Hintergrund: Möchte man Aussagen über die Bestandsentwicklung eines Versicherers treffen, sollte man vorsichtig sein. Das betrifft zum einen die Vertragszahl – die Lebensversicherung kennt so viele an Versicherungsumfang und Versicherungsdauer verschiedene Produkte, dass nur eine Differenzierung nach verschiedenen Produkten hier aussagekräftige Erkenntnisse liefert. Gebuchte Bruttoprämien umgehen dieses Problem hingegen, da man tatsächlich einen Faktor zum Vergleich des Geschäftsvolumens in einem Jahr gewinnt. Doch auch hier muss man mit der Bewertung der Zahlen vorsichtig sein.

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Denn aktuelle Zahlen sind nur im Verbund mit weiteren Zahlen eines längeren Zeitraums aussagekräftig. Dies zeigt sich beispielhaft am Leben-Marktführer: der Allianz. Zwar: Vergleicht man gebuchte Bruttoprämien von 2022 mit jenen von 2021, muss man einen gewaltigen Prämienrückgang konstatieren. Dieser "Einbruch" bei Prämieneinnahmen ist aber wesentlich durch ein stark zurückgefahrenes Geschäft gegen Einmalbeitrag verschuldet.

Aktuelle Prämienrückgänge zeigen auch eine Kurskorrektur durch steigende Zinsen

Aber was bedeutet das? Um den "Bestandsverlust" bei gebuchten Bruttoprämien richtig zu deuten, muss man bedenken, dass die Allianz sich auch aufgrund eines enormen Engagements beim Geschäft gegen Einmalbeitrag eine starke Marktführerschaft ausbaute. Das wird an Zahlen für 2019 deutlich: Aufgrund dieses starken Engagements gingen hohe 68 Prozent des branchenweiten Zugewinns einzig auf die Allianz zurück. Aber auch andere Versicherer – als Beispiel genannt werden kann die HanseMerkur – engagierten sich erfolgreich und mit hohem Wachstum im Einmalbeitrags- Geschäft. Dies ermöglichte der Leben-Branche auch dann noch eine Steigerung bei gebuchten Prämien, als mit vielen "traditionellen" Produkten aufgrund des Niedrigzins nichts mehr zu holen war (Versicherungsbote berichtete).

In Zeiten steigender Zinsen hingegen ist es ganz selbstverständlich, dieses Geschäft gegen Einmalbeitrag zurückzufahren. Denn einerseits gewinnen nun wieder anderen Produkte größere Attraktivität. Andererseits können lang laufende Renten gegen Einmalbeitrag nicht mehr das Zins-Potenzial am Markt abbilden. Schon 2021 fuhr die Allianz deswegen das Einmalbeitrags-Geschäft stark zurück – gebuchte Prämien schrumpften von 17,39 Mrd. Euro (eine enorme Summe) auf 12,76 Mrd. Euro (Versicherungsbote berichtete). Diese Korrektur hält nun beim Marktführer, aber auch bei weiteren Versicherern an.

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Aus diesem Grund sagen starke Rückgänge bei gebuchten Bruttoprämien auch etwas über eine Geschäftsanpassung aufgrund des geänderten Zinsumfelds aus, weswegen es falsch wäre, in den Zahlen nur einen Misserfolg zu sehen. Dies sollte dringend bedacht werden, wenn im Folgenden Versicherer vorgestellt werden, bei denen gebuchte Bruttoprämien im Bestand 2022 am meisten abnahmen. Alle Angaben aus der Bildstrecke sind einer Tabelle der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) entnommen (Ausgabe 16/2023). Die ZfV-Ausgabe und weitere Ausgaben sind gegen eine Gebühr oder durch Abonnement auf der Webseite der Fachzeitschrift verfügbar.