Angst vor dem Scheitern als schlechte Angewohnheit
Celine Nadolny ist preisgekrönte Buch- & Finanzbloggerin und Gastautorin für Versicherungsbote. In ihrer regelmäßigen Kolumne schreibt sie Rezessionen zu Büchern, die im Königsmacher-Podcast von den Besten der Branche empfohlen wurden. Mit „Fang nie an aufzuhören“ von Boris Thomas widmet sie sich heute einem Buch, das sie jedem empfiehlt, der sich mit Krisenmanagement und Führung auseinandersetzen möchte.
★★★★☆ FANG NIE AN AUFZUHÖREN von Boris Thomas bietet tiefe Einblicke in Erfahrungen und Erkenntnisse zum Thema Krisenmanagement und Führung. Der Autor selbst hat mehrere unternehmerische Krisen durchleben müssen und betont immer wieder die Unvermeidbarkeit von Krisen. Er plädiert dafür, diesen mit dem richtigen Mindset entschlossen entgegenzutreten.
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Celine Nadolny
Celine Nadolny
Celine Nadolny ist mit Book of Finance Deutschlands einflussreichste Sachbuchkritikerin. Mit mehr als 300 rezensierten Sachbüchern erhielt sie mittlerweile 12 Branchenpreise und ist somit die meistausgezeichnete Finanzbloggerin der DACH-Region. Celine möchte so viele Menschen wie nur möglich dazu inspirieren, mehr zu lesen, ihre Finanzen in die Hand zu nehmen und ein erfüllteres Leben zu führen.
Inhaltlich besteht das Buch aus sechs Kapiteln. Darin erläutert Boris Thomas Demut, Reflexion, Präsenz, Vertrauen, Verantwortung, Entscheidung und Werte als essenzielle Eigenschaften für Führungskräfte und Manager. Anders als viele andere Business-Ratgeber thematisiert er das Thema Krise allerdings nicht oberflächlich am Rand, sondern räumt ihm eine zentrale Rolle ein. Denn für ihn ist der gekonnte Umgang mit dem Auf und Ab integraler Bestandteil eines jeden unternehmerischen Handelns.
Dabei ermutigt er die Leser immer wieder, Krisen als Chancen zu begreifen. Denn wer ihnen mit Tatendrang entgegentritt, muss nicht in Schockstarre und Selbstmitleid verweilen.
Strukturell haben mich in diesem Buch jedoch die unzähligen Interviews gestört. Zwar hat der Autor diese mit renommierten Persönlichkeiten wie Bodo Janssen, Pascal Feyh oder Alexander Christiani geführt und sie bieten auch zusätzliche Perspektiven. So vertiefen sie auf ihre Art und Weise das Verständnis für das Thema Krisenmanagement. Dennoch empfand ich sie beim Lesen immer wieder als Bruch.
Das Buch an sich ist allerdings spannende Lektüre. Vor allem für Unternehmer, Selbstständige und Führungskräfte, die ein positives und kommunikativ offenes Krisenmanagement leben wollen. Die berühmte Angst vor dem Scheitern ist für Boris Thomas nämlich nichts weiter als eine schlechte Angewohnheit. Stattdessen möchte er einen anderen Ansatz für Führung und Krisenbewältigung bieten. Diesen hat er zudem selbst in der Praxis mehrfach erprobt.
Vor allem diese vielen persönlichen Einblicke in das unternehmerische Leben des Boris Thomas waren für mich besonders wertvoll an diesem Buch. Nicht viele Unternehmer trauen sich, derart offen über Krisen, Versagen und Scheitern zu schreiben. Dabei sind diese Begriffe ständige Begleiter im Leben der Selbstständigen und Unternehmer da draußen. Sie sind einfach viel mehr die Regel, als es die auf Hochglanz polierte Coaching- und Speaker-Szene mitunter vermuten lässt. Dazu gehört Mut und das zeugt von einem reflektierten Geist. Es verleiht dem Buch auch einfach eine authentische Note.
