Celine Nadolny: "Ein gutes Finanzbuch braucht ein wissenschaftliches Fundament"
Celine Nadolny ist mit "Book of Finance" erfolgreiche Sachbuch-Bloggerin, Existenzgründerin: und seit einiger Zeit auch Buchempfehlerin beim Versicherungsboten. Von einer Jury wurde sie auf die Forbes-Liste "30 Under 30" gewählt, die junge, inspirierende Menschen auszeichnet. In einem zweiteiligen Interview erzählt die 25-Jährige von ihren Anfängen als Bloggerin, ihren Kriterien bei der Bewertung von Büchern und warum sie sich so leidenschaftlich für das Thema Finanzen interessiert.
- Celine Nadolny: "Ein gutes Finanzbuch braucht ein wissenschaftliches Fundament"
- "Ein Sachbuch sollte ein wissenschaftliches Fundament haben"
Versicherungsbote: Sie haben sich als Bloggerin auf Bücher zu den Themen Business, Geldanlage und Finanzen spezialisiert. Wie sind Sie auf Ihr Thema gekommen? Was hat Ihr Interesse an Finanzen geweckt?
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Celine Nadolny: Es war tatsächlich ein Buch – wie könnte es anders sein -, das mir vor mittlerweile gut 10 Jahren die Augen geöffnet hat und mein Interesse für das Thema Finanzen entfachte. Während eines Praktikums bekam ich mit 16 Jahren mit Rich Dad Poor Dad von Robert T. Kiyosaki mein erstes Finanzbuch geschenkt.
Ich hatte schon immer viel gelesen, aber eben keine Sachbücher. In meinem ersten Finanzbuch las ich dann auf einmal von Investitionen, Aktien, Immobilien und der finanziellen Freiheit. Alles Themengebiete, von denen ich während meiner Schulzeit rein gar nichts vermittelt bekommen habe. Meine Neugierde war geweckt und ein Buch folgte auf das nächste.
Dabei setzte sich ziemlich schnell die Erkenntnis in mir durch, dass wir uns alle irgendwann mit unseren Finanzen auseinandersetzen müssen, ob wir wollen oder nicht. Je länger wir damit warten, desto unschöner kommt das Thema auf uns zurück.
Die Idee, über Sachbücher zu diesen Themen zu bloggen, entstand aus einem persönlichen Bedürfnis heraus. Denn ich suchte immer wieder nach neuen Büchern, um meinen Wissensdurst zu stillen, und wurde irgendwann nicht mehr fündig. So entschied ich mich kurzerhand, exakt die Plattform aufzubauen, die ich mir selbst immer gewünscht hätte.
…und was entgegnen Sie jungen Menschen, die sagen: „Finanzen - das ist nichts für mich! Zu trocken und langweilig“?
Genau das ist mein Hauptanliegen mit meinem Blog Book of Finance: Mehr und mehr Menschen zum Lesen zu animieren und ihnen die Angst vor vermeintlich trockenen Themengebieten wie Finanzen, Steuern etc. zu nehmen.
Es mag sein, dass diese Themen zunächst nicht sonderlich spannend klingen, aber wenn man ihnen eine kleine Chance gibt, wird man ziemlich zügig verstehen, was für Möglichkeiten einem nicht nur ein solides finanzielles Fundament, sondern auch ein Verständnis für die Zusammenhänge von Unternehmertum, Finanzen und Steuern im Leben bieten können.
Wem die Aussicht auf eine mögliche finanzielle Freiheit oder zumindest einen größeren finanziellen Spielraum nicht attraktiv genug erscheint, dem hilft vielleicht auf der anderen Seite die Gewissheit, dass sich vor allem junge Menschen direkt in die Altersarmut manövrieren, wenn sie nicht handeln.
Hatten Sie eine Strategie, als Sie als Finanz-Bloggerin angefangen haben? Was hat gut funktioniert - und wo gab es vielleicht auch Widerstände?
