Geliebtentestament hat viele Facetten
Ein typisches Beispiel für die Sittenwidrigkeit eines letzten Willens ist, dass der Erblasser einen Erben zu einer Straftat anstiftet. Beim sogenannten Geliebtentestament muss man unterscheiden: Erfolgt die Erbeinsetzung nur, damit die Geliebte das Verhältnis und den ehebrecherischen Verkehr fortsetzt, ist das Testament wohl trotz inzwischen gelockerter Moralvorstellungen sittenwidrig. Kommen weitere Gründe dazu – Ausgleich für langjährige Freundschaft oder Zusammensein, geleistete Dienste als Haushilfe - sieht es anders aus. Noch weniger ist von Sittenwidrigkeit auszugehen, wenn die Geliebte nicht Alleinerbin, sondern beispielsweise neben den Kindern und der Frau Miterbin wird.
- Wann wird ein Testament sittenwidrig?
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Freie Entscheidung darf nicht mit materiellen Anreizen untergraben werden
Dass der Vater der Tochter über ein Testament seinen Willen aufzwingen will, welchen Ehegatten diese zu wählen hat, ist zwar nicht aus rassistischen oder religiösen Gründen sittenwidrig. Denn das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt nach dessen § 19 Absatz 4 nicht im Erbrecht. Die Sittenwidrigkeit kann sich aber daraus ergeben, dass der Vater seine Tochter unzulässigerweise in ihrer Entschließungsfreiheit beeinträchtigt, indem er ihr materielle Vorteile verspricht, falls sie sich seinen Vorstellungen unterordnet. Hier geht die Vorstellung der meisten Menschen doch in die Richtung, dass zum Beispiel die Wahl des Ehegatten frei von materiellen Erwägungen sein sollte.
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Das Nachlassgericht kann ein sittenwidriges Testament auslegen und umdeuten
„Ist das Testament sittenwidrig, muss das nicht heißen, dass die Tochter nach dem Tod des Vaters leer ausgeht. Vielmehr legen die Gerichte solche Testamente aus und prüfen, ob die Erbeinsetzung auch ohne Erfüllung der sittenwidrigen Bedingung wirksam ist. Dann kommt es auf den hypothetischen Willen des Erblassers an“, weiß Rechtsanwalt Dr. Sven Gelbke. Und das heißt: Die Richter suchen etwa Anhaltspunkte dafür, dass der Vater die Tochter so sehr geliebt hat, dass er sie auch dann zur Erbin gemacht hätte, falls er von der Unwirksamkeit seiner testamentarischen Zumutungen gewusst hätte. Diese postmortale Ohrfeige an den Erblasser dürfte von vielen Menschen als richtig eingeschätzt werden, weil der geschundene Erbe so doch noch zu einem Happy End kommt, ohne sich in seiner Lebenseinstellung verbiegen zu müssen.
Für Pflegepersonal ist das Testament tabu
Ebenfalls ungültig ist ein Testament, falls dieses gegen geltende Gesetze und insbesondere gesetzliche Verbote verstößt. Dazu gehört zum Beispiel, wenn der Testator in der letzten Zeit vor dem Tod gepflegt wurde und das Pflegepersonal in seinem Letzten Willen bedenkt. Das steht so in § 14 des Heimgesetzes. Sittenwidrig sind im Übrigen Testamente, bei denen der Begünstigte seinen Einfluss auf einen geistig behinderten oder leicht beeinflussbaren Erblasser dazu missbraucht, sich testamentarisch zum Erben oder Vermächtnisnehmer einsetzen zu lassen.
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