BU-Versicherung für Schüler – sind Schülerklauseln wichtig?
Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU-Versicherungen) werden heutzutage schon für Schüler ab dem Alter von zehn Jahren angeboten. Wie wichtig aber ist es, die Tätigkeit „Schüler“ in den Versicherungsbedingungen zu definieren? Versicherungsbote stellt Expertenmeinungen vor.
- BU-Versicherung für Schüler – sind Schülerklauseln wichtig?
- Warum keine Klausel besser sein kann als "gutgemeinte" Schülerklauseln
Berufsunfähigkeitsversicherungen für Schüler – das klingt wie ein Widerspruch. Leistet doch die Berufsunfähigkeitsversicherung gemäß Versicherungsvertragsgesetz (VVG), sobald der „zuletzt ausgeübte Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer“ nicht mehr ausgeübt werden kann.
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Schüler aber haben in der Regel noch keinen Beruf. Auch die laut VVG zu sichernde „bisherige Lebensstellung“ kann in der Regel noch nicht als eigenständige Arbeitsleistung der Schüler gesehen werden, sondern existiert nur in Abhängigkeit der Eltern (Ausnahmen wie ein Nachholen des Abiturs an einem Kolleg sind natürlich nicht mit gemeint).
Diese Tatsache führt häufig zur Verunsicherung. Was sichert einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler? Und muss bei den Versicherungsbedingungen auf eine besondere Klausel geachtet werden, die die Schülertätigkeit explizit festschreibt? Versicherungsbote stellt Expertenmeinungen zu diesen Fragen vor.
Anbieter behandeln die Schülertätigkeit wie einen Beruf
Bieten Anbieter eine Schüler-BU an, behandeln sie die Tätigkeit wie einen Beruf. Das bedeutet: Die Produkte versprechen eine Rente, wenn der Schüler mindestens sechs Monate nicht in der Lage ist, am Unterricht teilzunehmen. Jedoch hat die Schülertätigkeit – anders als ein Beruf – nur einen vorübergehenden Status (und bereitet u.a. auf das Erwerbsleben vor). In den meisten Fällen dürfte eine dauerhafte Rente also nur möglich sein, sobald ein Schüler erwerbsunfähig wird, sprich: sobald er dauerhaft weniger als drei Stunden täglich irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachgehen kann.
Obacht bei Erwerbsunfähgkeitsklauseln
Trotz dieses praktischen Problems sollte man sich jedoch vor Erwerbsunfähigkeitsklauseln bei der Berufsunfähigkeitsversicherung hüten. Der Grund: Sie würden eine schnelle Verweisung erlauben – und zwar auf eine Art, die der berüchtigten (und zumeist aus den Vertragswerken getilgten) abstrakten Verweisung ähnelt. Könnte der Versicherer doch gleich bei Eintreten des Versicherungsfalls den Schüler auf jede andere Tätigkeit verweisen, solange noch eine dreistündige Tätigkeit ausgeübt werden kann, wie der Vorstand der Alte Leipziger-Hallesche Jürgen Bierbaum beim Versicherungsbote warnt.
Wie sind Schulunfähigkeitsklauseln zu bewerten?
Jürgen Bierbaum sieht aber auch Schulunfähigkeitsklauseln kritisch. Der Grund gemäß seiner Darstellung: Bei BU-Versicherungen mit Schulunfähigkeitsklausel ist üblicherweise die „allgemeine“ Schulunfähigkeit versichert: Im Leistungsfall wird geprüft, ob der Schüler noch in der Lage ist, (irgend) eine allgemein bildende Schule zu besuchen.
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Zwar ermöglichen Schulunfähigkeitsklauseln keinen abstrakten Sofortverweis ins Berufsleben. Innerhalb des Berufsbildes „Schüler“ kann allerdings dennoch abstrakt verwiesen werden – z.B. von Gymnasiast auf Hauptschüler. Eine Leistung wird bei diesen Versicherungen somit erst dann fällig, wenn der Schüler nur noch eine Schule mit spezieller Förderung (Sonderschule) besuchen kann.
Warum keine Klausel besser sein kann als "gutgemeinte" Schülerklauseln
Bei Schülerklauseln unterscheiden sich Expertenmeinungen insbesondere darin, ob überhaupt eine Klausel in den Vertragsbedingungen nötig ist, die explizit die Tätigkeit des Schülers als versicherte Tätigkeit benennt. So nehmen einige Experten an: ohne genau definierte Regeln für die Schülertätigkeit könnte der Versicherer im Leistungsfall die Bedingungen zum Nachteil der Versicherungsnehmer auslegen. Eine Idee, der allerdings der erfahrene Versicherungsfachwirt und BU-Experte Philip Wenzel widerspricht.
