Krebs-Scan: Verkaufsschlager oder nur leere Versprechungen?
Ist der Hanse Merkur mit dem Krebs-Scan eine wirkliche Innovation gelungen? Welche Chancen und - möglicherweise - Risiken für Vermittelnde in dem Produkt stecken, klärt Anja Glorius (KVoptimal).
- Krebs-Scan: Verkaufsschlager oder nur leere Versprechungen?
- Zukunftsmarkt Angst – das Spiel mit Emotionen!
- Wo ist der Haken für Vermittelnde?
Viele Vermittler haben schon vom Krebs-Scan-Produkt der Hanse Merkur gelesen. In unserer Branche wird immer wieder eine neue ‚Sau durch’s Dorf getrieben‘. Eine gesunde Skepsis gegenüber ‚Innovationen’ ist daher Bestandteil der täglichen Arbeit von Vermittlern und ihren Mitarbeitenden. KVoptimal.de hat die Zeit genutzt und sich mit dem neuen Produkt der Hanse Merkur beschäftigt.
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Krebs-Scan was ist das?
Ein Versicherungsprodukt, das den Zugang zu einem aktuell am deutschen Markt einmaligen Bluttest ermöglicht. Mit diesem Bluttest in Kombination mit bildgebenden Verfahren soll es möglich sein, Krebszellen früh zu erkennen und so schneller handlungsfähig im Kampf gegen den Krebs zu sein. Wenn man mich fragt, ein Traum. In welcher Familie ist Krebs noch nie aufgetreten? Mal mit mehr, mal mit weniger schlimmen Ausgang, aber einig ist man sich doch: ‚Krebs ist ein Arschloch‘.
Jährlich erkranken in Deutschland rund 500.000 Menschen an Krebs. Schnell merkt man, die Wahrscheinlichkeit, zu diesem Kreis zu gehören, ist groß. Neben förderlichen Umständen der Lebensweise, gibt es seit Jahren Früherkennungsprogramme, um den Krebs zu erkennen und in der Folge zu behandeln. Krebs ist oft schleichend und entwickelt sich über Jahre. Erkennt man ihn erst bei eintretenden Symptomen, ist es oft schon zu spät oder die Folgen riesig. Die aktuellen Früherkennungsprogramme sind nur für 45% der Krebsneuerkrankungen ausgelegt. 55% sind so also bisher gar nicht von der Früherkennung erfasst. Und wollen wir ehrlich sein: Verglichen mit Brust quetschen, Kamera in Körperöffnungen einführen oder Abtasten intimster Stellen hört sich Bluttest doch viel bequemer an.
Das Blut wird von einem festen Ärztenetzwerk nach Terminvereinbarung vom Versicherten einmal jährlich abgenommen. Im Labor wird das Blut auf spezielle Enzyme in den Fresszellen des Körpers getestet. Ist der Wert erhöht, ist auch die Wahrscheinlichkeit von Tumorwachstum erhöht. Es ist aber erstmal nur ein Indiz, wo der Krebs sitzt, ist unklar. Aktuell erkennt weder die PKV noch die GKV den Wert aus dem Bluttest als Indikator für weitere Untersuchungen an.
Die reine Information ‚Du hast wahrscheinlich Tumorzellen, wo wissen wir aber nicht‘, hilft allerdings wenig. Daher steckt im Produkt Krebs-Scan auch die Übernahme der Kosten der notwendigen bildgebenden Verfahren PET/CT und MRT, der sogenannte Goldstandard in der Lokalisierung von Tumoren. Damit lässt sich dann auch verifizieren, wo der Tumor ansässig ist. Die Folgebehandlungen und -therapie werden dann von der normalen Krankenversicherung /-kasse übernommen.
Leistungsinhalte der Police Krebs-Scan der HanseMerkur:
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- Jährliche Früherkennungsuntersuchung PanTum Detect Bluttest
- Nachuntersuchung zur Abklärung und Lokalisation des Tumors mit PET/CT und MRT
- Nach der Diagnose Krebs: Wahlleistungen im Krankenhaus oder 75 EUR tägliches Ersatz-Krankenhaustagegeld, Transportkosten und im Falle einer Kur 75 EUR pro Tag
- Assistance Leistungen
Zukunftsmarkt Angst – das Spiel mit Emotionen!
Den Einwand, dass es doch wieder nur das leidige Spiel mit Angst beim Kunden sei, kann ich schon hören. Dazu fällt mir immer ein, dass es doch beim abstrakten Produkt der Versicherungswirtschaft sehr oft um Angst geht. Angst vorm Alter, Angst vor Krankheit, Angst vor Pflegebedürftigkeit, Angst vor Verlust des Wohlstandes. Angst, wohin man sieht, und jetzt löst die Branche die Angst vorm Krebs.
Menschen haben unterschiedliche Arten, mit Angst umzugehen bzw. sie zuzulassen. Oft ist das Empfinden von Angst auch mit dem Alter verbunden. Die wenigste Angst verspürt man als Kind. Erst ab Dreißig entwickeln sich Ängste durch eigene Erfahrungen oder den Erfahrungen der anderen. Der eine fühlt sich ein Leben lang vermeintlich unzerstörbar und fällt in einigen Fällen eben frontal auf die Nase, der nächste sichert sich bis zum letzten Zeh ab, weil er das erhalten will, was er geschaffen hat, und alle Chancen haben möchte.
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Im besten Fall finden Vermittelnde einen gesunden Mittelweg, dem einen ein Gefühl von Sicherheit zu geben und dem nächsten mit Transfer der relevanten Themen durchaus auch mal etwas Angst zu machen, um ihn im Ernstfall nicht ins Bodenlose stürzen zu lassen.
