„Für Selbstständige kann Berufsunfähigkeit schnell das Ende ihres Geschäfts bedeuten“
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist das wichtigste Produkt der Arbeitskraftabsicherung. Welche Risiken und Besonderheiten gelten aber hierbei für Selbstständige im Vergleich zu Angestellten? Und gibt es zur BU-Versicherung Alternativen? Versicherungsbote fragte nach bei Barbara Weber – Versicherungsexpertin bei finanztip.de.
- „Für Selbstständige kann Berufsunfähigkeit schnell das Ende ihres Geschäfts bedeuten“
- „Wichtig ist, dass die Voraussetzungen für eine zumutbare Umorganisation klar und eindeutig formuliert sind“
Versicherungsbote: Welche Risiken und Gefahren bestehen für die Arbeitskraft von Selbstständigen?
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Barbara Weber: Die Arbeitskraft von Selbstständigen ist denselben gesundheitlichen Risiken und Gefahren ausgesetzt wie die von Angestellten. Ein Bandscheibenvorfall, Burnout oder Krebs können sie genauso aus dem beruflichen Leben reißen wie Angestellte.
Statistiken zeigen, dass jeder vierte Mensch im Laufe seines Arbeitslebens berufsunfähig wird. Für Selbstständige kann Berufsunfähigkeit jedoch schnell das Ende ihres Geschäfts bedeuten. Im schlimmsten Fall müssen sie ihren Betrieb längere Zeit stilllegen oder sogar aufgeben.
Welche Besonderheiten gelten bei der Arbeitskraftabsicherung für Selbstständige im Vergleich zu Angestellten?
Im Falle einer Erwerbsminderung erhalten Angestellte eine Erwerbsminderungsrente von der gesetzlichen Rentenversicherung. Selbstständige hingegen gehen im Krankheitsfall meist leer aus, da sie häufig nicht in die gesetzliche Rente einzahlen und somit keinen Anspruch darauf haben.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist daher eine der wichtigsten Versicherungen für Selbstständige. Darüber hinaus sollten sie sich auch für kurzzeitige Ausfälle absichern, da sie im Gegensatz zu Angestellten keinen gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld haben. Hier gibt es verschiedene Optionen: Gesetzlich Versicherte können mit ihrer Krankenkasse vereinbaren, dass sie wie Angestellte ein Krankengeld erhalten. Alternativ können sie eine private Krankentagegeld-Versicherung abschließen.
Welche Möglichkeiten und Schwierigkeiten bestehen beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige?
Der Abschluss einer BU kann für Selbstständige schwierig werden, wenn sie bereits Vorerkrankungen haben oder einen riskanten Beruf ausüben. Bei Finanztip empfehlen wir Selbstständigen daher, sich bei der BU beraten zu lassen. Ein Makler oder eine Maklerin kann mithilfe einer anonymen Risikovoranfrage die Chancen auf eine Versicherung ausloten, ohne einen negativen Eintrag in die HIS-Wagnisdatei zu riskieren. Mit einem Eintrag ist es schwer, noch bei einer anderen Versicherung aufgenommen zu werden.
Selbstständige, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, können außerdem nicht immer die gewünschte BU-Rentenhöhe absichern. Wer sich erst vor kurzem selbstständig gemacht hat, kann je nach Versicherer nur eine geringe Rente, zum Beispiel 1.500 Euro, vereinbaren. Mit steigendem Gewinn kann die Rente jedoch erhöht werden. Hier kann ein Makler oder eine Maklerin ein Angebot finden, das zu den eigenen Bedürfnissen passt.
Welche Kriterien beeinflussen die Höhe der Beiträge einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige?
Die Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung hängen hauptsächlich von Beruf, Alter und Gesundheitszustand ab. Je jünger und gesünder Versicherte bei Abschluss einer BU sind, desto günstiger sind in der Regel auch die Beiträge.
