Wie sich Streik, Aufruhr und zivile Unruhen auf Versicherer auswirken
Wie wirken sich die Unruhen in Frankreich auf den Versicherungsmarkt aus? Das Ratingunternehmen DBRS Morningstar ist dieser Frage nachgegangen und erwartet strengere Zeichnungsrichtlinien.
Die aktuellen mehrtägigen Unruhen in Frankreich wecken Erinnerungen an 2005. Auch damals löste der Tod von Jugendlichen heftige Krawalle aus. 20 Nächte in Folge kam es im ganzen Land zu Straßenschlachten zwischen Ordnungskräften und Jugendlichen. Abgestellte Fahrzeuge und Müllcontainer wurden in Brand gesetzt, öffentliche Gebäude, Bushaltestellen und Telefonzellen wurden angegriffen und zerstört.
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Der französische Verband der Versicherungsgesellschaften (Fédération Française de Sociétés d'Assurances) schätzte, dass sich die Versicherungsansprüche für die Unruhen im November 2005 auf insgesamt ca. EUR 200 Millionen (270 Millionen in heutigen Euro) belaufen würden.
Sachschäden, die in Folge von Streiks, Aufruhr und zivilen Unruhen (Strikes, Riots and Civil Commotion = SRCC) entstehen, sind Teil eines spezialisierten Versicherungsmarktes für Krieg, Terrorismus und politischer Gewalt, der ergänzenden Versicherungsschutz für Kraftfahrzeug-, Geschäfts- und Hausratversicherung bietet, schreibt das Ratingunternehmen DBRS Morningstar. In einem aktuellen Marktkommentar schätzt das Unternehmen die Folgen der aktuellen Unruhen ein.
„Wir gehen davon aus, dass die versicherten Gesamtschäden für die französische Versicherungsbranche deutlich unter der 1-Milliarden-Euro-Marke bleiben werden“, sagte Marcos Alvarez, Global Head of Insurance bei DBRS Morningstar. „Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass die direkten versicherten Schäden aufgrund der Unruhen für die meisten französischen Versicherer überschaubar bleiben und sich aufgrund des bestehenden Rückversicherungsschutzes und der teilweisen Haftung des französischen Staates für einen Teil der Schäden nur begrenzt auf ihre Kreditprofile auswirken werden. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der jüngsten SRCC-Schäden gehen wir davon aus, dass die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in den konfliktträchtigsten Ländern weiterhin strengere Zeichnungsrichtlinien anwenden und auch die Verfügbarkeit dieser Deckungen einschränken werden.“
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Bei der ‚zunehmenden Bedeutung‘ solcher SRCC-Schäden stützt sich DBRS u.a. auf einen Bericht des international tätigen Versicherungsmaklers Howden, der zeigt, dass zivile Unruhen seit 2017 weltweit mehr als 10 Mrd. US-Dollar versicherte Schäden verursacht haben. Zum Vergleich: Terroranschläge verursachten im gleichen Zeitraum versicherte Schäden in Höhe von etwa 1 Mrd. US-Dollar. Besonders schadenintensiv waren die Unruhen in Chile (2019), den USA (2020) und Südafrika (2021). Bei jedem dieser Ereignisse beliefen sich die Schäden für die Versicherungsbranche auf über 2 Mrd. US-Dollar.