„Niemand postet im Internet, dass seine Firma kurz vor dem Konkurs steht und er nicht mehr weiterweiß. Niemand veröffentlicht ein Selfie, das ihn einsam und verzweifelt zeigt.
Niemand twittert: ‚3 Uhr nachts. Kann nicht schlafen. Weiß nicht, wie ich am Monatsende meine Mitarbeiter bezahlen soll #kriseistmist #problemewalzen.‘
Es scheint fast so, als ob unsere Gesellschaft nichts mehr mit Krisen zu tun haben will. Wir blenden dieses Thema lieber aus. Und wenn die Krise uns dann doch erwischt – sie ist ja in der Regel unausweichlich –, flüchten wir uns in die Illusion, dass es irgendwie möglich sein muss, jede Krise, jeden Fehlschlag abzuwenden. Wir müssen es nur richtig machen, und schon erstrahlt unser Leben als ein Strom von Dauerglück! Wir spielen heile Welt. Doch das ist bei genauerem Hinsehen nur Fassade, viele suchen eigentlich nach einem Ausweg. Ich glaube, es ist Zeit für mehr Ehrlichkeit und eine neue Wahrhaftigkeit jenseits aller schillernden – und oftmals geschönten – Erfolgsgeschichten in den sozialen Netzwerken.“ Boris Thomas
Boris Thomas teilt eben nicht nur seine Erfolge, sondern auch seine Misserfolge und Schwierigkeiten auf dem eigenen Weg. Dabei spricht er über persönliche Ängste, Unsicherheiten und die Herausforderungen, die er als Führungskraft und Unternehmer bewältigen musste. Diese Ehrlichkeit schafft eine Verbindung zum Leser. Und sie vermittelt vor allem bei Betroffenen das Gefühl, dass man mit seinen eigenen Problemen nicht allein ist.
An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Boris Thomas, geboren am 9. Juli 1964 in Bremervörde, ist ein erfolgreicher Unternehmer, Tischler, Wirtschaftsingenieur und Vortragsredner. Schon früh zeigte sich sein Interesse an neuen Ideen und Gedanken und er las unkonventionelle Bücher, von asiatischer Philosophie bis zur spirituellen Literatur. Diese Suche nach Wissen und der Wunsch, die Motivationen von Menschen und der Welt zu verstehen, führte Boris Thomas auf ungewohnte Pfade. So z. B. in Zen-Klöster, Schweigeretreats und auf Abenteuerreisen.
Nach seinem Studium an der Universität Karlsruhe kehrte er nach Bremervörde zurück und übernahm 1992 die Geschäftsleitung des Unternehmens Lattoflex. Diese Gelegenheit sah er als Chance, sein Wissen und seine Ideen in die Praxis umzusetzen und kontinuierlich dazuzulernen. Im Laufe der Jahre brachte er viele neue Konzepte in das traditionelle Unternehmen ein. Beispielsweise systemische Aufstellung und Workshops mit Shaolin-Meistern. Damit ließ er die Marke Lattoflex von innen heraus wachsen und machte sie führend auf dem Bettenmarkt.
Sein Ratgeber kann sowohl in turbulenten Zeiten als auch im täglichen Arbeitsleben helfen.
Der Autor vermittelt den Wert von Ausdauer, Durchhaltevermögen und Resilienz. Auf diesem Weg kann man mit den Herausforderungen umgehen, die das Leben und die Geschäftswelt mit sich bringen. Selbstreflexion und das Lernen aus Fehlern kann man seiner Meinung nach nicht zu hoch bewerten. Deshalb ermutigt er die Leser, ihre eigenen Schwächen anzuerkennen und an ihrer Überwindung zu arbeiten.
Zudem unterstreicht Boris Thomas die Bedeutung von Teamarbeit und dem Aufbau eines starken Netzwerks. Er betont, dass man in Krisenzeiten nicht allein agieren sollte, sondern auf die Unterstützung anderer vertrauen kann. So ermutigt er in seinem Werk, Verbindungen zu knüpfen, zu kommunizieren und gemeinsam Lösungen zu finden.
