„Das Nahbild des Vermittlers ist bei vielen Kunden positiv"
Zum schlechten Image der Vermittler-Branche und zum zunehmenden Engagement von Investoren bei Maklerpools befragten wir VOTUM-Vorstand und Rechtsexperte Martin Klein im zweiten Teil unseres Versicherungsbote-Interviews.
- „Das Nahbild des Vermittlers ist bei vielen Kunden positiv"
- „Wir alle dürfen das Thema Nachhaltigkeit nicht verpassen“
(Beim Thema Provisionsverbot kann die Branche inzwischen aufatmen. Denn wie die Finanzkommissarin Mairead McGuinness vom der EU-Kommission in einer Rede auf dem 'Eurofi High Level Seminar' in Stockholm mitteilte, ist das EU-weite Provisionsverbot vorerst vom Tisch, wie Versicherungsbote berichtete).
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Versicherungsbote: Wir haben von mehreren Maklern die Aussage gehört, dass sich die Menschen in Krisenzeiten wieder vermehrt nach persönlicher Beratung sehnen. Nichtsdestotrotz hat ja die Vermittlerbranche ein schlechtes Image. Was kann dazu beitragen, dass die Branche immer noch so einen schlechten Ruf hat? Was meinen Sie?
Martin Klein: Das ist schwer einzuschätzen. Wir haben sicher in der Vergangenheit Fehler gemacht – dass Marktzugänge geschaffen wurden für jeden und alle. Denken Sie an Göker oder Ähnliches, das ja in den Medien auch aufgearbeitet wurde. So etwas hat sicher zu einer Verschärfung des Vermittler-Bildes beigetragen. Nichtsdestotrotz ist das Nahbild sehr positiv bei vielen Kunden, mit denen man im Dialog ist.
Menschen kommen immer wieder zu mir und sagen: Ich habe einen Berater auf meiner Seite, auf den kann ich mich voll und ganz verlassen. Sobald Vermittler und Berater zeigen, dass sie nicht nur wegen der Abschluss-Situation beim Kunden sind, sondern über die Laufzeit, teilweise über Generationen hinweg bei Familien sind – und das sind viele Unternehmen bei uns im Verband mit Dreißigjähriger, Vierzigjähriger, Fünfzigjähriger Erfahrung –, dann schleift sich dieses negative Image aus.
Wie gesagt: wir haben ein positives Image auch immer schon erlebt bei Personen, die sich wirklich um ihre Kunden kümmern. Und da ist dieses Nahbild, das ich verkündet bekomme, ausschließlich positiv. Das hat gar nichts damit zu tun, ob das nun ein Makler, ein Mehrfachagent oder ein Ausschließlichkeitsvermittler ist – was zählt, ist der persönliche Einsatz. Wenn der Vermittler Unterstützung leistet im Schaden- oder BU-Fall oder sogar, wenn plötzlich der Ernährer der Familie verstirbt, sehen die Kunden auch: sie haben den Berater an ihrer Seite. Das wird dauerhaft zu einer Imageverbesserung beitragen.
Wenn man manche Vermittlerumfragen liest, könnte man zu dem Schluss kommen: Der Betreuung der Kunden steht eine überbordende Bürokratie gegenüber. Ich weiß gar nicht, wie oft inzwischen das Impressum geändert werden musste oder wie viele Unterschriften man tatsächlich braucht, um einen Vertrag zu bekommen. Haben Sie die Hoffnung, dass sich hier was ändern wird. Und gibt es auch Entwicklungen, die Ihnen Mut machen?
Na da fragen Sie mich was! Also beim Gesetzgeber habe ich die Hoffnung, dass er sich zu einem Bürokratie-Abbau mal durchdringen kann, tatsächlich ein wenig aufgegeben. Wir geben immer wieder diesen Impuls rein, dass da eigentlich was kommen muss. Ich denke aber: Wir werden aktuell nicht mehr erleben, dass der Gesetzgeber die Vermittlerbranche großartig entlastet. Sondern wir müssen mit den Gegebenheiten umgehen. Und dafür brauchen wir eben Partner am Markt, die uns, den Vermittler und den Makler, unterstützen. Da gibt es möglicherweise viele stille Helfer, die da sinnvolle Tools anbieten.
Positive Signale sehe ich im Kleinen. Wir haben in der Corona-Krise erlebt, dass wir Beratung auch auf die Distanz aufrechterhalten können, deswegen brauchen wir heutzutage vielleicht nur noch die Text- aber nicht mehr dringend die Schriftform . Wir kommen mit den elektronischen Vertragsabschlüssen auch von der Gesetzgebung her zurecht und können da viele Tools einsetzen. Aber der Trend kam eher aus der Digitalisierung und weniger aus der Regulierung, muss man ganz ehrlich sagen. Die Regulierung ist da eigentlich hinterher gelaufen.
