Niklas Hoyer ist bei der WirtschaftsWoche Leiter Verbraucherfinanzen und verantwortet das Ressort „WiWo Coach“. In dieser Rubrik beantworten „ausgewählte Experten“ Leserfragen. Zum Kreis der „Auserwählten“ gehören beispielsweise Barbara Oelmann, Vorständin bei der Verbraucherzentrale Bremen, die zum Themenfeld ‚Geldanlage allgemein, nachhaltige Geldanlage, Fonds/ETFs‘ Auskünfte erteilen soll oder auch Niels Nauhauser (VZ Ba-Wü) für Fragen zum langfristigen Sparen, Bankeinlagen, Aktien, Riester, Fonds.

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Am Donnerstag veröffentlichte die WiWo einen Meinungsbeitrag von Hoyer, der mit „Endlich geben sie es zu: Versicherungsmakler sind nicht unabhängig!“ überschrieben ist. Anlass für die Ausführungen bot ein Zitat von Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Das lautet in voller Länge: „Wir hatten direkt nach Bekanntwerden des Entwurfes zur betreffenden Retail Investment Strategy (RIS) Anfang Mai festgestellt, dass das von der EU-Kommission aufgenommene Provisionsverbot nur bei unabhängiger Beratung gilt, also im weitesten Sinne für Versicherungsberater, die auf Honorarbasis arbeiten“, betont BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Für Versicherungsmakler in Deutschland war dieses Courtageverbot nicht gedacht. Letztlich ist unsere intensive Interessenvertretung der Vermittler auf EU- und nationaler Ebene erfolgreich gewesen. Noch ist die Gefahr allerdings nicht gebannt.“

Bei Hoyer wird daraus: „[…] unabhängig beraten würden weder Vertreter noch Makler. So sieht es etwa Michael Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK): Unabhängige Beratung im weitesten Sinne gebe es nur bei Versicherungsberatern, die auf Honorarbasis arbeiten.“ Anschließend wiederholt Niklas Hoyer Argumente, die er von jenen Experten der Verbraucherzentralen schonmal gehört haben dürfte, die er für das von ihm geleitete Projekt ‚WiWo Coach‘ auswählte:

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  • Provisionsberatung sei immer mit einem Interessenkonflikt belastet. Denn Makler hätten Anreize, tendenziell jene Versicherung zu empfehlen, die ihnen am meisten Provision einbringen würde.
  • Wenn Kunden frei von Verkaufsinteressen beraten werden wollen, müssten sie zu einem Honorarberater gehen. „Der berät nicht automatisch gut, aber zumindest frei von Provisionsinteressen“, schließt Hoyer.

BVK spricht von „interessengeleiteter Fehlinformation“

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), namentlich Michael H. Heinz, antwortete in einem Leserbrief, den Versicherungsbote an dieser Stelle veröffentlicht:

Sehr geehrter Herr Hoyer,
uns ist bewusst, dass Ihre Freude über die vermeintliche Entdeckung Versicherungsmakler in Deutschland seien nicht unabhängig, außerordentlich freut, so sehr, dass Sie sich aufgefordert sahen, einen Kommentar zu veröffentlichen. Schließlich schrieb der führende Maklerverband Deutschlands, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), im Kontext der Debatte um ein EU-Provisionsverbot das Attribut der Unabhängigkeit den Honorarberatung zu. Doch das berührt den Status des Versicherungsmaklers hierzulande in keiner Weise. Deswegen war der BVK zurecht sehr erleichtert, dass die deutschen Versicherungsmakler von einem Verbot zur Annahme von Courtagen ausgenommen sein werden, was ihnen die wirtschaftliche Existenzgrundlage weiterhin sichern wird.
Auch Vertreter der EU legen die EU-Kleinanlegerstrategie so aus: Nur wenn ein Versicherungsmakler erkläre, dass er auf unabhängiger Basis agiere, schließe das eine Vergütung auf Provisionsbasis aus. Der EU-Kommission gehe es schließlich nicht darum, die Versicherungsmakler zu schwächen, da sie Kunden einen breiten Zugang zum Versicherungsschutz böten. Schließlich gelten in Deutschland Versicherungsmakler nach wie vor nach einem höchstrichterlichen BGH-Urteil aus dem Jahr 1985 als Sachwalter der Kunden, die ihnen als „treuhänderische Sachwalter“ unabhängig vom Vertriebsinteresse einzelner Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge zur Deckung des individuellen Risikos vermitteln.
Das deutsche Versicherungsvertragsgesetz konkretisieret dies in Paragrafen §§ 59 und 60: „Versicherungsmakler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber (also den Kunden) die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. (…) Der Versicherungsmakler ist verpflichtet, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen, so dass er nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen.“
Dass Versicherungsmakler dafür von Unternehmen eine Courtage erhalten, bedeutet also nach dem nationalen Rechtsverständnis nicht, dass Versicherungsmakler als „abhängig“ zu charakterisieren sind. Dieser Status soll und wird auch nach der derzeitigen Auslegung der EU-Vorschriften nicht geändert. Wenn Versicherungsmakler jedoch Beratung auf unabhängiger Basis anbieten und dies auch explizit gegenüber dem Kunden erklären, dürfen sie nach der EU-Kommission keine Courtagen annehmen. Nichts anderes besagt Artikel 30 Abs. 5b der EU-Kleinanlegerstrategie RIS. Auf diesen bedeutenden Umstand stellte der BVK in seinen Erklärungen immer ab.
Dass Sie darin ein vermeintliches Eingeständnis des BVK konstruieren und ihrer kaum verhohlenen Freude Ausdruck verleihen, der BVK sehe Versicherungsmakler als nicht unabhängig an, ist nach unserem Dafürhalten nur Ihrer Voreingenommenheit bzw. Ablehnung der Vergütung auf Courtagebasis zuzuschreiben. Es steht Ihnen natürlich frei, dies so zu kommentieren, mit einem sachlichem Bezug auf unsere Verlautbarungen zur EU-Kleinanlegerstrategie stellt dies allerdings eine interessengeleitete Fehlinformation dar.

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