Vermögenswirksame Leistungen: Die meisten Angestellten verzichten darauf
Vermögenswirksame Leistungen (VL) werden viel zu selten genutzt, zeigt eine aktuelle YouGov-Umfrage. Dabei wird diese Anlageform 2024 „noch attraktiver“, so die Postbank.
Staatliche Förderung zur Vermögensbildung von Arbeitnehmern gibt es in der Bundesrepublik bereits seit 1961. Damals wurde das 1. Vermögensbildungsgesetz (1. VermBG oder auch ‚312-Mark-Gesetz‘) verabschiedet. Das Vermögensbildungsgesetz hat zwar etliche Modifikationen erhalten, besteht aber immer noch.
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Bei vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um freiwillige Zahlungen der Arbeitgeber, ein grundsätzlicher Rechtsanspruch darauf besteht nicht. Ob und in welchem Umfang der Beschäftigte sie nutzen kann, steht im jeweiligen Tarifvertrag beziehungsweise der Betriebsvereinbarung. Grundsätzlich kann aber jeder Arbeitnehmer einen Sparvertrag für vermögenswirksame Leistungen abschließen. Interessant sind vermögenswirksame Leistungen besonders wegen der staatlichen Förderung. Viele Unternehmen übernehmen zudem teilweise oder ganz die Beiträge der vermögenswirksamen Leistungen. Mancher Chef zahlt Zuschüsse von bis zu 480 Euro. Die monatlichen Arbeitgeber-Zuschüsse schwanken zwischen 6,65 Euro im öffentlichen Dienst und 40 Euro für Bankangestellte.
Unter bestimmten Voraussetzungen fördert der Staat zusätzlich mit der Arbeitnehmersparzulage. Dennoch nimmt die Mehrheit der Beschäftigten (57 Prozent) diese Möglichkeit nicht wahr, zeigt eine aktuelle YouGov-Umfrage im Auftrag der Postbank. Einen VL-Vertrag hätten nur 40 Prozent der Befragten, so das Geldinstitut. Bei Umfrage-Teilnehmern mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.500 Euro bilden nur 27 Prozent Rücklagen über VL. „Es ist bedenklich, dass insbesondere Beschäftigte mit niedrigerem Einkommen keine vermögenswirksamen Leistungen beziehen. Gerade ihnen soll auf diesem Weg ermöglicht werden, Kapital zu bilden“, sagt Thomas Farber von der Postbank. Unter den Befragten, denen 2.500 Euro und mehr zur Verfügung stehen, nutzt fast jeder Zweite (46 Prozent) die Förderung. „Viele Beschäftigte kennen anscheinend diese Form der Vermögensbildung nicht“, erklärt Thomas Farber. So gibt dann auch jeder sechste Arbeitnehmer mit niedrigerem Einkommen (17 Prozent) an, nicht zu wissen, was VL sind. Unter Befragten mit höherem Einkommen trifft dies nur auf jeden Neunten (elf Prozent) zu.
Viele Anlageformen sind möglich
Gesetzliche Grundlage der vermögenswirksamen Leistungen ist das Fünfte Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG). Hier sind auch die Anlageformen für den Vermögensaufbau festgeschrieben sowie Bedingungen der Förderung. Wichtige Möglichkeiten sind Sparverträge wie ein Fondssparplan, Beteiligungsverträge an Unternehmensanteilen oder Genossenschaften und ist zudem das Bausparen oder die Tilgung eines Baukredites. Auch eine Kapitalversicherung auf den Erlebens- und Todesfall kann als VL abgeschlossen werden, allerdings mit einer Mindestlaufzeit von 12 Jahren.
Bedingungen sind allerdings sehr genau definiert, besonders zum Erhalt der Arbeitnehmersparzulage. So gibt es zum Beispiel für einen Sparvertrag über Wertpapiere oder andere Vermögensbeteiligungen eine Sperrfrist von sieben Jahren. Vorzeitige Kündigungen sind zwar möglich. In den meisten Fällen geht dann aber die staatliche Förderung verloren.
Die Voraussetzungen der Förderung
Zudem variieren – je nach Art der vermögenswirkenden Leistungen – die Voraussetzungen, um die staatliche Förderung zu erhalten (gemäß 5. VermBG Paragraf 13). Das gilt zum einen für die Einkommensgrenze:
- Wer vermögenswirksame Leistungen für wohnungswirtschaftliche Zwecke verwendet (z.B. Bausparvertrag), hat einen Anspruch auf Arbeitnehmersparzulage, wenn sein zu versteuerndes Einkommen nicht mehr als 17.900 Euro (alleinstehend) beträgt. Bei zusammenveranlagten Ehe- oder Lebenspartnern liegt die Grenze bei 35.800 Euro.
- Bei anderen Anlageformen (z.B. Aktienfonds) gelten 20.000 Euro (Singles) bzw. 40.000 Euro (Eheleute) als Einkommensgrenzen, um die staatlichen Zuschüsse zu bekommen.
Bedingungen variieren aber auch bei der Förderhöhe der Arbeitnehmersparzulage:
- Fürs Bausparen und wohnwirtschaftliche Zwecke liegt die maximale staatliche Förderung bei jährlich neun Prozent der Leistung. Allerdings wird nur bis zu einem Höchstbetrag gefördert: 470 Euro. Für diese können Sparer also einen maximalen Förderbetrag von 42,30 Euro im Jahr erhalten.
- Bei anderen Anlageformen wie Aktienfonds werden zwanzig Prozent der VL gefördert – allerdings liegt der Höchstbetrag hier schon bei 400 Euro. Demnach erhalten die Vorsorgesparer einen Betrag von maximal 80 Euro. Wichtig ist aber: Nicht jede Anlageform, die das Gesetz als VL definiert, wird auch gefördert. Deswegen sollte man stets prüfen, welche Anlageform für den Kunden geeignet ist.
Mehr Geld für Fondssparen
In Zukunft will der Staat noch mehr Menschen zum VL-Sparen animieren und mit der Arbeitnehmersparzulage belohnen – allerdings nur, wenn ihre VL in einen Aktienfondssparplan fließen, so die Postbank. Auch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sind förderfähig. Bislang wurden Sparleistungen von Beschäftigten nur dann gefördert, wenn deren zu versteuerndes Einkommen eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschritt.
Laut Zukunftsfinanzierungsgesetz entfällt diese Grenze im Falle einer Wertpapieranlage oder Mitarbeiterbeteiligung ab dem 1. Januar 2024. Zudem soll der Förderbetrag kräftig steigen: von maximal 80 Euro auf 240 Euro im Jahr. Aktuell lassen 21 Prozent der VL-Sparer Geld in einen Aktienfondssparplan fließen. Durch die Reform der Arbeitnehmersparzulage kann sich ihre Zahl deutlich erhöhen.
Bislang ist der Bausparvertrag die am häufigsten genutzte VL-Anlage (36 Prozent), gefolgt von der betrieblichen Altersvorsorge (24 Prozent). Auch ein Baukredit lässt sich per VL tilgen – tatsächlich nutzen diese Möglichkeit aber nur zwei Prozent der Beschäftigten. Die Konditionen dieser VL-Anlagen ändern sich durch das neue Gesetz nicht.
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Über die Studie:
In einer bevölkerungsrepräsentativen Online-Befragung interviewte YouGov im Auftrag der Postbank zwischen dem 24. und 27. April 2023 insgesamt 1.011 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 18 Jahren.