Seit Anfang 2023 passen viele Tierversicherungsanbieter ihre Beiträge sowohl für Bestands- als auch für Neuverträge massiv an. Die Anpassungen bewegen sich im Bereich von ca. 20-30 Prozent, je nach Hunderasse auch deutlich höher. Teilweise erhalten Kunden nach Leistungseinreichungen sogar Kündigungen ihrer Verträge.

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Was ist passiert

Im November 2022 gab es eine Aktualisierung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die mit einer massiven Erhöhung einiger Gebührensätze einher ging. Diese Anpassungen waren notwendig, da die letzte vollständige Überarbeitung über 20 Jahre zurück lag. Die vorgenommenen Angleichungen liegen vor allem im ambulanten Bereich bei teilweise über 200 Prozent. Anbieter für Tierversicherungen hatten nach der Aktualisierung im letzten Jahr noch nicht ihre Beiträge angepasst, weil die meisten abwarten wollten, wie sich die Erhöhung der einzelnen Gebührensätze auf die Leistungsabrechnungen auswirken werden.

Anfang diesen Jahres stellte sich für den Großteil der Versicherer (vor allem für jene mit einem sehr guten Leistungsumfang) heraus, dass sich die Erhöhungen in den Leistungsabrechnungen insgesamt in einem Bereich von 20 - 30 Prozent bewegen. Allerdings zeichnet sich derzeit immer noch eine weiter steigende Tendenz bei den Leistungsabrechnungen ab. Aus diesem Grund haben sich eine Vielzahl von Anbietern dazu entschlossen, die Beiträge für das Neugeschäft, aber auch für das Bestandsgeschäft unserer Kunden anzupassen – teils auch über 30 Prozent oder, je nach Rasse des Kundenhundes, auch deutlich höher.

Martin Markowsky beschreibt sich selbst als „halb Vermittler, halb Hundeflüsterer“.@Patrick HamacherIn einigen Gesprächen, die ich führte, hörte ich immer wieder den gleichen Tenor: Aktuell verdient seit Anfang des Jahres so gut wie kein Versicherer mehr mit dem Thema Tierversicherung Geld. Übereinstimmend wurde berichtet, dass sich am stärksten die Preissteigerungen im ambulanten Bereich auswirken.

Was sind die Auswirkungen

Aus meiner Sicht haben die größten Probleme aktuell die Anbieter, die sich nur auf das Thema Tierversicherungen beschränkt haben - also Anbieter, die keine sonstigen Produkte in ihrem Portfolio haben wie zum Beispiel Altersvorsorge, Krankenversicherung oder – plastisch gesagt –Produkte aus dem Sachversicherungsgeschäft. Alle anderen Anbieter haben immer noch die Möglichkeit, aus den Kompensationsgeschäften Erträge zu erzielen. Es gibt natürlich auch im Versicherungsmarkt einige Anbieter, die gar nicht kostendeckend arbeiten können oder wollen. Diese sehen das Thema Tierversicherungen als Cross-Selling an. Das heisst, dass hier ein Einstieg über das Thema Tierversicherungen erfolgt. Dies ist natürlich ein sehr emotionales Thema, welches verspricht, hierüber auch mit dem Kunden bei anderen Versicherungssparten ins Geschäft zu kommen.

Wie sich diese Entwicklung auf die ganzen neuen Anbieter auswirken wird, ist heute noch gar nicht abzusehen. Meine Vermutung ist aber, dass sicherlich der eine oder andere Newcomer hier wieder vom Markt verschwinden wird.

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Am gravierendsten ist natürlich die Situation für unsere Kunden, die mit diesen Kostenexplosionen umgehen müssen. Und dies eben nicht nur im Neugeschäft, sondern auch im Bestandsgeschäft. Ein Beispiel: Ein Boxer, der vor zwei Jahren versichert wurde und damals rund 50 Euro gekostet hat, kostet jetzt nach der Anpassung über 90 Euro.

Lösungsansätze

Wenn wir ins europäische Ausland schauen, zum Beispiel nach Schweden oder Großbritannien, stellen wir fest, dass dort ein Prinzip vorherrscht: Es wird nicht versichert, was vorhersehbar ist – sondern nur alles, was unvorhersehbar ist.