Nein, ich hatte keine wirkliche Strategie. Ich wollte schlichtweg eine breite Masse an Buchrezensionen veröffentlichen, immer mal wieder Stellen aus den Büchern mit meiner Community diskutieren und so meine Leidenschaft zum Lesen mit anderen teilen.
Erst durch ein ausführliches Community-Feedback kam dann die Gewissheit, dass sich die Menschen nicht nur für meine Buchrezensionen, sondern auch für meine Meinung und Expertise interessieren.
So habe ich begonnen, Stück für Stück neben meinen Rezensionen auch mein Wissen aus den mittlerweile über 700 gelesenen Sachbüchern weiterzugeben und das traf auf so fruchtbaren Boden, dass mein Blog danach durch die Decke ging.
Gerade der schnelle Erfolg, mein Alter, mein Geschlecht und meine Optik haben selbstverständlich immer wieder für Widerstände gesorgt. Auch meine ehrliche Art gegenüber den Abgründen der Finanzbranche – auch innerhalb der Finanzblogger-Szene – hat mir nicht unbedingt viele Freunde beschert. Aber das war eben auch nie mein Antrieb. Mir war von Beginn an klar, dass man als Sachbuchkritikerin auf Unmut stoßen wird. Ich möchte einfach stets authentisch sein und werde mir niemals den Mund verbieten lassen, nur weil ich auf Missstände hinweise oder nicht der gesellschaftlichen Norm entspreche.
Gibt es Menschen, die Sie auf Ihrem Weg inspiriert haben? Von denen Sie vielleicht sogar sagen: Sie haben meinen Wunsch beeinflusst, mich als Bloggerin und Finanzexpertin selbstständig zu machen?
Es war tatsächlich niemals mein Wunsch, mich als Bloggerin selbständig zu machen. Es ist mit der Zeit einfach so entstanden. Ich habe nicht einmal gezielt Bücher zu diesen Themen gesucht. Meine Community und all meine Vertrauten und Förderer haben dafür gesorgt, dass ich heute das Privileg habe, meinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, mich selbst weiterzubilden und mein Wissen kostenlos an meine Community weiterzugeben.
Inspiration sind für mich unglaublich viele Menschen im Leben. Ich versuche in allen Situationen etwas mitnehmen zu können, stets mit offenen Augen durch die Welt zu streifen und ewig zu lernen. Das fängt im privaten Umfeld an, erstreckt sich über die Berufswelt und meine Community, bis hin natürlich zu den Autoren der Bücher, die ich lese.
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Durch ihre Werke hatte ich bereits das Glück, von absoluten Legenden lernen zu dürfen, selbst wenn sie nicht mehr unter uns weilen. Das ist die Magie von Büchern: Sie überdauern mitsamt ihrem unschätzbaren Werk die Zeiten.
"Ein Sachbuch sollte ein wissenschaftliches Fundament haben"
Sie haben mehr als 700 Sachbücher gelesen. Was macht aus Ihrer Sicht ein gutes Buch über Finanzen aus? Können Sie Muster/ gemeinsame Merkmale bei Ihren Favoriten erkennen?
Für mich muss ein gutes Finanzbuch vor allem eines haben: Ein wissenschaftliches Fundament für alle relevanten Aussagen. Mich stört in der Branche beinahe nichts mehr als all diese Werke, die lediglich persönliche Meinungen wiedergeben, damit aber mitunter komplett konträr zu bereits vor Jahrzehnten publizierten Studien stehen. Weite Teile der Finanzbranche sind leider auf diesem absurden Grundsatz aufgebaut, dass jede fachliche Meinung gehört werden sollte, selbst wenn diese von Erstsemestern in ihren Seminararbeiten jedes Jahr aufs Neue als Unfug belegt wird.
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Jeder, der sich mit dem Finanzmarkt intensiver beschäftigt hat, sollte doch wissen, dass Emotionen und persönliche Präferenzen wohl zu keinen besseren Ergebnissen führen werden. Und dennoch begründen unzählige vermeintliche Finanzexperten ihre Aussagen stets auf diese Art.
