Späterer Renteneintritt kann das Sterberisiko erhöhen
Forderungen nach einer längeren Lebensarbeitszeit werden in der Debatte um die Zukunft des Rentensystems immer wieder erhoben. Eine aktuelle Studie zeigt allerdings, dass ein späterer Renteneintritt das Sterberisiko erhöhen kann.
Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel hält eine längere Lebensarbeitszeit für „unabdingbar“ und der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen plädiert dafür, die abschlagsfreie Rente mit 63 abzuschaffen und die Abschläge generell zu erhöhen, um „Mehrbeschäftigung im Alter“ zu erreichen.
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Doch eine Untersuchung, an der auch deutsche Universitäten beteiligt waren, zeigt, dass ein späterer Renteneintritt das Sterberisiko erhöhen kann. Für die Studie des EPoS Research Center an der Universität Mannheim (Englisch) untersuchten Forscher Sozialversicherungsdaten aus Spanien. Und zwar bevor und nachdem im Jahr 1967 eine Rentenreform stattfand, bei der das Renteneintrittsalter angehoben wurde.
Diejenigen, die vor dem Stichtag eingezahlt hatten, durften weiterhin mit 60 Jahren in Rente gehen, während diejenigen, die danach ihre ersten Beiträge leisteten, erst mit 65 Jahren in Rente gehen konnten.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine Verzögerung des Renteneintritts um ein Jahr das Sterberisiko zwischen dem Alter von 60 und 69 um 4,2 Prozentpunkte erhöht. Dabei wirkt sich die Verzögerung des Renteneintritts je nach den Arbeitsbedingungen in den letzten Beschäftigungsjahren unterschiedlich auf die Lebenserwartung aus.
Personen in körperlich anstrengenden Berufen, die hohen psychosozialen Belastungen ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Sterberisiko, wenn sie das Recht auf Frühverrentung verlieren. Hingegen zeigten Arbeitnehmer mit Erfolgserlebnissen und Anerkennung am Arbeitsplatz keine negativen Auswirkungen auf ihre Sterblichkeit.
Des Weiteren ergab die Studie, dass Menschen, die eine Teilrente beanspruchen konnten, eine niedrigere Sterblichkeitsrate aufwiesen. Ein schrittweiser Übergang in den Ruhestand, beispielsweise durch eine Reduzierung der Arbeitsstunden am Ende des Berufslebens, kann den negativen Auswirkungen eines längeren Arbeitslebens entgegenwirken.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es keine einheitliche Lösung für den Ruhestand geben kann und dass eine Politik, die den Zugang zum Vorruhestand generell abschafft, sozio-ökonomische Ungleichheiten bei der Lebenserwartung verschärfen kann. Flexible Ruhestandsregelungen und schrittweise Übergänge könnten dazu beitragen, die Herausforderungen einer alternden Bevölkerung zu bewältigen und gleichzeitig die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen.
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Es ist wichtig zu beachten, dass diese Ergebnisse auf der spezifischen Untersuchung der Rentenreform in Spanien basieren und möglicherweise nicht direkt auf andere Länder übertragbar sind. Dennoch liefert die Studie wertvolle Erkenntnisse über die potenziellen Auswirkungen eines späteren Renteneintritts auf die Sterblichkeit und betont die Bedeutung flexibler Ruhestandsregelungen.