Intelligent Underwriting: ein Muss für Kundenzufriedenheit, Profitabilität und Effizienz
Verstärkt Daten- und Analytics-getriebenes Underwriting ermöglicht bessere Risiko- und Pricingentscheidungen, beschleunigt Prozesse und kann gleichzeitig die Sales Journeys verbessern, meint Markus Zimmermann. Er leitet den Bereich Versicherungen bei dem Strategieberatungsunternehmen Accenture. In seiner Kolumne 'Zimmermanns Versicherungstrends' analysiert er Trends und zeigt auf, wie die Branche damit umgeht.
- Intelligent Underwriting: ein Muss für Kundenzufriedenheit, Profitabilität und Effizienz
- Zunehmende Automatisierung und moderne Analytics im Underwriting
- Intelligentes Underwriting als Voraussetzung für moderne Verkaufs-Journeys
Intelligentes Underwriting, datengetriebenes Pricing – das gab es bei Versicherungen doch schon immer, oder? Das stimmt natürlich, denn die Risikobewertung und Bepreisung von Versicherungen basiert von jeher auf der Einschätzung von Risiken und einer Preisfindung auf Grundlage unterschiedlichster Daten. Trotzdem stimmt die Aussage nur teilweise, denn das Underwriting entwickelt sich in vielen Dimensionen rasant weiter: In der umfassenden Steuerung von Risikoprofil und Profitabilität, in der zunehmenden Verschmelzung von Vertrieb, Underwriting und Pricing, in der Automatisierung der Prozesse und natürlich in der Verfügbarkeit und Nutzung relevanter Daten. Was also ist neu, wenn wir heute von „Intelligent Underwriting“ sprechen?
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Underwriting profitiert von wachsender Datenbasis
Wichtigste Basis für eine gute Underwriting-Entscheidung ist und bleibt die Verfügbarkeit und Bewertung aller relevanten Daten. Angesichts stetig zunehmender Datenquellen und Analysefähigkeiten stellt sich somit die Frage: Wie können Daten heute nutzenmaximierend im Underwriting eingesetzt werden? Die erste (und oft auch größte) Herausforderung liegt bereits im Zugang zu allen im Unternehmen intern vorhandenen Daten. Durch historisch gewachsene, föderale Architekturen von Systemen und Datenhaltung hat ein Versicherer oft weitaus mehr Daten als er im konkreten Underwriting-Fall nutzt. Ähnliche Situation bei der zweiten Herausforderung: Der Einbindung externer Daten im Underwriting-Prozess. Hier geht es insbesondere um die kontinuierliche Identifikation und Priorisierung externer Dateninputs mit echter Relevanz für das Underwriting, um nicht Unmengen sonstiger Daten zusätzlich in die internen Analyseprozesse einzuspeisen.
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Einige Versicherer haben in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, wie enorme Potenziale bei Risikobewertung und Profitabilität durch gezielte Nutzung einer breiteren und tieferen Datenbasis realisiert werden konnten – von umfassenden Kundeninsights über angereicherte Risikobewertungsdaten bis hin zur Nutzung geographischer oder sozio-demografischer Informationen beispielweise in der Sachversicherung. Entscheidend ist stets die effektive Zusammenführung aller internen und externen Underwriting-relevanten Daten und Informationen. Technologisch gibt es heute zahlreiche Lösungsoptionen, von Datenextraktion über Datenpools bis hin zu Cloud-basierten Datenplattformen. Es gibt also keine „Ausreden“ mehr, warum nicht sämtliche internen und externen Datenpunkte für eine gute und treffgenaue Underwriting-Entscheidung genutzt werden können.
Zunehmende Automatisierung und moderne Analytics im Underwriting
Neben der Verfügbarkeit und Zusammenführung von internen sowie externen Daten ist natürlich die Fähigkeit zur Datenanalyse ein zentraler Erfolgsfaktor für intelligentes Underwriting – sowohl für die Herleitung fachlicher Entscheidungen als auch für die zunehmende Prozessautomatisierung.
Sämtliche Daten sind im Underwriting natürlich nur von Vorteil, wenn diese zum richtigen Zeitpunkt, an den relevanten Entscheidungs- und Prozesspunkten sowie im richtigen Kontext eingesetzt werden können. Eine wachsende Zahl an Unternehmen greift hierfür, zumindest in Teilbereichen, den Ansatz der „Datendemokratisierung“ auf. Die Idee ist, einer großen Anzahl an Mitarbeitenden einen einfachen und breiten Zugang zu vorhandenen Daten und Analysetools zur Verfügung zu stellen. Anstelle von komplexen, schulungsintensiven Tools und restriktiven Datenzugängen tritt die Philosophie in den Vordergrund, die Mitarbeitenden selbst zu befähigen. Die Analysetools müssen simpel sein und einen breiten Zugriff auf Daten bieten, so dass Mitarbeitende diese unkompliziert in ihre (tägliche) Arbeit einbinden können. Natürlich wird nicht jeder Underwriter separat seine individuelle Nutzung von Daten und Analysetools definieren. Es braucht letztlich ein übergreifendes Vorgehen für relevante Risiko-, Pricing- und Geschäftsentscheidungen. Nichtsdestotrotz führt eine steigende „Datendemokratisierung“ dazu, dass kontinuierlich innovative Ideen entstehen und das Underwriting Schritt für Schritt seine Daten- und Analytics-Basis erweitert.
