Arztpraxen erzielen fast jeden vierten Euro an Einnahmen aus Privatabrechnungen
Fast jeder vierte Euro, den Arztpraxen in Deutschland einnehmen, stammt aus Privatabrechnungen, während 71,7 Prozent aus Kassenabrechnungen erzielt werden. Das zeigen aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) Wiesbaden. Im Schnitt erzielen Arztpraxen in Deutschland einen Reinertrag von 336.000 Euro pro Jahr (Median). Ein anderes Bild zeigt sich bei psychotherapeutischen Praxen, die fast ihre kompletten Einnahmen über Kassenabrechnungen erzielen.
- Arztpraxen erzielen fast jeden vierten Euro an Einnahmen aus Privatabrechnungen
- Psychotherapie: Neun von zehn Euro an Einnahmen über die gesetzlichen Krankenkassen
Wie erzielen Arztpraxen ihre Einnahmen - und wie hoch fallen diese aus? Aufschluss darüber geben Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis), das jüngst Zahlen für das Jahr 2021 präsentiert hat. Die Daten zeigen: Die überwiegende Mehrheit der Einnahmen wird aus Abrechnungen mit den gesetzlichen Krankenkassen erzielt. Aber zeitgleich ist die Bedeutung von Privatabrechnungen sehr hoch.
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Zu den Arztpraxen im engeren Sinn zählen demnach Einzelpraxen, Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren, wie die Behörde mitteilt. Nicht hinzugerechnet werden hingegen Zahnarztpraxen und psychotherapeutische Praxen. Und diese Arztpraxen haben im Jahr 2021 rund 71,7 Prozent ihrer Einnahmen aus Kassenabrechnung erzielt. Obwohl dies das Gros der Einnahmen ausmacht, ist die Bedeutung von Privatabrechnungen nicht zu unterschätzen: Sie machen fast jeden vierten eingenommenen Euro (24,5 Prozent) der Einnahmen aus. Neben den Abrechnungen privater Versicherer und Beihilfe-Zahlungen fallen hierunter zum Beispiel auch Zahlungen, die Patientinnen und Patienten aus eigener Tasche zahlen, weil sie nicht zur Regelversorgung zählen. Weitere 3,8 Prozent der Einnahmen stammen aus sonstigen selbstständigen ärztlichen Tätigkeiten.
Hohen Einnahmen der Arztpraxen stehen hohe Ausgaben gegenüber
Die durchschnittlichen Einnahmen je Arztpraxis lagen 2021 bei 756.000 Euro. Hier sind Gemeinschaftspraxen (BAG) und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) eingerechnet. Demgegenüber standen jedoch hohe Aufwendungen von durchschnittlich 420 000 Euro. Aus der Differenz von Einnahmen und Aufwendungen ergibt sich ein durchschnittlicher Reinertrag von 336.000 Euro je Praxis (Median). Neben den Personalaufwendungen, die etwa ein Drittel der Ausgaben ausmachen, fallen hierunter auch Sachaufwendungen, etwa für medizinische Geräte, sowie für Mieten, Berufshaftpflichtversicherungen etc.
Diese Durchschnittswerte sind jedoch stark von Praxen mit sehr hohen Einnahmen und Aufwendungen beeinflusst: So verzeichnete die Hälfte aller Arztpraxen nur Einnahmen bis 464.000 Euro, Aufwendungen bis 226.000 Euro und damit einen Reinertrag von höchstens 233.000 Euro (Medianwerte).
“Der Reinertrag ist nicht mit dem Gewinn beziehungsweise dem Einkommen der Ärzte gleichzusetzen. Er stellt das Ergebnis des Geschäftsjahres der gesamten Praxis dar, berücksichtigt aber zum Beispiel nicht die Aufwendungen für Praxisübernahmen oder Aufwendungen für die Alters-, Invaliditäts-, Hinterbliebenen- und Krankenversicherung der Praxisinhaber“, teilt Destatis mit.
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Zu beachten ist darüber hinaus, dass in den Arztpraxen im Schnitt 8,6 Personen tätig sind, in Gemeinschaftspraxen und Versorgungszentren hingegen 9,8 Personen. Ohne Einrechnung von fachübergreifenden BAG und MVZ lagen die Durchschnittseinnahmen je Arztpraxis 2021 bei 656.000 Euro. Es fielen Aufwendungen von durchschnittlich 333.000 Euro je Arztpraxis an, sodass ein Reinertrag von 323.000 Euro je Praxis erzielt wurde.
Psychotherapie: Neun von zehn Euro an Einnahmen über die gesetzlichen Krankenkassen
Blickt man auf jene Spezialpraxen, die bisher nicht bei den Zahlen eingerechnet sind, so zeigt sich ein anderes Bild. Während Arztpraxen im Jahr 2021 durchschnittlich 71,7 Prozent ihrer Einnahmen aus Kassenabrechnung erwirtschafteten, erzielten Zahnarztpraxen nur etwas mehr als die Hälfte (52,7 %) ihrer Einnahmen aus dieser Quelle. Privatabrechnungen machen hier 45,9 Prozent aller Einnahmen aus. Ein wichtiger Grund dürfte sein, dass viele Zahnarztleistungen wie zum Beispiel Implantate nicht mehr Teil der Regelversorgung sind, sondern von den Krankenkassen nur noch bezuschusst werden. Entsprechend müssen die gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten viel Geld aus der eigenen Tasche zahlen.
In Zahnarztpraxen lagen sowohl die durchschnittlichen Einnahmen 2021 mit 791.000 Euro als auch die Aufwendungen mit 510.000 Euro über denen der Arztpraxen. Aufgrund der hohen Kosten fiel auch der durchschnittliche Reinertrag je Zahnarztpraxis geringer aus (281 000 Euro). Im Schnitt waren in Zahnarztpraxen 9,8 Personen tätig.
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Psychotherapie: Hohe Abhängigkeit vom gesetzlichen Kassensystem
Ein komplett entgegengesetztes Bild zeigt sich beim Blick auf psychotherapeutische Praxen, die mit durchschnittlich 1,8 tätigen Personen deutlich kleiner sind als Arzt- oder Zahnarztpraxen mit jeweils 9,8 tätigen Personen. Sie erzielten im Jahr 2021 durchschnittlich Einnahmen von 127.000 Euro bei Aufwendungen von 36.000 Euro, woraus sich ein Reinertrag von 91.000 Euro je Praxis ergab. Und hier zeigt sich eine große Abhängigkeit vom gesetzlichen Kassensystem. In psychotherapeutischen Praxen machte die Kassenabrechnung sogar 90,1 Prozent der gesamten Einnahmen aus. Nur 6,7 Prozent der Einnahmen stammen hier aus Privatabrechnung.
Methodische Hinweise: Die Angaben beruhen auf den Ergebnissen der Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich, einer repräsentativen Stichprobenerhebung mit einem Auswahlsatz von sieben Prozent. Die hier genannten Ergebnisse der Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich beziehen sich auf sogenannte Rechtliche Einheiten. Eine Rechtliche Einheit wird in der amtlichen Statistik als kleinste rechtlich selbstständige Einheit definiert, die aus handels- beziehungsweise steuerrechtlichen Gründen Bücher führt. Hierzu zählt auch die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit.
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