Um auf die Merkmale eines guten Finanzbuches zurückzukommen, sollte es darüber hinaus die typischen objektiven Merkmale erfüllen: Sauberer Schriftsatz ohne größere sprachliche Mängel, eine solide Bindung, Papier- und Druckqualität.
Dazu kommt, dass – und das muss man leider heutzutage deutlicher betonen als jemals zuvor – ein Buch für mich primär aus einem Grund geschrieben werden sollte: Wissen zu vermitteln. Und nicht, um sich selbst zu inszenieren, Leads zu generieren oder einen Experten-Status aufzubauen.
Weiterhin schaue ich mir die sprachliche und inhaltliche Gestaltung in Bezug auf die Zielgruppe an. Gibt es einen roten Faden, werden alle relevanten Themenbereiche angerissen und das auch in ausreichender Tiefe, auf welchem Niveau bewegt sich der Autor sprachlich, wie werden die Inhalte vermittelt, gibt es dazu auch Hilfsmittel wie kurze Zusammenfassung, Checklisten, optische Hervorhebungen, Grafiken und Schaubilder etc.
Sie geben auch Finanztipps. Handelt es sich hierbei um Wissen aus den Büchern? Kooperieren Sie hierfür mit Partnern und Produktgebern?
In weiten Teilen bin ich tatsächlich Autodidaktin. Mein Wissen musste ich selbst aneignen, weil ich es weder von zu Hause aus noch in der Schule und nicht einmal in der Universität derart vermittelt bekommen habe. Die über 700 Sachbücher sind der größte Teil meines Fundaments. Dazu kommen aber natürlich auch unzählige persönliche Erfahrungen, denn ich teste seit jeher die Ansätze aus den Büchern selbst in der Praxis und habe mir mehr als einmal mächtig die Finger verbrannt.
Mein Studium und die Gründung meiner eigenen Unternehmen haben sicherlich auch ihren Teil zu meinem Wissen beigetragen, genauso wie die vielen Gespräche mit Autoren.
Partner und Produktgeber darf man in der Finanzblogger-Branche nicht als Wissensgeber betrachten. Deren Wissensvermittlung beschränkt sich maximal auf das Briefing und Informationen im Stile von Pressemitteilungen. Ich arbeite selbstverständlich als Bloggerin mit einer ganzen Schar von Unternehmen zusammen, achte dabei aber immer darauf, dass ich in meiner Meinungsäußerung nicht eingeschränkt werde und es sich um Produkte und Dienstleistungen handelt, hinter denen ich uneingeschränkt stehe und sie im Idealfall auch selbst seit Jahren nutze.
Wer ist eigentlich die Zielgruppe für Ihre Finanztipps? Wenden Sie sich an junge Menschen?
Ich habe mit meinen Tipps eigentlich keine feste Zielgruppe. Ich kommuniziere einfach auf meine Art und Weise und schaue dann, wen ich damit erreiche. Dabei verstelle ich mich nicht und versuche auch nicht zu antizipieren, was dem Algorithmus irgendeiner Social-Media-Plattform wohl gefallen könnte, sondern bleibe mir treu.
Laut meinen Insights erreiche ich damit auf Instagram vor allem Menschen zwischen 20-40 Jahren und auf LinkedIn zwischen 30-50 Jahren, wobei es 60:40 zwischen Männern und Frauen aufgeteilt ist.
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Trotzdem gibt es auch einige Ausreißer nach oben und unten, aber der wesentliche Teil meiner Community bewegt sich in diesem Rahmen. Dabei handelt es sich auf der einen Seite häufig um Personen, die erstmals Berührungspunkte zur Thematik haben, aber auf der anderen Seite auch um Menschen, die sich weiter optimieren möchten und auf der Suche nach Impulsen sind.
Teil 2 des Interviews mit Celine Nadolny lesen Sie am Dienstag bei Versicherungsbote. Die Fragen stellte Mirko Wenig.
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