Versicherungsbote: Wegen explodierender Energiepreise und den neuen steuerlichen Reglungen denken viele Haus- und Grundstücksbesitzer über Sonnenenergie nach. Wer eine Photovoltaik-Anlage hat, will sie auch gut versichert wissen. Was ist aus Ihrer Sicht mit Blick auf den Versicherungsschutz zu beachten?

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Paul Ristock: Zunächst empfehle ich immer einen eigenständigen Versicherungsvertrag für die Photovoltaikanlage, damit im Falle eines Schadens die Gebäudeversicherung nicht schadenbelastet ist. Ein weiterer Vorteil für Kunden und Vermittler ergibt sich daraus, dass dieser Versicherungsschutz erhalten bleibt, wenn der Vertrag aus welchen Gründen auch immer umgedeckt werden muss. Eine eigenständige Photovoltaikversicherung beinhaltet – im Vergleich zum Einschluss in die Gebäudeversicherung – eine Allgefahrendeckung, die in den meisten Gebäudeversicherungen für die Solaranlage nebst den Anschlüssen und dem Wechselrichter nicht enthalten ist. Versicherungsmakler sollten auf folgende Leistungen im Versicherungsschutz besonderen Wert legen:

  • GAP-Deckung = bei Totalschaden wird die Restschuld einer eventuellen Finanzierung abgelöst.
  • Innere Betriebsschäden = Nicht nur für den Wechselrichter, sondern für alle elektronischen Bauteile wie zum Beispiel Akkumulatoren und Smart-Home-Systeme.
  • Ertragsausfallentschädigung = Nicht nur im Falle eines Schadens verursacht von zum Beispiel Stürmen, sondern auch im Falle des inneren Betriebsschadens; sinnvoll dabei ist auch, auf eine ausreichende Höhe der Ausfallentschädigung zu achten sowie auf Unterschiede zwischen Winter- und Sommersaison.
  • Bedienfehler, Ungeschicklichkeit oder Vorsatz Dritter, Konstruktions- oder Materialfehler, Risiken während einer Montage, Ersatzteile sind nicht mehr lieferbar (Stichwort Technologiefortschritt) – und vieles mehr.

Noch ein wichtiger Hinweis für Versicherungsmakler:

Aktuell ist es so, dass bei der Anschaffung von PV-Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen keine Mehrwertsteuer fällig wird. Der Bund fördert den Ausbau von Photovoltaikanlagen zur Zeit massiv. Solange der Kunde nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist immer der Bruttopreis zu versichern, damit es nicht zur Unterversicherung kommt und der Kunde im Falle eines Schaden die Erstattung inklusive Mehrwertsteuer erhält.

Was sind häufige Gefahren, denen derartige Anlagen ausgesetzt sind?

Aus eigener Erfahrung und allgemein zugänglichen Statistiken wissen wir, dass über 20 Prozent der Schäden durch Brände verursacht werden. Sturm-, Hagel-, Schneedruck- und Überspannungsschäden durch Blitze summieren sich auf circa 50 Prozent aller Schäden. Aber auch Montagefehler sowie Materialermüdungen gehören zu den häufigeren Schäden. Im Laufe der Betriebszeit der Photovoltaikanlage häufen sich dann Ausfälle bei den Wechselrichtern und den Verbindungen, den sogenannten Strings.

Auch Diebstahl, Tierbisse, Böswilligkeit und technisches Versagen sind Schäden, mit denen sich unsere Schadenabteilung beschäftigt. Die einhergehenden finanziellen Schäden für den Kunden sind ebenfalls nicht zu unterschätzen, daher ist auch auf eine ausreichende Ertragsausfallentschädigung zu achten.

Wie hoch sind die Schadensummen für die genannten Schäden?

Natürlich kommt es bei den Schadenhöhen zunächst auf den Anschaffungswert der gesamten Anlage an, inklusive Verbindungen, Wechselrichter bzw. aller elektronischen Bauteile und gegebenenfalls auch der verbundenen Speicher. Totalschäden sind eher selten, können aber schon sehr belastend für den Kunden sein.

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Bei der PV-Anlage für ein Einfamilienhaus können 20.000 oder 30.000 Euro an Schadensumme entstehen. Dazu kommen noch Ertragsausfälle oder der Entfall der eigenen Stromversorgung und – im schlimmsten Fall – auch noch die Kosten für das zerstörte Speichermedium. Selbst für einen durch Überspannung nach Blitzschlag zerstörten Wechselrichter muss mit einer finanziellen Belastung von 3.000 bis 4.000 Euro gerechnet werden.

„Entgegen unseren Annahmen werden Module nicht günstiger“

Welche Unterschiede gibt es bei der Absicherung von netzgekoppelten Photovoltaikanlagen, Photovoltaik-Inselanlagen und Solarthermieanlagen?

Die Anlagen an sich sollten alle versicherbar sein. Ohne weiter auf die Besonderheiten der Anlagen einzugehen, möchte ich die Ertragsausfallentschädigung in diesem Zusammenhang besonders erwähnen.

