So kommunizieren Versicherungen in Social Media
Wie sehr nutzt die Versicherungsbranche das Potenzial der sozialen Medien? Dieser Frage widmete sich die Agentur EPHNY aus München. Im Gastbeitrag stellen Sonja Götz und Martin Römhild die Ergebnisse vor und räumen u.a. mit dem Irrtum auf, dass TikTok nicht für Versicherer geeignet sei.
- So kommunizieren Versicherungen in Social Media
- Irrtum: TikTok ungeeignet für Versicherungen
In unserer Analyse von 30 der bekanntesten Versicherungsunternehmen haben wir erstaunliche Erkenntnisse gewonnen, die vor allem eines deutlich zeigen: Hier werden noch viele Chancen verpasst.
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In unserer Studie untersuchen wir die Social-Media-Auftritte von 30 Versicherungen und vergleichen verschiedene Aspekte, beispielsweise die erzielte Reichweite, die Anzahl und Frequenz von Postings und das vermutlich eingesetzte Mediabudget.
Dabei beleuchten wir das erste Quartal 2023 und stellen die Ergebnisse dem vierten Quartal 2022 gegenüber, um etwaige Veränderungen in der Branche zu erkennen. Welche Versicherungen hatten die höchste Sichtbarkeit in Social Media und wie wurde diese erreicht? Welche Veränderungen hat es im Ranking gegeben und welche Rückschlüsse lassen sich daraus ziehen?
Um diese Fragen zu beantworten, betrachten wir zunächst, welche Social-Media-Kanäle genutzt werden. Hier fällt auf, dass Meta beim Gros der Branche den höchsten Stellenwert hat, wenn es um die Anzahl veröffentlichter Beiträge geht. YouTube hat sich zumindest bei über zwei Dritteln der Versicherungsunternehmen etablieren können, während TikTok und Pinterest noch sehr stiefmütterlich behandelt werden.
Auf den ersten Blick ist das wenig überraschend. Insbesondere TikTok als Entertainment-Plattform und Pinterest als Inspirationskanal wirken im ersten Moment völlig unpassend, um komplexe Versicherungsthemen zu transportieren.
Doch dass hier tatsächlich ein großes Potenzial für Versicherungen liegt, wird deutlich, wenn man sich die Reichweiten der unterschiedlichen Social-Media-Kanäle genauer ansieht. Während auf Facebook und Instagram zwar die meisten Posts veröffentlicht werden, erzielen diese in der Regel eine deutlich geringere Reichweite als Beiträge auf YouTube und TikTok.
Natürlich muss an dieser Stelle auch das eingesetzte Mediabudget berücksichtigt werden, das die Reichweiten maßgeblich beeinflusst. Die Versicherungen mit den höchsten Reichweiten investieren massiv in YouTube. Auf Facebook und Instagram entfällt ein deutlich geringerer Anteil des Budgets, was die niedrigeren Reichweiten zumindest teilweise erklärt.
Irrtum: TikTok ungeeignet für Versicherungen
Bisher zeichnet sich also folgendes Bild ab: Beim Veröffentlichen von Beiträgen setzen beinahe alle Versicherungen am stärksten auf Facebook und Instagram. Die „Reichweiten-Champions“ verdanken ihre hohe Sichtbarkeit aber nicht Meta, sondern Plattformen wie YouTube und TikTok, in die auch das meiste Mediabudget fließt. Offenbar schaffen die Videoplattformen also hohe Reichweiten zu vergleichsweise niedrigen Kosten.
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Wieso sie dann im Redaktionsplan seltener berücksichtigt werden, kann nur gemutmaßt werden – ein erhöhter Betreuungs- und auch Produktionsaufwand für Videoinhalte könnten Gründe dafür sein. Vielleicht steht aber auch das Vorurteil im Weg, dass gewisse Social-Media-Kanäle für Versicherungen ungeeignet wären.
Ein Irrtum, der beim erneuten Betrachten unseres Reichweiten-Rankings erkennbar wird: Die Versicherungskammer Bayern und die HDI Group haben in Q1/2023 mit TikTok gestartet und sind dadurch im Vergleich zu Q4/2022 um zwölf beziehungsweise neun Plätze aufgestiegen.
Auch Zurich und ARAG konnten durch ihren Fokus auf YouTube ihre Reichweiten erhöhen und somit vier beziehungsweise sechs Plätze vorrücken. Die Debeka zeigt, dass es auch ohne den größten Budget-Topf geht: In puncto Reichweite belegt sie den zweiten Platz, landet aber im Budget-Vergleich nur auf Platz sechs. Hier wird also mit vergleichsweise geringem Ad Spend eine sehr hohe Reichweite erzielt – vorrangig auf TikTok.
Es lassen sich also folgende Erkenntnisse festhalten: Die reichweitenstärksten Versicherungen setzen vermehrt auf Social-Media-Kanäle abseits von Meta. Dabei ist das Einsetzen von Mediabudget zwar obligatorisch, aber mit den richtigen Inhalten kann ein vergleichsweise niedriges Mediabudget für eine hohe Sichtbarkeit sorgen. Gerade TikTok und Pinterest bieten zudem den großen Vorteil, dass die Konkurrenz in der Versicherungsbranche aktuell mehr als überschaubar ist – eine riesige Chance, um sich hier einen festen Stand zu verschaffen und auch jüngere Zielgruppen zu erreichen.
So wurden die Daten erhoben: Bei der Kalkulation wurden Schätzungen zu den Post-Impressionen für Q1/2023 angestellt und basierend auf Branchen-Benchmarks ein monetärer Gegenwert errechnet. Die Daten basieren ausschließlich auf öffentlichen Zahlen von öffentlichen Postings und sind Hochrechnungen, die einen Anhaltspunkt darstellen sollen. Das Mediabudget der einzelnen Versicherungsunternehmen kann also zwei- bis dreimal höher ausfallen. Zudem vermischen sich oft die Budgettöpfe von Social Media und Marketing, sodass die Angaben lediglich als grobe Richtwerte zu betrachten sind.
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- Irrtum: TikTok ungeeignet für Versicherungen