Zurich will mit ChatGPT Schäden bearbeiten und Versicherungsmodelle berechnen
Der Versicherer Zurich testet, ob und wie sich das Künstliche-Intelligenz-Tool ChatGPT in der Schadenbearbeitung und in der Modellierung einsetzen lässt. Der Versicherer verspricht sich davon einen „enormen Effizienzgewinn“ - auch im Wettbewerb mit Start-ups und Megaplayern wie der chinesischen Ping An.
Der Versicherer Zurich testet, wie er die ChatGPT-Technologie für künstliche Intelligenz in Bereichen wie Schadenregulierung und Modellierung einsetzen kann. Das berichtet die Webseite InsurTech Insights. Der Versicherer reagiere damit auch auf die Konkurrenz von Start-ups und größeren Wettbewerbern wie Ping An, heißt es in dem Bericht. Ping An gilt laut dem Ranking von Brand Finance als wertvollste Versicherungsmarke der Welt mit einem Marktwert von 32,2 Milliarden US-Dollar: unter anderem aufgrund der enormen Wachstumschancen auf dem chinesischen Markt und einer Vorreiterrolle bei digitalen Technologien.
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Von eben jener Ping An holte die Zurich 2020 den Manager Ericson Chan aus Hongkong. Als CEO des chinesischen Versicherers trug Chan von 2016 bis 2020 zur Transformation des Geschäftsmodells bei, unter anderem durch die Integration verschiedener Fintech-Produkte und Online-Plattformen. Nicht von ungefähr: Chan ist studierter Computerwissenschaftler. Seit 2020 verantwortet er die Digitalstrategie der Zurich.
Der Financial Times sagte Chan, dass KI bei Aufgaben wie dem Extrahieren von Informationen aus langen Dokumenten oder dem Schreiben von Code für statistische Modelle "ein enormes Mass an Effizienz" schaffen könne. "Sie werden einen Entwickler nicht ersetzen, sondern sind ein Co-Pilot. Auch im Underwriting und in der Schadenregulierung wird sie [die Menschen] nicht ersetzen, aber sie wird die Arbeit sehr viel effizienter machen.“
Mit diesem Zitat ist auch umschrieben, wo die Zurich KI verstärkt einsetzen will. Unter anderem sollen Daten aus Dokumenten der Schadenbearbeitung gewonnen werden. So würden Daten der letzten sechs Jahre eingespeist, um spezifische Schäden zu identifizieren und das Underwriting zu verbessern. Unter anderem habe Chan ein Patentprogramm ins Leben gerufen, das eine automatisierte Risikoprüfung und eine KI-basierte Rechnungsbearbeitung ermöglichen soll.
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Doch auch zur Aufdeckung von vermeintlichem Versicherungsbetrug wird KI bereits verwendet: unter den argwöhnischen Augen von Finanzaufsehern und Datenschützern. Insurtech Insights verweist auf eine Kontroverse aus dem Jahr 2021: Der US-Versicherer Lemonade hatte behauptet, anhand nonverbaler Zeichen in Videos Hinweise auf Betrug erkennen zu können, wenn Kunden Ansprüche geltend machen. Nach dem darauf folgenden Aufschrei stellte das US-Unternehmen klar, das Programm diene lediglich dazu, Personen zu identifizieren, die in kurzer Zeit mehrere Schadensfälle eingereicht hätten. Ausgerechnet Ping An aber geht noch weiter. Bei der Vergabe von Krediten setzt der chinesische Anbieter eine Technologie ein, die Mikroausdrücke von Antragstellern interpretiert, um zu erkennen, ob sie die Wahrheit sagen. Die Financial Times zitiert Chan nun mit den Worten, die Zurich sei "sehr, sehr offen", wenn es um den Einsatz von KI-Tools wie Gesichtserkennung gehe, verwende hingegen keine sogenannte Mikroexpressions-Technologie.