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Natürlich spielt auch die abgesicherte Rentenhöhe eine Rolle. Hohe Renten haben ihren Preis – wichtig ist aber, nicht an der falschen Stelle zu sparen. Im Ernstfall soll die BU-Rente ja den Lebensunterhalt finanzieren.
„Wichtig ist, dass die Voraussetzungen für eine zumutbare Umorganisation klar und eindeutig formuliert sind“
Welche Besonderheiten sind bei der Auswahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung als Selbstständiger zu beachten?
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Besonderes Augenmerk sollten Selbstständige auf die sogenannte Umorganisationsklausel legen. Versicherungen prüfen bei Selbstständigen, ob der Beruf durch zumutbare Umorganisation weiter ausgeübt werden kann. Die Klauseln unterscheiden sich jedoch zwischen den Versicherungen.
Es ist wichtig, dass die Voraussetzungen für eine zumutbare Umorganisation klar und eindeutig formuliert sind, schwammige Formulierungen sollten vermieden werden.
Eine Arbeitsunfähigkeitsklausel (AU-Klausel) kann ebenfalls sinnvoll sein. In diesem Fall zahlt die Versicherung rückwirkend eine Rente ab einer Krankschreibung von sechs Monaten, jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum. Aufpassen müssen Selbstständige, wenn sie gleichzeitig Krankentagegeld bekommen. Unter Umständen muss das Krankentagegeld zurückgezahlt werden, wenn später eine Rente aus der AU-Klausel gewährt wird. Es ist ratsam, vor Abschluss einer BU mit AU-Klausel eine schriftliche Bestätigung von der Krankentagegeldversicherung einzuholen, dass die BU-Rente nicht angerechnet wird.
Wie kann man als Selbstständiger die finanzielle Absicherung im Falle von Berufsunfähigkeit auch ohne eine klassische Berufsunfähigkeitsversicherung gewährleisten?
Wem die Berufsunfähigkeitsversicherung zu teuer ist, beispielsweise wegen eines risikoreichen Berufs, kann aber über den Abschluss einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung nachdenken. Die zahlt eine vereinbarte Rente, wenn der Selbstständige weniger als drei Stunden am Tag in irgendeinem Beruf arbeiten kann.
Kommt auch diese Versicherung nicht in Frage, etwa wegen Vorerkrankungen, bleiben noch Alternativen wie eine Dread-Disease-Versicherung oder Grundfähigkeitsversicherung. Die bieten zumindest etwas Absicherung.
Gibt es spezielle Versicherungsangebote für Selbstständige, die den berufsspezifischen Risiken gerecht werden?
Es gibt immer wieder Angebote für spezielle Branchen, Berufsgruppen und für Selbstständige. Manche Versicherungen versprechen sogar eine Umorganisationshilfe von mehreren Zehntausend Euro im Falle einer Berufsunfähigkeit. Spezialisierte Makler und Maklerinnen kennen die Angebote und können dazu beraten.
Welche steuerlichen Aspekte sind bei der Arbeitskraftabsicherung für Selbstständige zu beachten?
Beiträge für eine selbstständige BU (SBU) lassen sich bei der Steuererklärung als sonstige Vorsorgeaufwendungen absetzen. Oft übersteigen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aber schon den Höchstbetrag von 2.800 Euro. Daher erübrigt sich meist der Steuervorteil.
Die gute Nachricht: die Berufsunfähigkeitsrente ist dafür in aller Regel steuerfrei. Nur der Ertragsanteil der Rente wird besteuert. Die Höhe des Ertragsanteil hängt von der Rentendauer ab. Normalerweise ist der zu versteuernde Rentenanteil aber so niedrig, dass er den Grundfreibetrag von 10.908 Euro (2023) nicht übersteigt.
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Anders sieht es aus, wenn die BU zusammen mit einer Rürup-Rente abgeschlossen wurde. Dann können zwar die Beiträge bis zu 26.528 Euro (2023) abgesetzt werden, die Rente muss dafür aber zu einem Großteil versteuert werden.
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