Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg, kritisiert das fehlende Engagement der Deutschen an der Börse. "Wir haben eine Aktienkultur, die uns nicht zufrieden stimmen kann", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Um sich in einer alternden Gesellschaft abzusichern, müssten viel mehr Menschen ihr Geld privat in Wertpapiere stecken.

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Die Deutschen würden in erster Linie negative Faktoren wie kurzfristige Verluste sehen, sagte der Landesminister im Kabinett von Winfried Kretschmann. Langfristig überwiege mit den Gewinnen und dem Vermögensaufbau aber das Positive. "Viele andere Länder machen es bei der privaten Kapitalanlage besser und sind hier souveräner“, so der Grünen-Politiker. Bayaz hat nach einem Studium der Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Bankwirtschaft selbst zu privatem Beteiligungskapital promoviert.

Die Zahl der Aktionäre steigt zwar seit Jahren. Trotzdem besaß im Jahr 2022 weniger als jeder fünfte Deutsche ab 14 Jahren (18,3 Prozent) bzw. 12,9 Millionen Menschen entsprechende Geldanlagen, wie aus Zahlen des Deutschen Aktieninstituts hervorgeht. Die Zahl der Aktionäre variiert hierbei von Bundesland zu Bundesland deutlich. Baden-Württemberg lag mit 24,5 Prozent an der Spitze, in Mecklenburg-Vorpommern investieren hingegen nur 7,9 Prozent der Bevölkerung an der Börse. Grundsätzlich besteht ein starkes West-Ost-Gefälle: in den ostdeutschen Bundesländern ist mit Ausnahme von Sachsen (18,3 Prozent) die Zahl der Aktionäre besonders gering.

Auch beim Börsen-Investment sind die Deutschen eher konservativ: 7,6 Millionen Menschen halten ausschließlich Fonds oder ETFs in ihrem Depot, wie das Deutsche Aktieninstitut berichtet. 2,9 Millionen Menschen kombinieren Fonds und ETFs mit Einzelaktien, doch lediglich 2,4 Millionen investieren ausschließlich in Aktien. Auch Bayaz berichtet, dass er auf nachhaltige und passiv gemanagte Anlagen setzt: Er hält ausschließlich ETFs. Dabei schaue er eher selten ins Depot. "Ich will ja nachts gut schlafen. Ich gucke alle paar Monate mal rein wie der Markt so läuft. Gerade in turbulenten Zeiten wie aktuell braucht man schon einen langen Atem“, so der 39jährige. Zum Investment in Einzelaktien rate er aufgrund des höheren Risikos hingegen nicht.

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In dem Interview mit der Presseagentur fordert Bayaz einen Deutschlandfonds bzw. eine „Deutschlandrente“ für die private Altersvorsorge. Die Riester-Rente sei zwar grundsätzlich die richtige Idee gewesen, aber oft beobachte er komplizierte und teure Produkte mit versteckten Gebühren. Erforderlich sei ein öffentliches, breit gestreutes und passiv gemanagtes Basisprodukt. „In Ergänzung zur gesetzlichen Rente wäre das ein guter Weg, die private Altersvorsorge einfacher, günstiger und einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglicher zu machen“, sagt Bayaz.