Rente: Mehr als jeder fünfte Deutsche ist über 65 Jahre alt
Der Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Mehr als jede fünfte Person ließ sich im Jahr 2021 dieser Altersgruppe zurechnen, wie aus aktuell veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. 1950 war es noch etwa jede zehnte Person. Die Geburtenraten verharren auf niedrigem Niveau: Nur die Zuwanderung trägt dazu bei, dass Deutschland nicht noch älter wird.
Das Umlageverfahren der gesetzlichen Sozial- und Rentenversicherung gerät unter Druck. Immer mehr Leistungsempfängern stehen immer weniger Beitragszahler gegenüber, der Ruf nach einer umfassenden Reform wird laut. Das ist auch eine Folge des demografischen Wandels in Deutschland: Die Gesellschaft altert rapide. Hierzu hat das Statistische Bundesamt (Destatis) jüngst neue Zahlen vorgelegt.
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Wie Destatis berichtet, hat sich die Altersstruktur der Bevölkerung hierzulande in den vergangenen sieben Jahrzehnten stark geändert. War 1950 noch jede zehnte Person (10 %) auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland 65 Jahre und älter, stieg ihr Anteil 2021 auf mehr als ein Fünftel (22 %). Im selben Zeitraum nahm der Anteil der jüngeren Bevölkerungsgruppen im Alter von unter 15 Jahren stark ab: von 23 Prozent im Jahr 1950 auf 14 Prozent im Jahr 2021. Neuere Zahlen hierzu liegen aktuell nicht vor.
Wenig Veränderung gab es dagegen in der Gruppe der Menschen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis einschließlich 64 Jahren. Sie stellten auch 2021 den größten Anteil an der Bevölkerung mit 64 Prozent. 1950 hatte ihr Anteil mit 67 Prozent nur wenig höher gelegen. Insgesamt ist die Bevölkerung hierzulande stark gewachsen. 1950 lebten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland gut 69,3 Millionen Menschen, 2021 waren es rund 83,2 Millionen: ein Anstieg um ein Fünftel.
Anstieg der Lebenserwartung verlangsamt sich
Wiederholt wird in der Politik und der Ökonomie diskutiert, ob das Renteneintrittsalter nicht an die steigende Lebenserwartung angepasst werden müsste, um die Rentenkasse zu entlasten. Laut Medienberichten arbeitet unter anderem die CDU an einem derartigen Papier. Ab 2031 soll für jedes gewonnene Lebensjahr die sogenannte Regelaltersgrenze um vier Monate angehoben werden.
Doch ob dies einen großen Effekt hätte, daran nähren die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes Zweifel. Zwar ist die Lebenserwartung seit 1950 tatsächlich deutlich gestiegen. Hatten Jungen bei Geburt um das Jahr 1950 in der Bundesrepublik Deutschland noch durchschnittlich 64,6 Lebensjahre zu erwarten, waren es um 2020 hierzulande bereits 78,5 Jahre. Bei den Mädchen stieg die Lebenserwartung im selben Zeitraum von 68,5 Jahren auf 83,4 Jahre.
Aber nachdem die Lebenserwartung bis Ende der 2000er Jahre für beide Geschlechter damit deutlich zugenommen hat, hat sich der Anstieg seitdem verlangsamt. In einigen Jahren stagnierte sie auch oder war gar rückläufig. Gründe hierfür sind unter anderem die Auswirkungen außergewöhnlich starker Grippewellen sowie der Corona-Pandemie.
Im Jahr 2022 wurden nur etwas mehr als halb so viele Kinder geboren wie zu Babyboom-Zeiten
Verschärft wird der demografische Trend dadurch, dass nach wie vor wenige Kinder geboren werden. Im Jahr 1950 wurden auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland gut 1,1 Millionen Kinder geboren, 2022 waren es rund 739.000. Besonders stark stiegen die Geburtenzahlen Ende der 1950er Jahre und erreichten 1964 mit knapp 1,4 Millionen Neugeborenen ihren Höchststand.
Nach diesen sogenannten Babyboom-Jahren folgte allerdings ein starker Rückgang der Geburten. Wichtige Faktoren hierfür waren unter anderem die mit der Emanzipation der Frauen einhergehende Erwerbsbeteiligung sowie die Verbreitung der Pille. Die niedrigste Geburtenzahl seit 1946 wurde 2011 verzeichnet: In diesem Jahr kamen gerade einmal knapp 662.700 Kinder in Deutschland zur Welt.
Auch die Zahl der Gestorbenen stieg auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland zwischen 1950 und 1970 von rund 750 000 auf knapp eine Million. Während aber die Zahl der Geburten in den 1970er Jahren deutlich sank, unterlag die Zahl der Sterbefälle weniger starken Veränderungen. Infolgedessen verzeichnete Deutschland seit 1972 ein Geburtendefizit, das heißt, es starben jährlich mehr Menschen als Kinder geboren wurden.
Zuwanderung verjüngt Gesellschaft
Doch gebremst wird die Alterung der Bevölkerung durch Zuwanderung, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Seit 1950 habe es nur wenige Jahre gegeben, in denen die Zahl der Fortzüge ins Ausland die der Zuzüge überstieg. Dies wirke der negativen Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen, die seit 1972 zu beobachten sei, entgegen.
In den 1950er bis frühen 1970er Jahren wurde das Wanderungsgeschehen vom Zuzug von Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern aus Staaten mit einem Anwerbeabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. Aus Jugoslawien, Italien, der Türkei, Griechenland, Spanien, Portugal, Tunesien und Marokko wurden 1970, dem Jahr mit der höchsten Nettozuwanderung in diesem Zeitraum, gut 792.500 Zuwanderungen registriert. Das entsprach einem Wanderungssaldo von gut 447.800.
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In den 1990er Jahren zogen vor allem Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion sowie Asylsuchende zu. So betrug allein der Wanderungssaldo aus Jugoslawien 1992 infolge des Jugoslawienkrieges knapp 171.300 Wanderungsfälle. Seit Mitte der 2010er Jahre kam es zu einem zunehmenden Zuzug von Geflüchteten mit einem ersten Hochstand im Jahr 2015. Im vergangenen Jahr verzeichnete Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen mit einem Wanderungssaldo von knapp 1,5 Millionen Fällen die höchste Nettozuwanderung seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1950. Schutzsuchende aus der Ukraine machten dabei den größten Anteil der Zugezogenen aus.