Makler K. aus Norddeutschland hatte ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelt. In einem Finanzvertrieb hatte er die Akquise in seiner Zielgruppe gelernt und setzte diese als Makler fort. Neben der persönlichen Kundenansprache gewann er immer mehr Kunden auch über die sozialen Medien. Inzwischen hatte er als Einzelunternehmer eine Umsatzhöhe von mehr als 300.000 EUR erreicht. In der Woche fünf bis zehn Neuabschlüsse aus qualifizierten und bedarfsgerechten Beratungen in den Sparten Private Krankenversicherung und private Lebensversicherungen sorgten für das auskömmliche Einkommen.

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Doch dann kam der Break. Über Jahre führte die Arbeit als Einzelunternehmer zum Burnout und langem krankheitsmäßigen Ausfall. Neuabgeschlossene Verträge wurden wegen unzureichender Kundenbetreuung storniert, die Rückforderungen der Produktgeber wurden immer zahlreicher und schließlich war die Bonität durch die laufenden Kosten erschöpft. Die Privatinsolvenz musste eingeleitet werden.

Das Risiko der hohen Anteile von Abschlusscourtagen

Makler K. ist unter Versicherungsmaklern kein Einzelfall. Bei meinen Strategie- und Nachfolgeberatungen hat zirka jeder vierte bis fünfte Makler in seinen Einkünften einen starken oder zu starken Anteil von Abschlusscourtagen gegenüber regelmäßig wiederkehrenden Courtagen aus Bestandsprovisionen. Ich spreche da von Anteilen von 80 bis 90 Prozent vom Umsatz aus Neugeschäft und nur 10 bis 20 Prozent aus Bestandcourtagen. Mag dies bei einem Neueinsteiger noch nachvollziehbar sein, so ist dies bei langjährig tätigen Maklern doch ein Problem und Risiko, denen man sich stellen sollte.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Zweifellos kann es geschäftlich befriedigend sein, mit wenigen Abschlüssen ein gutes oder hohes Einkommen zu erzielen. Man konzentriert sich auf die Beratungen und Produkte, die eine hohe Courtage versprechen. Das ist auch nicht verwerflich, wenn der Kunde mit seinen Wünschen, seinem Bedarf und einer kompetenten Beratung gut bedient wird.

Wenn der Makler aber mit diesen Abschlusscourtagen sich an ein komfortables Leben gewöhnt und die Last der unverdienten Courtagen nicht im Blick behält, dann kann wie im Fall von Makler K das Geschäftsmodell böse enden. Bei ihm hatte sich eine Stornohaftungssumme von über 200.000 EUR angesammelt. Ganz davon einmal abgesehen, dass so ein Bestand oder eine Maklerfirma mit einem sehr hohen Anteil an Abschlusscourtagen schwieriger zu verkaufen sein wird.

Makler K. wie weitere Makler mit einem ähnlichen Geschäftsmodell hatte den Zeitpunkt verpasst, das Geschäftsmodell von hohen Abschlusscourtagen auf ratierliche Zahlungen umzustellen. Der Abschied von hohen Courtagezahlungen fällt oft schwer, hat aber eine deutlich risikomindernde Wirkung. Auch die steuerlichen Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen, da bei ratierlichen Courtagenzahlungen meist nur die tatsächlich eingenommenen Zahlungen zu versteuern sind und nicht sofort die Gesamtsumme.

Weitere Rezepte gegen eine hohe Stornohaftungssumme

Neben der Umstellung der Abschlusscourtagen auf ratierliche Zahlungen möchte ich einige weitere Empfehlungen aus dem Schicksal von Makler K. ableiten. Was hat K. richtig gemacht? Er hat sich auf eine einkommensstarke Zielgruppe konzentriert und mit Spezialwissen ein Beratungskonzept für zwei Themenfelder entwickelt. Die Beratung der Kunden aus seiner Zielgruppe für PKV sowie für private sowie betriebliche Altersversorgung liefen sehr gut. Doch nun kommen die Fehler…

Rückstellungen für mögliche Stornierungen von Verträgen und damit verbundene Rückforderungen der Produktgeber waren kein Thema für ihn. Das Neugeschäft lief wunderbar und vereinzelte Rückforderungen wurden aus den Einnahmen locker ausgeglichen. An mögliche Ausfälle seinerseits gab es keinen Gedanken. Deshalb:

  • Rat #1: Nur das Geld ausgeben (privat konsumieren) was auch verdient und versteuert ist. Dieser Rat ist kaufmännische Normalität, aber man kann ja mal daran erinnern.
  • Rat #2: Makler K. ließ die anderen Versicherungswünsche der Kunden links liegen. Das kann man für einen Spezialisten gutheißen, betriebswirtschaftlich und als Makler ist so ein Geschäftsmodell aber schon zu hinterfragen. Nicht wenige Spezialisten wollen sich mit dem Privaten Sachgeschäft und KFZ-Versicherungen nicht befassen. Viel Beratungs- und Serviceaufwand bei geringem Umsatz sind ein häufig genanntes Argument für diesen Weg.