Ansonsten haben wir das große Thema Altersvorsorge. Da haben wir natürlich die Hoffnung dass dieses Jahr bei der Bundesregierung der Knoten noch platzt und wir ein Nachfolgeprodukt der Riesterrente bekommen. Was wir hier derzeit aber hören, klingt ein bisschen nach einem Gemischtwarenladen zwischen „wir organisieren eine neue staatliche Rente“ und „wir machen tatsächlich bessere Angebote im Privaten“. Deswegen bin ich hier ebenfalls skeptisch, ob wir in diesem Jahr noch positive Nachrichten für die Branche bekommen werden.
Freuen Sie sich denn auf die digitale Rentenübersicht der Deutschen Rentenversicherung, die ebenfalls fertig werden soll?
Tja – wenn sie denn wirklich da ist und wir auch eine Schnittstelle bekommen für die Makler, dass sie leichter an die Daten heran kommen, dann wäre das ein sinnvolles Tun. Es darf aber nicht überkompliziert werden nach dem Motto: Jeder Makler muss sich mit dem digitalen Personalausweis des Kunden an dessen Computer setzen. Denn wir glauben nicht, dass der Kunde alleine anhand seiner Rentenübersicht einschätzen kann: „Stehe ich gut da oder muss ich noch etwas tun.“ Stattdessen braucht es den Berater, der die Daten ausliest und dem Kunden erklärt, was sie für dessen tägliches Leben bedeuten. Aber auch da bin ich eher am Zweifeln, ob das dann ohne Knirschen funktioniert.
In jüngster Vergangenheit lässt sich beobachten, dass ausländische Investoren vermehrt in Maklerpools einsteigen – mitunter auch solche, die gar nicht aus EU-Staaten kommen. Wie bewerten Sie das vermehrte Investoren-Engagement bei Maklerpools? Und wo sehen Sie Ursachen für diesen Trend?
Ja – das ist eigentlich eine spannende Entwicklung, weil sie dafür spricht, dass offensichtlich der Maklermarkt in Deutschland ein attraktiver ist. Denn Geld fließt nur dahin, wo es attraktive Renditechancen gibt. Das heißt: man glaubt offensichtlich an das Berufsbild und daran, dass es in Deutschland eine Zukunft hat. Das muss man ja auch mal sagen. Dort sind ja nicht irgendwelche Investoren unterwegs, die jetzt aus dem Bauch heraus entscheiden, sondern die gehen da heran mit einem gewissen Ziel und sagen: „Wo gibt es denn noch attraktive Renditen zu erwirtschaften? Und wo haben wir auch politisch ein sicheres Umfeld?“ Und das ist eigentlich ein positiver Blick auf den Maklermarkt.
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Deswegen sehe ich das nicht zwingend negativ – etwa, indem man sagen würde: „Da kommen jetzt lauter Heuschrecken!“. Sondern das Signal ist: der Markt kann sich weiterhin positiv entwickeln, so dass hier gute Chancen liegen.
„Wir alle dürfen das Thema Nachhaltigkeit nicht verpassen“
Aber verstärkt die Entwicklung nicht die Tendenz zu Oligopolen am Markt, so dass die Gefahr besteht: am Ende bleiben zwei bis drei übermächtige Unternehmen übrig?
Ich sehe schon die Tendenz, viele kleine Anbieter zu Plattformen zusammen zu führen. Das liegt aber auch daran, dass kleinen Anbieter zusehends gezwungen sind, immer mehr Geld in die Hand zu nehmen, um attraktive technische Lösungen zu entwickeln. Das macht man heutzutage nicht mehr zu zweit in einer Garage, sondern da ist Manpower und Einsatz notwendig. Und das muss gegenfinanziert werden, dafür braucht es Kapital. Deswegen ist dieser Konzentrationsprozess aus meiner Sicht ein ganz normaler.
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Dennoch werden wir weiterhin ein breites Angebot haben. Wir werden mehrere Player am Markt haben – und diese werden tunlichst daran interessiert sein, dass Kunden nicht weggehen zum Konkurrenten. Dass wir jetzt ein alles erdrückendes Monopol bekommen, das die Makler gängelt – diese Gefahr sehe ich nicht.
Ein großes Thema für Pools im Moment ist auch Bestandsgeschäft. Das kann man natürlich auch zur Bindung der Makler nutzen. Also Blau direkt stellt zum Beispiel auch Kredite zur Verfügung für Makler, die Bestände kaufen wollen, Fonds Finanz lässt besonders gute Makler über das Loyalty-Programm den eigenen Bestand verwalten usw. usf. Ist das gerade so ein bisschen der Trend? Beobachten Sie das auch an anderen Stellen im Markt?
