HUK-Coburg-Chef Heitmann: "Wir werden in Kfz ein tiefrotes Ergebnis sehen"
Die HUK Coburg ist Deutschlands größter Autoversicherer, gemessen an den versicherten Fahrzeugen. HUK-Vorstandssprecher Klaus-Jürgen Heitmann sieht die Branche in den roten Zahlen: Und das liege nicht nur an der hohen Inflation. Im Versicherungsbote-Interview erklärt der HUK-Chef, warum er dennoch keine Angst vor einem Preiskampf der Anbieter hat.
Versicherungsbote: „Die Autoversicherung wird tiefrot“, hieß es kürzlich aus Ihrem Haus. Was sind neben der hohen Inflation die Kostentreiber?
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Klaus-Jürgen Heitmann: Der größte Treiber ist die Inflation in den Schadendurchschnitten sowie - entgegen den Erwartungen - die weiter steigende Schadenhäufigkeit. Autoteile stiegen im Schnitt der letzten zehn Jahre um mehr als das doppelte der Inflationsrate. Hier haben wir einen Monopolmarkt, dem wir ein Stück weit ausgeliefert sind. Bei einer Werkstattbindung sehen wir immer noch Stundenlöhne, die sich um die 100 Euro bewegen. Andere Werkstätten verlangen in Spezialfällen bereits über 300 Euro pro Stunde.
Müssen sich die Kundinnen und Kunden nun auf steigende Prämien einstellen? Wie werden Sie auf die steigenden Kosten reagieren?
Wir erwarten dieses Jahr eine Schaden-Kosten-Quote am deutschen Kfz-Versicherungsmarkt von 108 bis 110 Prozent. Wir werden ein tiefrotes Ergebnis sehen. Plakativ gesagt kommen jetzt auf 100 Euro Einnahmen 110 Euro Ausgaben. Das ist eine historische Größenordnung. Vielleicht wird es das Alltime-High der Autoversicherer werden. Auch die weiteren Jahre werden rote Zahlen bringen. Weil der Wettbewerb hoch bleibt, wird es in der Branche eine Gratwanderung zwischen notwendigen Sanierungsmaßnahmen und dem Aufrechterhalten der Wettbewerbsposition geben.
Die HUK versichert mit Abstand die meisten Pkw in Deutschland und hält die Konkurrenz auf Distanz. Zuletzt wurde in der Branche gemutmaßt, dass sich die Inflation auch auf die Wechselbereitschaft der Kundinnen und Kunden auswirken könnte. Wie hat sich Ihr Kfz-Geschäft zum Jahreswechsel und im ersten Quartal entwickelt? Sind Sie zufrieden?
Wir sind mit einem neutralen Saldo, also plus/minus Null, in das Jahr 2023 gestartet. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres entwickelte sich Neugeschäft positiv. Auch wuchs unser Bestand stärker als der Markt.
Die HUK-COBURG war in Preissteigerungsphasen nie der Verlierer. Eher der Gewinner. Wenn sich Menschen mit Versicherungspreisen beschäftigen, ist das für uns ein gutes Umfeld. Eine größere Sorge hätte ich, wenn sie das Interesse an ihrer Versicherung verlieren, weil diese beispielsweise Bestandteil eines Gesamtpaketes wäre.
Sie haben mit dem Online-Versicherer Neodigital Autoversicherung Produkte entwickelt, die auf den Maklermarkt zielen. Bisher haben Sie Online-Vergleichsportale wie Check24 aufgrund der hohen Courtagen vermieden. Warum jetzt dieser Schritt? Haben Sie Zielgruppen ins Auge gefasst, die Sie bisher weniger gut erreichen können?
Mit Neodigital Autoversicherung gehen wir einen neuen Weg. Das Joint Venture ist branchenübergreifend konzipiert, entwickelt eigene Produkte und steht Versicherungsunternehmen, Vermittlerinnen und Vermittlern sowie Beraterinnen und Beratern offen.
Autohersteller wie Tesla bieten inzwischen eigene Kfz-Policen an, wenn auch in Deutschland bisher zurückhaltend. Die Autos messen und übermitteln permanent genaue Fahrdaten, das könnte den Herstellern einen Vorsprung verschaffen. Müssen Kfz-Versicherer die Konkurrenz fürchten? Werden Autoversicherer gar überflüssig, wie manche Branchenbeobachter behaupten?
Wir sind gut aufgestellt. Die HUK-COBURG bietet mit Telematik Plus schon heute einen datenbasierten Tarif an. Kunden, die sich für diese Option entscheiden, können im Folgejahr von einem bis zu 30-prozentigen Rabatt profitieren. Aktuell beziehen wir die Daten über einen – für Kunden kostenfreien – Sensor aus dem Auto des Kunden. Perspektivisch gehen wir davon aus, dass auch wir als Kfz-Versicherer die Daten direkt aus dem Auto beziehen können. – Denn die Daten gehören dem, der sie generiert, in diesem Fall den Autofahrern. Durch die aktuelle Diskussion auf EU-Ebene zum European Data Act fühlen wir uns in unserer Ansicht bestätigt.
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Die Fragen stellte Mirko Wenig