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Auf Basis eines breiten Datenpools ergeben sich auch neue Potenziale der Automatisierung. Wo früher fehlende Informationen durch Erfahrung des Underwriters ergänzt wurden, bieten sich Ansätze für eine regelbasierte Automatisierung. KI-basierte Technologien können bereits sehr gut unstrukturierte in strukturierte Daten überführen. Mit NLP-Technologien können Sprach-, Text- und Bildinformationen aus der Risikoprüfung so aufbereitet werden, dass diese für eine automatisierte Weiterverarbeitung verwendet werden können. Hierbei können auch KI-gestützte Entscheidungslogiken genutzt werden, um Bereiche zu erschließen, die aufgrund zu geringer Fallzahlen oder zu hoher Komplexität bislang noch nicht automatisiert wurden.
Doch nicht in jedem Fall muss der Einsatz daten- und KI-gestützer Technologien zu vollständiger Prozessautomatisierung führen. Oftmals können Mitarbeitende auch durch Zulieferung von Daten und Analysen im Underwriting-Prozess passgenau unterstützt werden, wodurch sich Qualität und Geschwindigkeit der Bearbeitung signifikant steigern lassen.
Eine fortlaufende Aktualisierung und Anreicherung der Datenbasis, sowie deren kontinuierliche Bewertung durch KI ermöglicht zudem schnelle Reaktionen auf externe und interne Geschehnisse. Neue Informationen wie z.B. die Erhöhung des Rechnungszinssatzes oder Unternehmensentscheidungen zum Ausschluss bestimmter Risiken (regional, Pandemie, Cyber, etc.), können somit über die KI unmittelbar in aktuelle Underwriting-Guidelines integriert und in Echtzeit live gesetzt werden.
Perspektivisch werden Versicherer interne und externe Daten nutzenmaximierend in ihre Prozesse integrieren und daraus sowohl relevante Informationen über Kund:innen extrahieren, als auch Handlungsoptionen ableiten. Das macht Versicherungsunternehmen in der Zukunft zu Hütern sensibelster Datenschätze. Eine entsprechende Verpflichtung der Versicherer zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Daten innerhalb des Unternehmens ist dabei Voraussetzung. Zeitgleich müssen diese einen hohen Schutz der Daten vor externen Zugriffen sicherstellen. Was attraktiv für den Versicherer ist, lockt auch viele weitere Interessierte – Datenschutz und IT-Security werden also noch wichtiger.
Intelligentes Underwriting als Voraussetzung für moderne Verkaufs-Journeys
Endkund:innen, Vertriebs- und Ökosystempartner erwarten einfache und schnelle Abschluss-Journeys, vor allem im Retail-B2C-Segment. Durch die zunehmende Verschmelzung von Vertrieb, Underwriting und Pricing rückt das Underwriting immer näher an den Point of Sale (PoS). Im Underwriting wird auf Einzelfallbasis entschieden, ob der Versicherer bereit ist, das Risiko zu den vorgegebenen Konditionen zu übernehmen. Doch was davon müssen Antragsteller:innen, Vertriebs- oder Ökosystempartner sehen und spüren?
Die Antwort ist klar: Kund:innen oder Partner sollen von den komplexen Hintergrundprozessen des Versicherers gar nichts spüren. Sie wünschen sich einen möglichst schnellen und unkomplizierten Prozess – von der initialen Anfrage bis zum Abschluss, verbunden mit hoher Transparenz in Hinblick auf die zugrundeliegenden Entscheidungslogiken. Umso wichtiger also, dass intelligentes Underwriting alle verfügbaren Daten aus allen Quellen und Touchpoints nutzt und ein hoher Grad an Automatisierung sowie Analytics-gestütze Underwritingprozesse für schnelle Entscheidungen sorgen. Ob Online-Abschlussstrecke, Makler:innen-Anfrage oder Ökosystem-Einbindung: Die Underwriting-Antwort wird von den Antragssteller:innen in Echtzeit erwartet.
Bei einem Absprung zu Versicherungslösungen aus einem bestehenden Ökosystem können beispielsweise auch vorhandene Daten über Nutzer:innen verwendet werden, um Anträge vorzubefüllen und die Bequemlichkeit im Prozess weiter zu fördern – und gegebenfalls ohne Aufwand alle Underwriting-relevanten Informationen zu erhalten. Dies setzt ein Vertrauen zum Ökosystem-Orchestrator wie auch zum Versicherer voraus, verantwortungsvoll mit den gesammelten Daten umzugehen und diese stets im Interesse der Kund:innen zu nutzen.
Intelligent in Underwriting investieren
Die skizzierten Themenfelder zeigen: Verstärkt Daten- und Analytics-getriebenes Underwriting wird zum Muss für die Versicherungsbranche. Es ermöglicht bessere Risiko- und Pricingentscheidungen und trägt damit zur Steigerung der Profitabilität bei. Es erleichtert und beschleunigt die Underwriting-Prozesse und ermöglicht dadurch Effizienzgewinne. Und last, but not least: Es trägt entscheidend dazu bei, die Erwartungen von Kund:innen, Vertrieben und Partnern im Zuge ihrer Sales Journeys zu erfüllen.
Um diese Effekte nachhaltig zu erreichen, braucht es einen Push von Prozessinnovation und Analytics-Einsatz im Underwriting. Die klassischen Underwriting-Skills werden auch künftig dringend gebraucht, aber sie müssen um umfassendes Daten-Know-how sowie KI-basierte Prozessunterstützung und -automatisierung ergänzt werden. Wer hier konsequent investiert, trifft eine in vielerlei Hinsicht intelligente Entscheidung für sein Versicherungsunternehmen.
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- Intelligent Underwriting: ein Muss für Kundenzufriedenheit, Profitabilität und Effizienz
- Zunehmende Automatisierung und moderne Analytics im Underwriting
- Intelligentes Underwriting als Voraussetzung für moderne Verkaufs-Journeys