Sehen Sie mir bitte zunächst nach: Mein Blick ist tatsächlich nach Berlin und Brüssel gerichtet und sehr stark an regulativen Thematiken orientiert. Ich schaue mir da nicht jedes Angebot an, das auf dem Markt erfolgt. Selbstverständlich ist aber: Zum einen haben wir Makler, die sich aktiv selbst um den Bestandsnachlass kümmern und darum kümmern, wer zukünftig den Bestand betreut. Und es gibt auf der anderen Seite eben Makler, die sagen: „Ich kann meinen Job heute schon nicht mehr so machen, wie ich ihn machen möchte, aber ich kenne auch niemanden, der sich mit meinem Bestand beschäftigen möchte.“ Diese nutzen dann Pools, bekommen dann auch für eine gewisse Zeit noch eine Art „Maklerrente“ bezahlt. Und sie haben zugleich das sichere Gefühl, dass es einen neuen Betreuer für ihre Bestände gibt.
Ich sehe das wirklich positiv. Denn unbetreute Bestände sind auch etwas, das unserem Image nicht hilft – wenn der Kunde zum Beispiel in einer Situation nicht weiter weiß und keinen Ansprechpartner hat. Das ist nicht gut. Deswegen halte ich Bestandskäufe unter den Fittichen eines Pools für ein sehr gutes Instrument, damit Bestände nicht unbetreut irgendwo herum liegen, sondern es für die Kunden auch Ansprechpartner gibt.
Und auch haftungstechnisch ist eine Weiterbetreuung der Bestände natürlich wichtig – Verträge müssen angepasst, Risiken nachjustiert werden. Denn der Kunde hat vielleicht noch irgendwo in der Schublade einen Maklervertrag liegen, der garantiert: Der Makler kümmert sich. Kommt es jedoch zur Unterdeckung, kann das auch für einen ausscheidenden Makler zum Problem werden, falls er die Nachfolge nicht entsprechend regelt. Zumal der Versicherer ja aus laufenden Verträgen auch immer noch Prämien vereinnahmt.
Welche Entwicklungen und Trends sollte ein Versicherungs- und Finanzanlage-Vermittler aus Ihrer Sicht im Auge behalten… weil sie mitentscheiden könnten, wer sich auf dem Markt behauptet?
Also ich begleite ja Makler und auch größere Betriebe eher regulativ, kenne dadurch nicht jeden Digitalisierungstrend. Aber ich denke: ein Makler sollte dafür Sorge tragen, dass sein Bestand für ihn zugänglich bleibt, er rein rechtlich beweglich bleibt bei Kündigungsfristen und ähnlichem und er auch mit seinem Maklerbestand agieren und er davon leben kann. Er sollte die Bedingungen seiner Produkte gut im Blick haben und gute Vergleiche fahren und gute Angebote machen können. Und er sollte auch zum breiten Markt Zugang haben. Hierfür ist ein technisch gutes Umfeld wichtig. Aber da sehe ich beim Kurs, den auch wir haben im Verband, eine stetige Fortentwicklung. Das wird eigentlich immer mehr ein Schritt hin zu einem besseren Angebot, weil sich in den letzten Jahren quasi alle großen Pools in diesem Bereich deutlich verbessert haben und ihren Kunden – in diesem Falle den Maklern – nun ein besseres Angebot bieten.
Welchen Trend wir alle nicht verpassen dürfen auch aus innerer Überzeugung, das ist das Thema Nachhaltigkeit. Da sollte kein Makler sagen: das würde seine Kundschaft nicht interessieren, das ist den Kunden egal. Natürlich wird es immer auch Kunden geben, denen ist Nachhaltigkeit nicht wichtig oder ist nur „nice to have“. Aber auf diese Kundengruppen sollte man sich nicht verlassen, die werden schrumpfen. Und die nächsten Kundengruppen, die man sich erschließt, die werden Nachhaltigkeit als selbstverständlich betrachten – und werden auch wie selbstverständlich erwarten, dass ihnen ein Makler oder Finanzanlagenvermittler zur Nachhaltigkeit Erklärungen geben kann. Bei diesem Thema sollte man unbedingt mit dabei sein.
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Hintergrund: Das Gespräch ist Teil eines Interviews aus dem kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 01/2023.
- „Das Nahbild des Vermittlers ist bei vielen Kunden positiv"
- „Wir alle dürfen das Thema Nachhaltigkeit nicht verpassen“