Ich gehe davon aus, dass diese Tendenz sich auch in Deutschland durchsetzen wird. Ein Beispiel: Das ganze Thema Vorsorge ist bei vielen Anbietern enthalten – also zum Beispiel Impfungen, Wurmkuren, Zeckenmittel, Krallen schneiden usw. Hier gibt es in der Regel Pauschalen in Höhe von 50 Euro bis mitunter 200 Euro. Für ein Beispiel nehmen wir einfach mal den Betrag 100 Euro an.

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Der Versicherer weiß, dass dieser Betrag sicher abgerufen wird. Also wird diese Pauschale in den Beitrag einkalkuliert. Hierauf muss noch eine Verwaltungsvergütung hinzugerechnet werden, da dieser Leistungsabruf ja auch bearbeitet und ausgezahlt werden muss. Zuletzt muss auch noch die Versicherungssteuer berücksichtigt werden. Am Ende zahlt der Kunde also für seine 100 Euro Vorsorgeaufwendung über den monatlich kalkulierten Beitrag dann insgesamt ca. 130 Euro. Hier bin ich der Meinung, dass man diesen Punkt gut aus den Tarifen herausnehmen kann, um den Beitrag zu reduzieren.

@Patrick Hamacher

Ein weiterer Lösungsansatz wäre es, Limitierungen einzubauen. Eine Limitierung bedeutet, dass festgelegt wird, dass nur bestimmte Summen pro Jahr erstattet werden sollen. Ein paar solcher Tarife gibt es bereits, diese werden bisher aber noch nicht übergreifend in Anspruch genommen. Als Grund vermute ich die in Deutschland bis heute herrschende All-Inclusive-Mentalität. Ein Tarif soll immer so viel wie möglich beinhalten - und das fällt uns bzw. den Kunden jetzt finanziell auf die Füße.

Zukünftig wird sich meiner Meinung nach eine Entwicklung ergeben, in der sich die Tarifgestaltungen in Richtung Limitierung oder Entnahme einiger Bausteine bewegen, um die Beitragsgestaltung halbwegs moderat zu gestalten.

Was bedeutet das für unsere Beratung

Wenn deine Kunden von diesen Beitragssteigerungen bei bestehenden Verträgen betroffen sind oder nachdenken, ihren Hund jetzt aktuell abzusichern, sollten diese im ersten Schritt aufgeklärt werden; eben über die aktuelle Situation und warum die Beiträge so stark steigen oder ggf. noch steigen werden.

Auch bei der Auswahl der Produkte ist meiner Meinung nach ebenfalls Aufklärungsarbeit notwendig. Wenn der Kunde, ganz nach der All-Inclusive-Mentalität, die eierlegende Wollmilchsau haben möchte (Top-Tarif, der weitestgehend alles abdeckt), dann muss er aktuell mit Beiträgen um hundert Euro rechnen. Ist er aber bereit, auf bestimmte Merkmale oder Absicherungen zu verzichten, gibt es natürlich günstigere bzw. preiswertere Produkte am Markt. Hierbei ist aber darauf zu achten, dass keine existentiellen Krankheiten, Operationen etc. ausgeschlossen werden, die häufig bei bestimmten Rassen auftreten können.

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Fazit

Der Markt für Tierversicherungen ist aktuell wirklich in Bewegung. Aus meiner Sicht werden sich die Beiträge noch weiter steigern, bis die Versicherer eine vernünftige Kalkulationsbasis haben. Dies kann mithin ein Jahr dauern. Die Beiträge für Top-Produkte werden sich um 100 Euro einpendeln. Einige Anbieter werden wieder vom Markt verschwinden und die Tarife werden sich aus meiner Sicht in Teilen verändern. Meine Empfehlung ist hier: bevor der Kunde nichts macht, besser darüber nachdenken, eine Worst-Case-Absicherung (OP-Kosten) in Betracht zu ziehen. Diese ist bei weitem nicht so stark von den Beitragssteigerungen betroffen.

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  • Kostenexplosionen bei Tierversicherungen – wie sich dies auf die Beratung auswirkt
  • Lösungsansätze