Unser Tipp ist auch beim Produkt Krebs-Scan, lassen Sie den Kunden entscheiden und seien unvoreingenommen. Eine Mitarbeitende hat mir vor kurzem gesagt, dass sie 27,50 EUR monatlich für Krebs-Scan viel findet. Kurz überschlagen, gab es für mich ganz persönlich nur eine Antwort: Ich investiere rund 30.000 EUR ein Leben lang, das ist mir mein Leben Wert. Eine Antwort, die man so geben kann, wenn ein Familienmitglied noch vor dem ersten Viertel des Lebens an Brustkrebs stirbt und einer vor der Rente den Magen wegen Krebs verlor. Mir persönlich ist es mein Leben Wert, denn ich weiß einmal mehr, dass Krebs ein hinterlistiges kleines Zellmonster ist. Es geht mal härter und mal weniger hart mit den Menschen ins Gericht, aber wenn ich es früh finde, kann ich es besser kontrollieren, heilen und vertreiben.
Bei aller Theorie – was sagt die Praxis?
Die Hanse Merkur hat ein Produkt geschaffen, das aktuell einzigartig ist. Durch eine enge Kooperation (insbesondere beim Aufbau des flächendeckenden Ärztenetzwerks) mit dem Biotechkonzern, der den Bluttest anbietet, ist ein derzeit exklusiver Zugang für Kunden der Hanse Merkur entstanden. Ziemlich geschickt, wie ich finde.
Eine Studie mit rund 5.000 Teilnehmern zeigte sehr schnell, wo die Vorteile liegen. Rund 140 der Teilnehmenden hatten einen Tumor. Alle ohne Symptome; vermutlich wären die Erkrankungen bei den Früherkennungs-Methoden, die aktuell im gesetzlichen Leistungskatalog vorgesehen sind, unerkannt geblieben. Redet man mit Menschen, die bereits den Test hinter sich gebracht haben, stellt man fest, dass die Usability - wie man heute so schön sagt - wirklich gut ist. Guter Zugang zum Ärztenetzwerk, aktuell in ländlichen Regionen noch mit einer langen Fahrzeit, aber die Terminbuchung ist einfach und gut. Kurze Wartezeit bei den Ärzten, im 10-Minuten-Takt wird Blut gezapft. Meistens bekommt man zwei Wochen später über das Portal, in dem auch der Termin gebucht wurde, das positive Ergebnis – alles grün. Erhält man es nicht, ist schnell klar: da ist was im Busch. Auffällige Ergebnisse werden nämlich nur telefonisch besprochen.
Versicherte, die den Test bereits erlebt haben, bestätigen, dass die Wartezeit vom Bluttest bis zum Ergebnis die Quälendste ist. Gerade die Wartezeit nach dem ersten Test kann lang sein. Denn er macht die letzten Jahre transparent. Alles ist also möglich. Ob es beim zweiten Test entspannter wird, weil sich Zellen erst in 12 Monaten bilden konnten, müssen wir noch in Erfahrung bringen.
Wo ist der Haken für Vermittelnde?
Das Produkt umfasst in erster Linie Leistungen, die eben von der PKV und GKV nicht bezahlt werden. Gerade für Privatversicherte ergibt sich auf den ersten Blick daher keine Kollision mit der eigenen PKV, man verletzt also keine Regeln bzw. Obliegenheiten.
Hat man Krebs, zahlt die Hanse Merkur aber auch Wahlleistungen. Und genau das könnte eine Hürde sein, denn Anbieter wie die Axa untersagen dies strickt im Einsteigertarif EL-Bonus-U. Dies könnte also durchaus ein Verstoß sein und wäre bei Abschluss von der Axa zu genehmigen. Die Axa argumentierte bisher, dass wenn man denn Wahlleistungen versichern möchte, man ja Zugriff auf Vital und Active-Me hat und es dann doch beim eigenen PKV-Versicherer durch ein finanziell großes Upgrade versichern muss.
Die Praxis wird zeigen, ob sich diese Haltung der Versicherer aufrecht halten lässt.
Wie immer empfehlen wir Vermittelnden, pro-aktiv im Interesse der Versicherten zu handeln. Also Vertrag unkompliziert online abschließen und den Versicherungsschein an die PKV senden, damit diese davon Kenntnis hat.
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Vorsicht ist aus unserer Sicht auch bei den Gesundheitsfragen geboten. Es wird zwar lediglich nach aktuellen und zurückliegenden Krebserkrankungen der letzten 10 Jahre gefragt. Aber der Katalog, wann der Test aus medizinischer Sicht nicht durchgeführt werden kann, ist lang. Diesen Katalog sollte sich der Kunde durchaus mal zu Gemüte führen. Unter Anderem ist der Test nicht möglich bei frisch Tätowierten und Menschen, die Immunsuppressiva einnehmen. Um sicher zu gehen, dass die Versicherung auch hält, was sie verspricht, sollte man dies auch abklopfen. Aktuell teilt die Hanse Merkur aber mit, dass der blutabnehmende Arzt diese Erklärung genau durchgeht. Ist der Test aus medizinischen Gründen nicht möglich, kann die Versicherung ohne Kosten für den Versicherten aufgelöst werden.
- Krebs-Scan: Verkaufsschlager oder nur leere Versprechungen?
- Zukunftsmarkt Angst – das Spiel mit Emotionen!
- Wo ist der Haken für Vermittelnde?