Bernd Raffelhüschen will Kinderlose bei Selbstbehalten „anders stellen“
Ökonom Bernd Raffelhüschen musste für seinen Vorschlag, eine Selbstbeteiligung von bis zu 2.000 Euro pro Jahr in der gesetzlichen Krankenversicherung einzuführen, viel Kritik hinnehmen. Nun legte der Wirtschaftsforscher nach.
„Wir können uns das System nicht mehr leisten“, warnte der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen Mitte Februar mit Blick auf die gesetzlichen Krankenkassen. Als möglichen Ausweg beschrieb er Selbstbeteiligungen von bis zu 2.000 Euro jährlich. Zudem sollte auch gesundheitsschädliches Verhalten sanktioniert werden (Versicherungsbote berichtete).
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Doch die sofort aufbrausende Kritik sorgte wohl dafür, dass sich Raffelhüschen unverstanden fühlte. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin ‚Focus‘ schob der Ökonom nun weitere Details zu seinem Vorschlag nach.
Demnach wären nicht nur Kassenpatienten, sondern auch Beamte von den vorgeschlagenen Selbstbehalten betroffen. Sein Vorschlag beruht auf der Überzeugung, dass auch der gesetzlichen Krankenversicherung ein Generationenvertrag zugrunde liegt: „Die Gesunden bezahlen, die Kranken werden versorgt. Aber die gesunden Zahler sind im Wesentlichen die Jungen und die Kranken und Pflegebedürftigen sind überwiegend die Alten. Unter der Oberfläche steckt ein Generationenvertrag, in dem die Jungen die Alten finanzieren. Die Zahl der Alten wird sich verdoppeln, und die Jungen werden nur noch zwei Drittel oder drei Viertel der heutigen jungen Generation ausmachen.“ Aus Sicht von Raffelhüschen wäre es generationengerecht, den Beitragssatz für die GKV auf dem heutigen Niveau zu halten.
GKV: Leistungsabbau nach britischem Vorbild?
Die Folge daraus wäre, dass Leistungen vermindert werden müssten. Eine solche Leistungsminderung könne auf zwei Wegen erfolgen, meint Raffelhüschen. Den ersten umreißt er so: „Der Staat rationiert die Leistungen, denn wir können nicht für alle für alle Zeiten alles technisch Mögliche finanzieren.“ Anschließend verweist der Freiburger Wirtschaftsforscher auf den britischen National Health Service. „Dort ist man mit 70 oder 75 Jahren für die Dialysebehandlung zu alt, die Aussage lautet: Wir haben nicht genug Maschinen.“
Allerdings wäre das nicht der von Raffelhüschen bevorzugte Weg. Er will den Staat „draußen lassen“. „Die Patienten werden Teile der Gesundheitsversorgung selbst zu bezahlen haben und Gesunde bekommen einen Teil der 2000 Euro Zuzahlung als Beitragserstattung wieder zurück. Oder Sie entscheiden sich für einen günstigeren Tarif mit einem noch höheren Selbstbehalt“, so sein Vorschlag. Das System würde in der Schweiz seit Jahrzehnten funktionieren und auch die Niederlande hätten das System in Teilen übernommen.
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Bei den Selbstbehalten in Krankenversicherung will der Freiburger Professor Kinderlose „anders gestellt“ wissen als Eltern: „Denn die, die Kinder haben, haben Beitragszahler für dieses System zur Verfügung gestellt, und das war teuer. Jedes Kind kostet in Deutschland 200 000 bis 250 000 Euro, bis es erwachsen ist. Wer keine Kinder hat, hat deutlich mehr an verfügbarem Einkommen und kann sich höhere Selbstbehalte leisten.“