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Eine netzgekoppelte Anlage speist Strom ein, deren Vergütung über eine entsprechende Ertragsausfalldeckung abgesichert sein sollte.

Bei einer Inselanlage ist es im Falle eines Ausfalls der zugekaufte Strom, der versichert sein sollte. Inselanlagen haben meist größere Batterieanlagen, die ebenfalls gegen innere Betriebsschäden und allgemeine Gefahren abgesichert sein sollten.

Bei einer Solarthermie ist es die Heizung und die Warmwasserversorgung, die im Falle einer Betriebsunterbrechung zugekauft werden muss.

Photovoltaik-Anlagen sind inzwischen auf privat genutzten Häusern, Mehrfamilienhäusern sowie gewerblichen Objekten zu finden. Worauf müssen Makler bei der Absicherung dieser Varianten achten?

Eine wichtige Rolle spielt bei der Abgrenzung von privat- und gewerblich genutzten Anlagen eine Betreiberhaftpflichtversicherung. Eine gewerblich genutzte Anlage befindet sich oftmals auf gemieteten Dächern. Oder es ist eine Bodenanlage. In beiden Fällen handelt es sich meist um größere Anlagen mit 100 KWp aufwärts. Hier ist auf eine adäquate Betreiberhaftpflichtversicherung zu achten, die auch Schäden an gemieteten Objekten absichert.

Solche Großanlagen haben auch meist Trafo-Stationen, die von vielen Versicherern gar nicht mitversichert werden – hier steckt die Tücke im Detail. Eine entsprechende Betreiberhaftpflichtversicherung erhalten Sie bei der Oberösterreichischen sogar als Single-Vertrag. Aber auch für den privaten Nutzer ist eine Betreiberhaftpflichtversicherung zu prüfen, denn nicht jede private Haftpflichtversicherung deckt beispielsweise einen Sach- oder Personenschaden, wenn die Solaranlage durch einen Sturm vom Dach gerissen wird und eine Sache beschädigt oder gar einen Menschen verletzt.

Wie hat sich der Markt für Photovoltaik-Versicherungen in den letzten Jahren entwickelt?

Auffällig ist, dass wir bisher immer davon ausgegangen sind, dass die Module alle Jahre günstiger werden und die Effizienz immer weiter zunimmt. Ersteres ist nicht mehr der Fall. Steigende Energiepreise sorgen dafür, dass Hersteller ihre Preise nach oben anpassen. Warum tun sie das? Steigende Strompreise sorgen für eine schnellere Amortisation einer PV-Anlage; und den Spielraum nutzen PV-Anlagen-Hersteller aus.

Zudem kommt ein Ressourcenmangel von zur Herstellung stark nachgefragten Rohstoffen und kommen Lieferengpässe. Steigende Ausgaben für Reparaturen und Beschaffung von Ersatzteilen oder Neuanlagen müssen zukünftig im Versicherungsschutz berücksichtigt werden. Daher werden wir in unserer neuen Photovoltaikversicherung KlimaPro auf diese Wertsteigerungen reagieren.

Sehen wir eine Standardisierung der Produkte? Oder sehen wir eine große Vielfalt an schwer vergleichbaren Produkten mit großen Leistungsunterschieden?

Eine Vergleichbarkeit herzustellen, wird laufend von Marktteilnehmern durchgeführt. Die Fallstricke stehen im Kleingedruckten. Und die konkreten Versicherungsbedingungen sind bei den Anbietern immer noch sehr unterschiedlich. Von einer Standardisierung wie bei einer Privathaftpflicht sind wir noch weit entfernt. Deshalb ist es nach unserer Auffassung auch besser, sich als Versicherungsmaklerin oder -makler an einen Spezialversicherer zu wenden, so wie wir einer sind.

Welche Obliegenheiten müssen Versicherungsnehmer beachten? Sollten Makler gezielt auf Pflichten – etwa rund um Wartung, Reparatur und Kontrollen – aufmerksam machen?

Es gibt behördliche Auflagen in den jeweiligen Gemeinden oder Ländern. Nach unseren Erfahrungen, auch bei der Schadenregulierung, spielt das Thema zumindest im Privatkundensektor eine untergeordnete Rolle. Die Montierungsvorschriften werden von den Fachbetrieben ohnehin eingehalten. Und wenn der Kunde die Anlage selbst montiert, ist ein Abnahmeprotokoll eines konzessionierten Fachbetriebes einzuholen.

Bei gewerblich genutzten Anlagen muss man schon genauer hinsehen. Hier gibt es unter anderem Brandschutz- und Montierungsauflagen, die eingehalten werden müssen. Auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung sorgt über ihre Unfallverhütungsvorschriften für Auflagen. Gewerbekunden sei empfohlen, hier mit Fachbetrieben geeignete Wartungsverträge zu schließen, die diesen gesetzlichen Auflagen nachkommen.

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Die Fragen stellten Mirko Wenig und Björn Bergfeld; der Text erschien zuerst im kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 01/2023.

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