Gesundheitsausgaben könnten eine halbe Billion Euro knacken
Die Gesundheitsausgaben in Deutschland sind 2021 auf ein Rekordhoch gestiegen: Insgesamt 474,1 Milliarden Euro gaben Krankenversicherer, Bund und Privatpersonen für Gesundheit aus. Das entspricht 5.699 Euro pro Person bzw. 13,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Für das Jahr 2022 werden die Ausgaben auf fast eine halbe Billion Euro geschätzt.
Die Gesundheitsausgaben in Deutschland haben im Jahr 2021 einen neuen Rekordwert erreicht. 474,1 Milliarden Euro wurden in Deutschland für Gesundheit ausgegeben, so berichtete das Statistische Bundesamt am Mittwoch. Das waren 5.699 Euro je Einwohnerin und Einwohner. Aktuellere Zahlen liegen derzeit nicht vor.
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Die Gesundheitsausgaben pro Kopf und die Gesundheitsausgaben insgesamt stiegen damit erneut deutlich gegenüber dem Vorjahr an. 7,5 Prozent binnen Jahresfrist bedeuten sogar die stärkste Zunahme seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1992. In Summe waren die Ausgaben um 33,1 Milliarden Euro höher als 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie.
Ausgaben der öffentlichen Haushalte stiegen Coronabedingt um ein Drittel
Ein wichtiger Grund für die enorm gestiegenen Ausgaben waren die Kosten der Corona-Pandemie. Sie trugen wesentlich dazu bei, dass die Ausgaben der öffentlichen Haushalte um 31,3 Prozent oder 9,8 Milliarden Euro auf 40,9 Milliarden Euro anstiegen, nachdem sie 2020 bereits um 71,7 Prozent oder 13,0 Milliarden Euro gegenüber 2019 gestiegen waren. Der Anteil der öffentlichen Haushalte an den Gesundheitsausgaben kletterte folglich von 4,4 Prozent im Vorcorona-Jahr 2019 auf 8,6 Prozent in 2021. Der Bund steuerte über den Gesundheitsfonds 17,4 Milliarden Euro für Coronaausgaben bei.
Die privaten Haushalte und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck waren 2021 mit 60,2 Milliarden Euro oder 12,7 Prozent der Gesundheitsausgaben zweitgrößter Ausgabenträger. Im Vorjahresvergleich wiesen sie einen Ausgabenanstieg von 5,3 Prozent beziehungsweise 3,0 Milliarden Euro auf. Zu den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck werden nicht gewinnorientierte Organisationen wie Wohlfahrtsverbände, Kirchen oder politische Parteien gezählt.
Soziale Pflegeversicherung mit zweithöchstem Anstieg der Ausgaben
Aufhorchen lässt, dass die soziale Pflegeversicherung mit den höchsten Anstieg der Ausgaben im Jahr 2021 zu verzeichnen hat. Ihr Anteil an den gesamten Gesundheitsausgaben lag bei 10,9 Prozent. Gegenüber 2020 verzeichnete sie mit einem Plus von 9,5 Prozent oder 4,5 Milliarden Euro auf 51,7 Milliarden Euro den stärksten Anstieg nach den öffentlichen Haushalten. Die Bundesregierung bereitet derzeit eine Pflegereform vor, um die Finanzen der Pflegekassen zu stabilisieren. Geplant ist unter anderem eine Erhöhung des Pflegebeitrags.
Die privaten Krankenversicherer steuern nur etwa jeden dreizehnten Euro zu den Gesamtausgaben bei. Ihre Ausgaben stiegen um 3,7 Prozent oder 1,3 Milliarden Euro auf 36,7 Milliarden Euro. Somit entfielen 7,7 Prozent der Gesamtausgaben auf die private Krankenversicherung.
Für das Jahr 2022 rechnet das Statistische Bundesamt auf Basis bereits vorliegender und fortgeschriebener Werte mit einem weiteren Anstieg der Gesundheitsausgaben auf 498,1 Milliarden Euro. Das wären 24 Milliarden Euro oder 5,1 Prozent mehr als im Jahr 2021.
Größter Teil der Coronaausgaben entfiel auf Tests
Wie das Statistische Bundesamt weiter berichtet, wurden fast ein Drittel der Corona-Ausgaben im Gesundheitswesen für Tests aufgewendet – nur etwas weniger für Ausgleichszahlungen und Corona-Prämien.
30,6 Milliarden Euro der Gesundheitsausgaben im Jahr 2021 standen als laufende Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (2020: 18,2 Milliarden Euro). Den größten Ausgabenposten bildeten hier mit 9,9 Milliarden Euro und einem Anteil von 32,3 Prozent die Ausgaben für Tests im Sinne der Coronavirus-Testverordnung oder Tests beispielsweise in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder Praxen. Nicht darin enthalten sind sogenannte Selbsttests, die Privathaushalte im Einzelhandel oder Drogeriemärkten gekauft haben.
Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Einnahmeausfälle beispielsweise der Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen oder Heilmittelerbringer sowie Corona-Prämien summierten sich auf 9,3 Milliarden Euro (30,6 Prozent).
Die hohen Ausgaben für Corona-Tests waren umstritten. Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise schossen Testzentren wie Pilze aus dem Boden, ohne dass kontrolliert wurde, welche Qualifikation die Einrichtungen hatten und ob die Tests tatsächlich stattgefunden hatten. Nach Recherchen der ARD wurde teils systematisch mit Testzentren betrogen. Allein das Berliner Landeskriminalamt ermittelt in mehr als 13.000 Verfahren gegen mutmaßliche Betrüger: Sie entfallen allein auf die Hauptstadt.
Die Ende Dezember 2020 begonnene Impfkampagne verursachte im Jahr 2021 Ausgaben von 7,0 Milliarden Euro, das waren 22,9 Prozent der laufenden Ausgaben im Corona-Zusammenhang. Der Betrag setzt sich jeweils zur Hälfte aus den Ausgaben zum Beispiel für die Einrichtung und den Betrieb von Impfzentren im Sinne der Coronavirus-Impfverordnung als auch den Ausgaben für die im Rahmen der Impfkampagne verimpften Dosen zusammen. Die Impfdosen wurden grundsätzlich zentral beschafft, aus Bundesmitteln finanziert und beispielsweise den Impfzentren, Arztpraxen und Betrieben bereitgestellt.
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