Baufinanzierung: Zahl der neu genehmigten Wohnungen bricht ein
Steckt Deutschland in einer Baukrise? Die Zahl der neu erteilten Baugenehmigungen ist laut Statistischem Bundesamt im Vergleich zum Vorjahr regelrecht eingebrochen. Von Januar bis Februar 2023 wurden demnach 23,4 Prozent weniger Wohnungen gebaut, die Zahl der genehmigten Einfamilienhäuser ging sogar um 28,4 Prozent zurück. Als einen Grund nennt die Behörde die gestiegenen Baukosten.
In Deutschland fehlen im Jahr 2023 rund 700.000 Wohnungen, so eine Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE. Sozial- und Mieterverbände fordern deshalb eine große Bauoffensive. Doch danach sieht es derzeit nicht aus, im Gegenteil. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch mitteilt, ist die Zahl der Baugenehmigungen zum wiederholten Male deutlich eingebrochen.
Anzeige
In den ersten zwei Monaten 2023 genehmigten den Behörden demnach insgesamt 44.200 Wohnungen. Das waren 23,4 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. In den Ergebnissen sind sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.
Vor allem beim Neubau hapert es. In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis Februar 2023 insgesamt 37.500 Wohnungen genehmigt. Das waren 25,6 Prozent oder 12.900 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. Den stärksten prozentualen Rückgang gab es bei den Zweifamilienhäusern, deren Genehmigungen um mehr als die Hälfte (52,4 Prozent) oder 2.900 Wohnungen sanken. Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser ging um 28,4 Prozent (-3.700) auf 9.300 zurück. Auch bei der zahlenmäßig wichtigsten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich, und zwar um 23,0 Prozent auf 23.700 Wohnungen.
Steigende Baupreise und Bauzinsen
Besorgniserregend ist, dass sich der Trend zu weniger Wohnungsbau verfestigt. Laut Statistischem Bundesamt sank die Zahl der Baugenehmigungen den zehnten Monat in Folge. „Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem hohe Kosten für Baumaterialien und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben“, berichten die Statistiker im Pressetext zu den aktuellen Zahlen.
Wie das Bundesamt bereits im Februar meldete, verteuerten sich demnach die Baumaterialien 2022 rasant. Stabstahl war demnach im Jahresdurchschnitt 2022 um 40,4 Prozent teurer als im Jahresdurchschnitt 2021, Blankstahl um 39,1 Prozent, Betonstahlmatten um 38,1 Prozent und Stahlrohre kosteten 32,2 Prozent mehr. Stahl wird oft in Verbindung mit Beton unter anderem im Rohbau zur Verstärkung von Bodenplatten, Decken oder Wänden eingesetzt. Auch Flachgas, das für Fenster und Glastüren verwendet wird, verteuerte sich um 49,3 Prozent.
Deutlich zugelegt haben im Jahr 2022 aber auch die Preise für Arbeiten am Bau. Insgesamt verteuerten sich die Preise für den Neubau von Wohngebäuden im Jahresdurchschnitt 2022 um 16,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das ist die höchste gemessene Änderung binnen Jahresfrist seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1958.
Anzeige
Hinzu kommt, dass auch die Baufinanzierung deutlich teurer geworden ist. Seit Ende 2021 haben sich die Bauzinsen in der Spitze vervierfacht, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen, zu denen sich Kreditinstitute Geld leihen können, mehrfach angehoben hat. Mitte April 2023 stiegen die Bauzinsen für zehnjährige Darlehen auf vier Prozent und mehr, nachdem sie zum Jahresanfang 2022 noch bei rund einem Prozent gelegen hatten. Das merken auch die Baufinanzierer. Die Neuanträge auf Baufinanzierungen sind Ende 2022 laut dem Verband "Zentrale Immobilien Ausschuss" (ZIA) um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen.