die Kosten nahezu verdreifacht. Auch aufgrund der stark gestiegenen Tierarztkosten erlebe man im Bereich privater Tierhalter derzeit eine dramatische Situation.

Folglich sei die Vorsorge und Absicherung von Tierarztkosten im Rahmen einer Tierkrankenversicherung elementar wichtig. Die Pferde- und Versicherungsexpertin erklärt: "Hat man diese Vorsorge getroffen, kann man auch die Transportkosten am Ende noch stemmen. Hat man keine Vorsorge getroffen, so muss der Tierhalter bei einer ernsten Verletzung wirklich entscheiden, ob er mit dem Pferd überhaupt noch in die Klinik fahren kann. Das ist eine emotional furchtbare Situation.“

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In Reitbeteiligungen endet die Freundschaft meist beim Thema Geld

Eine besondere Spezialität der Agentur ist die Absicherung von Reitbeteiligungen. Oft helfen Pferdeliebhaber und Freunde oder auch Reitschüler dem Pferdehalter bei der Pflege und Betreuung des Pferdes. Das größte Problem hierbei ist aber laut Anja Tylkowski, dass „die Freundschaft beim Geld endet“. Denn verschuldet die Reitbeteiligung einen Schaden oder eine Verletzung des Pferds, ist Stress vorprogrammiert.

Aber auch der entgegengesetzte Fall kann zum Problem werden – wenn zum Beispiel die Reitbeteiligung vom Pferd stürzt und sich verletzt. In diesem Kontext weist die Vermittlerin darauf hin, dass es oft junge Menschen unter 18 Jahren sind, die als Reitbeteiligung helfen. Deswegen versuchen im Falle eines Sturzes die Eltern oft, den Pferdehalter in Haftung zu nehmen.

Eine Versicherung für die Reitbeteiligung deckt beides ab: Die Schäden durch die Reitbeteiligung als auch die Schäden an der Reitbeteiligung. Sie hilft auch, falls es zu Regressansprüchen durch die Krankenkasse nach einem Unfall kommt.

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Interview erscheint in unserem Printmagazin

Aber auch weitere Themen sind Teil unseres umfangreichen Interviews mit Versicherung- und Pferdeexpertin Anja Tylkowski – zum Beispiel die Lebensversicherung für Pferde oder die Konkurrenz durch ausländische „Big Player“. Das Interview erscheint im neuen Versicherungsbote- Printmagazin, das kostenlos auf unserer Webseite bestellt werden kann.

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