Provisionsverbot: So bringt sich der Verbraucherschutz in Stellung
Die Europäische Kommission will im Mai einen Vorschlag zum Verbot von Provisionen im Finanzvertrieb vorlegen. Das ruft auch Verbraucherschützer in Deutschland auf den Plan, die Argumente für ein solches Verbot sammeln.
„In unserer Verbraucherberatung erleben wir täglich, zu welchem finanziellen Schaden provisionsorientierte Anlageberatung führt“, so Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Ein Provisionsverbot ist dringend erforderlich, damit Fehlanreize beseitigt werden.“
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Provisionen, so argumentiert die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg weiter, wären Ursache für ein strukturelles Problem. Aus Sicht der VZ BaWü lässt sich dieses strukturelle Problem so benennen: Wer für den Vertriebserfolg über Provisionen von Dritten vergütet wird, kann nicht im Interesse Ratsuchender handeln. Denn Provisionszahlungen würden Anreize setzen, die den Interessen der Ratsuchenden entgegenstehen, wodurch diese übervorteilt würden.
Anschließend nennt die VZ BaWü drei Punkte, die aus ihrer Sicht den Provisionsvertrieb kennzeichnen:
- Es werden gezielt ausschließlich Produkte verkauft, für die eine Provision gezahlt wird und die dadurch hohe Kosten für die Verbraucher:innen verursachen
- Bestehende Anlagen werden häufiger umgeschichtet, um neue Anlagen gegen Provision zu verkaufen
- Ratsuchenden werden auch dann Anlageprodukte verkauft, wenn sie keine neuen Verträge benötigen, weil sie noch nicht einmal über Rücklagen verfügen, weil noch Kredite laufen, die zunächst getilgt werden sollten, oder weil sie schon ausreichend passende Verträge besitzen
„Die hohen Kosten des Provisionsvertriebs schmälern die durch eine gute Anlage erreichbare Rendite. Das geht insbesondere bei der Altersvorsorge direkt zu Lasten der Rente“, so Nauhauser weiter. „Praktisch jede Verbraucherin und jeder Verbraucher, deren Anlageprodukte wir uns angesehen haben, wären um viele Tausend Euro wohlhabender, hätten sie eine Beratung erhalten, die sich an ihrem Bedarf und ihren Interessen ausgerichtet hätte“, berichtet Nauhauser. „Die Kleinanlegerinnen und Kleinanleger sind die größten Leidtragenden, weil sie es sich am wenigsten leisten können, ihre knappen finanziellen Ressourcen auf Verkaufsgespräche und Empfehlungen zu verschwenden, die strukturell den eigenen Interessen entgegenlaufen“, so Nauhauser.
Aus Sicht der VZ BaWü kann nur ein Provisionsverbot Abhilfe schaffen. Die Ausgestaltung eines solchen Provisionsverbots sollte nach Auffassung der Verbraucherschützer folgende Punkte umfassen:
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- Wo Beratung draufsteht, darf keine Provision drin sein. Der Gesetzgeber soll Beratung und Verkauf voneinander abgrenzen.
- Als ‚Finanzberater‘ dürfe sich nur bezeichnen, wer keine Provisionen oder sonst irgendwelche Zuwendungen von Dritten erhält.
- Die Bezeichnung ‚Finanzberatung‘ soll gesetzlich so definiert werden, dass sich diese ausschließlich am Bedarf der Ratsuchenden ausrichtet. Die Definition soll produktübergreifend einheitlich festgelegt werden.
- Die Aufsicht über Finanzberater soll bei der BaFin angesiedelt werden.
- Die Zulassungsvoraussetzungen sollen sicherstellen, dass Finanzberater über die Qualifikation verfügen, eine Beratung ausschließlich am Bedarf der Ratsuchenden auszurichten. Sie müssen den Bedarf der Ratsuchenden zutreffend ermitteln und die am Markt angebotenen Finanzprodukte verlässlich und richtig in Bezug auf die Bedarfe der Ratsuchenden bewerten können.