    Wer als Makler gegenüber seinen Kunden agiert und nicht ausdrücklich nur als Spezialmakler mit Sparten-Maklerverträgen arbeitet, ist nun mal der Sachwalter seiner Kunden für alle Versicherungsfragen. Dann sollte man das Geschäftsmodell auch so gestalten. Eine Lösungsmöglichkeit wäre, dass die Spezialmaklerin oder der Spezialmakler das Sachgeschäft über einen oder mehrere Mitarbeiter oder einen Mitgesellschafter in einer Makler- GmbH abwickeln lässt. Arbeitsteilung und Spezialisierung im Verbund kann eine gute Lösung sein.

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Das Vollkunden-Konzept

Möglicherweise wäre das Schicksal von Makler K. nicht so eingetroffen, wenn die Abhängigkeit von Abschlusscourtagen durch einen deutlich höheren Anteil Bestandscourtagen gemildert worden wäre. Und diese kommen nun mal auch aus Sachversicherungen, die auch seine Kunden haben und brauchen. Bestandscourtagen stabilisieren die Einnahmen im Geschäftsmodell und sollten nach einigen Jahren die Festkosten der Firma weitgehend decken. Das betrifft sowohl die Sachkosten wie auch die Personalausgaben inklusive des Unternehmerlohns.

Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach über meine Vorstellungen zum „Vollkunden-Konzept“ für Versicherungsmakler geschrieben. Ausführlich habe ich das Thema in dem 150-seitigen Buch „Neuer Kurs für Maklerunternehmen“ behandelt. Für dieses Konzept sprechen nicht nur die Auswirkungen auf das Einkommen des Maklers. Auch die Kundenbindung und -loyalität wird gestärkt. Dies gilt insbesondere, wenn man - wie Makler K. - seine Kunden über Leads aus dem Internet gewinnt. Auf diese Weise kann die Anonymität des Internetkontakts abgeschwächt oder sogar ganz aufgehoben werden.

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Hohe Abschlusscourtagen können die Nachfolge behindern

Nicht selten kommen auch Makler mit hohen Abschlusscourtagen auf mich als Nachfolgespezialist zu und sind erstaunt, dass ihr Unternehmen mit guten Umsätzen und ggf. auch mit guten Erträgen nicht so leicht zu verkaufen ist. Üblicherweise orientiert sich der Wert eines Maklerunternehmens an den Bestandscourtagen und einem qualitativen Faktor. Aber auch die Wertermittlung über den Ertrag – in der Volkswirtschaft das gängigere Verfahren – ist eine Möglichkeit.

Aber wie ist das nun, wenn ein Maklerunternehmen zu 80 oder 90 Prozent nur von Umsätzen aus Abschlusscourtagen lebt? So ein Unternehmen wird im Idealfall auch Erträge erzielen und hat so auch eine Werthaltigkeit. Nun kommt das große ABER. In dem Fall muss ein Käufer bereit und fähig sein, dieses Geschäftsmodell auch weiterführen zu können. Der Käufer muss gewissermaßen auf ein ungewisses Potential bereit sein, einen Preis zu zahlen.

Genau diese Zukunftsprognose macht den Verkauf schwerer, aber nicht unmöglich. Auf jeden Fall wird in so einer Konstellation der Verkauf oder eine Verrentung schwerer als auf Basis regelmäßig einkommender Bestandscourtagen. Aus meiner Praxis der Bestands- und Firmenvermittlung für Makler kann ich nur schildern, dass eine Lage wie bei Makler K. den Verkauf nicht erleichtern.

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Am ehesten funktioniert so ein Verkauf – wenn nicht schon die Abwärtsbewegung im Gange ist – wenn der Verkäufer noch längere Zeit an Bord bleibt. Denn sein Zugang zu Kunden und seiner Zielgruppe und die Weitergabe des Spezialwissens braucht seine Zeit. Und – er wird sich auf eine Umstellung des Vergütungsmodells und eine ratierliche Kaufpreiszahlung einstellen müssen, meint Ihr AssekuranzDoc.

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