Ende Mai 2023 legte die EU-Kommission den Entwurf zur EU-Kleinanleger-Strategie vor. Dabei sprach Kommissarin Mairead McGuinness vom „ehrgeizigsten Legislativvorschlag seit Einführung der EU-Finanzregulierung.“. Die Kommission wolle die Bürger der EU ermutigen, ihr Geld für sich arbeiten zu lassen, indem sie einen Teil ihrer Ersparnisse investieren. Doch bereits im Vorfeld waren die Kommissionspläne kritisiert worden. So sollten unter anderem die Unterschiede zwischen versicherungsbasierten Anlageprodukten und anderen Anlageprodukten stärker berücksichtigt werden, mahnte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Anzeige

Auch nach der Veröffentlichung des Entwurfs bleiben viele Fragen. So sieht etwa der Versicherer-Verband (GDV) Positives. „Die gute Nachricht lautet: Ein generelles Provisionsverbot ist zunächst vom Tisch”, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Ganz so entspannt sieht man die Angelegenheit mit dem Provisionsverbot aber nicht überall. So weist der AfW erneut darauf hin, dass weiterhin geplant sei, dass unabhängig agierende Vermittler keine Provisionen mehr für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten (insurance-based investment products) erhalten sollen. Davon wären laut AfW nur Makler betroffen. Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) bezog zum vorgelegten Entwurf Stellung: „Im Bereich der Maklervergütung fordert der BVK, dass Makler gegen Courtage Versicherungsanlageprodukte weiterhin vermitteln dürfen“, so der Verband. Im Bemühen, ein Provisionsverbot zu verhindern, werde der Verband nicht nachlassen.

Angesichts der bestehenden Unsicherheiten kommt es nicht überaschend, dass sich die Branche verbündet und aufbäumt. So haben mehrere Verbände der europäischen Finanz- und Versicherungsbranche eine gemeinsame Erklärung zum Entwurf der EU-Kleinanlegerstrategie formuliert und darin "signifikante Fehler und Probleme des Entwurfes" dargelegt. Damit wollen die auf europäischer Ebene einflußreichen Interessenvertreter bereits am Anfang der mindestens bis Ende Juli laufenden Konsultationsfrist sehr deutlich ihre Kritik äußern.

Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung teilt die adressierten Punkte ausdrücklich. „Viele der vorgesehenen Regularien bringen weder den Anlegern noch dem EU-Kapitalmarkt irgendeinen Nutzen“, so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.

Die Bedenken der Verbände konzentrieren sich auf die folgenden Punkte:

Anzeige

  • Entgegen der vorherigen Ankündigung sind in den Entwurf nun doch Provisionsverbote enthalten, die den Finanzsektor und den Zugang der Verbraucher zu Finanzprodukten massiv beeinträchtigen könnten.
  • Zudem fokussiert die EU-Kommission einseitig auf Kosten, ohne sonstige Kundeninteressen im Blick zu haben.
  • Auch die erhöhte Komplexität durch neue Anforderungen und Prozesse, die den Zugang zu Finanzdienstleistungen erschweren könnten, wird von den Verbänden klar adressiert.
  • Der Einführung quantitativer "Preis-Leistungs"-Benchmarks stehen die Unterzeichner sehr skeptisch gegenüber, da diese den individuellen Bedürfnissen der Kunden nicht gerecht werden und zu Preisinterventionen auf den Kapitalmärkten führen könnten.
  • Und schließlich halten sie die vorgeschlagenen Fristen für die Umsetzung der neuen Anforderungen für nicht praktikabel.

„All diesen Punkten können wir uns uneingeschränkt anschließen. Kurzfristiges Ziel des AfW ist, dass auch unser europäischer Dachverband FECIF sich den Inhalt der Erklärung zueigen macht und dadurch deren Reichweite vergrößert. Wir werden uns aber selbstverständlich auch direkt und sehr kritisch bei der öffentlichen Konsultation der Kommission zu Wort melden, um als mitgliederstärkster Maklerverband Deutschlands für die von uns vertretene Berufsgruppe der Versicherungsmaklerinnen und -makler Klarheit zu erhalten.“, so Wirth.