Gerade denen, die nicht als Solo-Preneure unterwegs sind, vermittelt der Autor: Es ist so wertvoll, jeden Mitarbeiter im Team als Individuum wahrzunehmen und durch gezielte Führung sein volles Potenzial zu entfalten. Niemand sollte mehr auf hierarchische Strukturen und Machtspielchen setzen. Sein favorisierter Führungsstil beruht vielmehr auf Offenheit und menschlicher Begegnung. Denn das führt seiner Meinung nach nachhaltiger zu einer besseren Zusammenarbeit und wird damit belohnt.
Thomas erinnert auch daran, dass Krisen nicht das Ende bedeuten. Sondern sie können Chancen für persönliches Wachstum und beruflichen Erfolg sein.
„Viele Managementratgeber behaupten ja, es gäbe einen hundertprozentig sicheren Weg zum Erfolg. Und zwar mit der jeweils darin propagierten ‚praxiserprobten‘ Methode, dem innovativen Tool, der revolutionären Strategie. Doch jeder Unternehmer, der lange genug im Geschäft ist, weiß, dass das gar nicht sein kann. So simpel ist es eben leider nicht. Das Leben geht seinen eigenen Weg. Alles, was wir tun können, ist, nie aufzuhören, uns anzustrengen und stets dazuzulernen.“ Boris Thomas
An etlichen Stellen betont Boris Thomas aber immer wieder: In Krisenzeiten gibt es keine einfachen Lösungen. Und es erfordert immer eine gehörige Portion Mut, Entscheidungen zu treffen. Auch dann, wenn sie zwangsläufig mit Risiken und diversen Unsicherheiten verbunden sein werden. Für ihn ist in diesem Zusammenhang vor allem eine wertorientierte Entscheidungsfindung wichtig. Wir sollten seiner Meinung nach mehr unserer Intuition vertrauen.
„Fakt ist: Es wird uns nicht gelingen, krisenfrei durchs Leben zu kommen – das gilt in der Familie und in unseren Beziehungen genauso wie für unsere Unternehmen. Nicht ohne Grund drehen sich die meisten Fragen nach meinen Vorträgen immer wieder um dieses eine Thema: ‚Wie gehe ich mit einer Krise um? Wie kommen wir als Team, als Unternehmen heil da durch?‘ Und dabei spüre ich große Angst und Unsicherheit bei den Menschen. Eines der grundlegenden Probleme, die ich über die Jahre beim Umgang mit Krisen identifiziert habe, ist, dass wir oftmals nur unser Unglück sehen und jammern – und die darin verborgenen Chancen gar nicht erkennen.“ Boris Thomas
Besonders gut hat mir der entspannte Schreibstil des Autors gefallen. Genauso auch die optische Aufmachung im Inneren des Buches, mit vielen klingenden Zitaten, Hervorhebungen und asiatischem Flair. Dennoch hätte man meiner Meinung nach die Erkenntnisse etwas prägnanter zusammenfassen und aufbereiten können. Aber dabei handelt es sich nun um Kritik auf hohem Niveau.
Die tief ehrlichen Schilderungen des Autors über die eigenen Krisen und Misserfolge machen das Buch zu einer positiven Inspirationsquelle. Es ermutigt dazu, niemals aufzuhören. Vor allem Führungskräfte und Manager werden motiviert, Krisen mit dem richtigen Mindset anzugehen und daraus gestärkt hervorzugehen. Boris Thomas liefert dafür wertvolle Einsichten, etliche praktische Tipps und vor allem unzählige persönliche Erfahrungen. Das Buch regt zum Nachdenken an und ermutigt dazu, neue Wege zu gehen und einen menschlichen Führungsstil zu pflegen.
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Ob erfahrene Führungskraft, aufstrebender Manager oder Unternehmer: 'Fang nie an aufzuhören' ist eine Bereicherung für jeden, der sich mit den Herausforderungen von Krisenmanagement und Führung auseinandersetzen möchte. Es zeigt, dass Misserfolge und Krisen zum Leben dazugehören. Und dass man sie als Chancen nutzen kann, um persönlich und beruflich zu wachsen.