Vorsicht vor "gut gemeinten" Klauseln
Besonders nachteilig für Wenzel sind nämlich "gut gemeinte" Klauseln – zum Beispiel eine Leistungsdefinition, die eine BU-Rente dann verspricht, sobald ein Schüler nicht mehr am „regulären“ Schulunterricht teilnehmen kann. Wenzel schreibt beim Versicherungsbote: „Da es keinen irregulären Unterricht gibt, ist ein regulärer Schulunterricht so ziemlich alles, was per Homeschooling usw. möglich ist. Auch, wenn ich für ein Jahr in die Psychiatrie müsste, könnte ich noch am Lehrplan entlang Aufgaben geschickt bekommen und diese bearbeiten.“ In einem solchen Fall aber würde der Schüler keine BU-Rente erhalten.
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Folglich ist aus Wenzels Sicht das gänzliche Fehlen einer Klausel sogar von Vorteil, wie er mit Blick auf sein Beispiel (Schüler in der Psychiatrie) herausstellt: „Wenn es hingegen keine Klausel oder eine gute Schülerklausel gäbe, dann wäre das aber selbstverständlich eine Berufsunfähigkeit, weil ich den Unterricht nicht mehr so ausübe wie zuletzt in gesunden Tagen.“ Wenzel geht also davon aus, dass der Versicherer auch im Fall einer fehlenden Schülerklausel für einen versicherten Schüler leisten müsste.
Warum die Schülerklausel nicht die wichtigste Überlegung der Produktwahl sein sollte
Wie wichtig aber ist es überhaupt, auf die Schülerklausel bei Abschluss einer BU-Versicherung zu achten? So paradox die Aussage anmutet – aber die Schülerklausel sollte nicht das wichtigste Entscheidungskriterium sein. Dies ergibt sich aus der wichtigsten Funktion der Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler, wie sie u.a. BU-Experte Matthias Helberg auf seiner Webseite beschreibt: Mit der Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler sichern Eltern für ihr Kind "in vielen Fällen günstige Konditionen, die es später vielleicht nicht mehr bekommen kann. Günstige Konditionen, die über viele Jahrzehnte gelten – so lange der Vertrag läuft."
Aus diesem Grund ist es auch von zentraler Bedeutung, darauf zu achten, dass die Vertragsbedingungen auch wirklich die günstigen Konditionen für eine lange Zeit festschreiben. Und das bedeutet:
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- Man sollte Policen wählen, die keine Neu-Eingruppierung der Berufsgruppe bei Eintritt in das Berufsleben verlangen. Denn wenn das Kind einen Beruf wählt, der nur für eine teure Prämie versicherbar ist, ist der Vorteil der BU-Versicherung für Schüler schnell kaputt.
- Man sollte eine Police wählen, die günstige Möglichkeiten der Nachversicherung eröffnet. Denn das Absicherungsniveau für Schüler ist meist niedrig und reicht für die Absicherung bei Berufseintritt nicht aus. Auch macht die Gründung einer Familie und insbesondere die Geburt von Kindern eine höhere Versicherungssumme notwendig.
- Zudem sollte man darauf achten, dass laut Vertragsbedingungen auf erneute Gesundheitsfragen bei Eintritt ins Berufsleben verzichtet wird. Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler verspricht auch deswegen günstige Konditionen, weil Vorerkrankungen seltener sind, die zu teuren Prämien oder zu Leistungsausschlüssen führen. Hier gilt es, diesen Vorteil für die gesamte Laufzeit der Police „zu konservieren“.
Das Fazit
Für das Fazit sei noch einmal Philip Wenzel zitiert, der die Überlegungen zur Schüler- aber auch zur Studentenklausel wie folgt beim Versicherungsbote pointiert: „Schließt der Schüler mit 15 oder der Student mit 20 eine BUV ab, so ist er noch zwischen drei bis zehn Jahre Schüler oder Student. Die restlichen 42-49 Jahre ist er in irgendeinem Beruf. Da fühlt es sich nicht richtig an, eine Empfehlung für diese oder jene Klausel auszusprechen, die nur einen so kurzen Zeitraum betrifft. Vor allem nicht, wenn eine andere Klausel für die gesamte Laufzeit wichtiger wäre.“
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- Warum keine Klausel besser sein kann als "gutgemeinte" Schülerklauseln