Die EU-Kommission will eine neue Kleinanleger-Strategie vorstellen, deren wichtigstes Ziel die Förderung von „mehr Transparenz, Einfachheit, Fairness und Kosteneffizienz für Kleinanlegerprodukte“ ist (Versicherungsbote berichtete).

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Mittels Kleiner Anfrage wollte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion herausfinden, wie die Bundesregierung zu dem Vorhaben der EU-Kommission steht. Im Namen der Bundesregierung beantwortete Dr. Florian Toncar (FDP), parlamentarischer Staatssekretär, die Fragen der Unionsfraktion (liegen Versicherungsbote vor).

Darin finden sich einige zentrale Punkte, die den Gegnern eines Provisionsverbots Hoffnung machen dürften. So heißt es beispielsweise:

  • Jede Art der Anlageberatung hat Vor- und Nachteile, die der Anleger im Einzelfall gegeneinander abwägen und denen die Aufsicht bei ihrer Tätigkeit Rechnung tragen muss.
  • Die Honorarberatung auf Basis eines Stundensatzes ist nur ein Vergütungsmodell der Honorarberatung. Wie bei jeder Dienstleistung, die nach Zeit abgerechnet wird, könnte auch bei der Honorarberatung auf Basis eines Stundensatzes der Anreiz bestehen, die Vergütung in der einzelnen Kundenbeziehung über einen höheren als den erforderlichen zeitlichen Umfang der Beratung zu steigern. Ob ein solches Verhalten mit Blick auf Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Reputation und Wettbewerb nachhaltig wäre, erscheint jedoch fraglich. Für die Eruierung potentieller staatlicher Handlungsoptionen besteht vor diesem Hintergrund sowie zudem fehlender Evidenz derzeit kein Anlass.
  • Die Frage, ob der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vorliegen, nach denen Provisionen in Deutschland systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führen, verneint die Bundesregierung. Das gilt auch für die BaFin, antwortet Toncar.
  • Grundsätzlich sollte aus Sicht der Bundesregierung jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung haben können. Der Wert einer persönlichen Beratung lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen, weil er sich vielmehr aus dem individuellen Bedarf und insbesondere dem individuellen Nutzen für den jeweiligen Kleinanleger ergibt.
  • Allein aus der Tatsache, dass Anlage- und Versicherungsberatung und -vermittlung in Deutschland vorherrschend provisionsbasiert stattfindet, könne keine Aussage darüber abgeleitet werden, ob eine solche Beratung für Kunden nachteilig ist. Das gelte insbesondere dann, wenn der bestehende Anlegerschutz eingehalten wird.

Dr. Carsten Brodesser (CDU), der die Kleine Anfrage mit auf den Weg brachte und Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages ist, ordnete gegenüber Versicherungsbote die Antworten der Bundesregierung ein: „Die Bundesregierung zitiert genau die richtigen Argumente. Sie ist ebenso wie wir der Auffassung, dass grundsätzlich jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung haben sollte. Auch der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse vor, dass Provisionen in Deutschland zu einer für Verbraucher systematisch unvorteilhaften Beratung führen. Zugleich stellt die Bundesregierung fest, dass die Entwicklung in den Niederlanden, die von der EU-Kommission als Referenzmarkt genannt wird, aus Verbraucherschutzsicht durchaus kritisch gesehen werden kann. […] Und sie hält fest, dass sowohl Honorar- als auch Provisionsberatung Vor- und Nachteile bereithalten. Dass sich die Bundesregierung auf Basis dieser Erkenntnisse noch nicht einmal unserer Forderung nach einem Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung anschließen kann, zeigt einmal mehr die Zerstrittenheit der Ampel auch in dieser Frage.“

Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) begrüßte weitgehend die Antworten der Bundesregierung. „In den Antworten der Bundesregierung finden sich zentrale kritische Positionen des BVK am EU-Vorhaben wieder“, zeigte sich BVK-Präsident Michael H. Heinz erfreut. „Zudem sehen wir auch unsere klare Haltung: ‚Kein Vertrieb ohne Beratung‘ bestätigt.“

Allerdings: Bei einigen ‚heißen Eisen‘ - etwa der Frage, ob Versicherungsanlageprodukte (beispielsweise Fondspolicen) von einem möglichen Provisionsverbot ebenfalls betroffen wären - verweist die Bundesregierung darauf, dass ihre Meinungsbildung zu dieser Frage nicht abgeschlossen sei. „Die Bundesregierung wird im Lichte der zu erwartenden Vorschläge der Europäischen Kommission hierüber entscheiden.“ Bei insgesamt 12 von 34 Fragen wird darauf verwiesen.

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Und es finden sich auch Antworten, die mehr Fragen aufwerfen, als dass sie Antwort sind. So räumt die Bundesregierung zwar ein, dass weder ihr noch der BaFin Erkenntnisse darüber vorliegen würden, wie sich ein Provisionsverbot auf die Investionstätigkeit von Kleinanlegern oder die Ertragslage von Banken, Sparkassen und Finanzanlagevermittlern auswirken würde, plant aber keine Gutachten, die das ändern könnten.