Wie die Güterstandsschaukel zum Vermögensschutz beitragen kann
Die Güterstandsschaukel ist ein Instrument, um Vermögen „vor unerwünschten steuerlichen Eingriffen zu schützen“. Wie das funktioniert, skizziert Dr. Stephanie Thomas, Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachanwältin für Steuerrecht bei der WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft.
Das Vermögen der Deutschen steigt kontinuierlich, trotz der vielfältigen politischen und wirtschaftlichen Krisenfaktoren. So erhöhte sich das durchschnittliche Nettovermögen der Haushalte zwischen 2017 und 2021 um 83.600 Euro auf 316.500 Euro, meldete die Bundesbank Ende April im Rahmen der Studie „Private Haushalte und ihre Finanzen (PHF)“. Alle drei Jahre erfasst sie Vermögenswerte wie Wohneigentum, Fahrzeuge sowie Bankguthaben und Ansprüche aus privaten Renten- und Lebensversicherungen. Mit dem durchschnittlichen Nettovermögen von 316.500 Euro ist die Summe um 36 Prozent gestiegen. Und auch der Median, der die Befragten in eine reichere und eine ärmere Hälfte einteilt, ist deutlich angestiegen. Während die Grenze zwischen Arm und Reich 2017 noch bei 70.800 Euro lag, stieg sie im Jahr 2021 auf 106.600 Euro an. Verglichen mit der ersten Umfrage im Jahr 2011 ist das ein Anstieg um mehr als 100 Prozent. Damals lag der Median bei 51.400 Euro.
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Gesetzliche Güterstände beachten
Daher suchen viele Menschen nach Lösungen, dieses Vermögen vor unerwünschten steuerlichen Eingriffen zu schützen. Ein Instrument ist die sogenannte Güterstandsschaukel. Sie bezieht sich auf die rechtliche Regelung des ehelichen Güterstands, also des Vermögensstandes, in einer Ehe. In Deutschland gibt es einen gesetzlichen und zwei vertragliche Güterstände:
- Zugewinngemeinschaft: In diesem Güterstand behalten die Ehepartner ihr eigenes Vermögen, und es gibt einen Ausgleich des während der Ehezeit erzielten Zugewinns im Falle einer Scheidung, des Wechsels des Güterstandes oder des Todes eines Ehepartners.
- Gütertrennung: Dieser unterscheidet sich von dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Wesentlichen dadurch, dass kein Zugewinnausgleich stattfindet. Das Vermögen der Ehegatten ist auch hier getrennt voneinander.
- Gütergemeinschaft: Dieser Güterstand kommt nur noch sehr selten vor. Hierbei wird das Vermögen der Ehepartner zu einem gemeinschaftlichen Vermögen zusammengeführt, das in der Regel bei Beendigung der Ehe zwischen den Partnern aufgeteilt wird.
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Ausgangsgüterstand, in dem Ehepaare ohne Ehevertrag automatisch leben. Jeder Partner behält dabei sein eigenes Vermögen und kann damit grundsätzlich machen, was er will. Jedoch wird ein Zugewinnausgleich durchgeführt, wenn ein Partner stirbt oder die Ehe geschieden wird. In der Praxis kann dies zu finanziellen Nachteilen führen. Häufig sammelt sich das erworbene Vermögen, gerade in unternehmerisch tätigen Familien, bei einem Ehegatten an. Der andere Ehegatte kann also nichts an Kinder vererben oder verschenken, sodass die schenkung- und erbschaftsteuerlichen Freibeträge in Höhe von 500.000 Euro gegenüber dem Ehegatten und jeweils 400.000 Euro gegenüber den Kindern von dieser Person nicht ausgenutzt werden können. Stirbt hingegen der vermögende Ehegatte, so reichen die Freibeträge oftmals nicht aus, um das Vermögen (weitgehend) steuerfrei zu übertragen.
Güterstandsschaukel führt zu steuerfreiem Vermögenstransfer auf den weniger vermögenden Ehegatten
Die Güterstandsschaukel beschreibt somit den Wechsel von einem Güterstand zum anderen. Ein Ehepaar kann während ihrer Ehe den Güterstand – ohne Scheidung – ändern, zum Beispiel von Zugewinngemeinschaft zu Gütertrennung und wieder zurück. Dies kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, aber vor allem aufgrund von steuerlichen Vorteilen, Fragen der Vermögensplanung oder Schutz vor Gläubigern. Durch den gewollten Wechsel vom Ausgangsgüterstand des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung soll ein steuerfreier Vermögenstransfer auf den weniger vermögenden Ehegatten erreicht werden.
Der Hintergrund: Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet, ist der während der Ehe erzielte Zugewinn in Geld auszugleichen. Dieser Ausgleich ist vollständig schenkungsteuerfrei. Dabei ist es nicht erforderlich, die Ehe zu beenden, sondern die Ehepartner wechseln durch notariellen Vertrag vom ehelichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung (und schaukeln dann gegebenenfalls später von der Gütertrennung wieder in die Zugewinngemeinschaft zurück). Durch den zunächst erfolgenden Wechsel in den Güterstand der Gütertrennung mittels eines zwingend notariell zu beurkundenden Ehevertrags wird der Zugewinnausgleichsanspruch fällig. Dieser wird dann zügig ausgeglichen, beispielsweise durch die Zahlung von Geld oder je nach Konstellation auch die Übertragung von Wertpapieren, Immobilien- und Grundbesitz.
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Ehegatten können in gleichem Umfang Vermögen an die nächste Generation vererben
In der Folge ändern sich dadurch die Vermögensverhältnisse der Ehegatten. Zudem ist es möglich, nach Ausgleich des Zugewinns wieder in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückzukehren. Der Güterstand „schaukelt“ dementsprechend zwischen der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft zu der Gütertrennung und wieder zurück, um gegebenenfalls regelmäßig Vermögen zu übertragen. Das bedeutet, dass beide Ehegatten in gleichem Umfang Vermögen an die nächste Generation vererben können beziehungsweise auch zwischen den Ehegatten im Todesfall nicht so viel Vermögen übergehen muss, da bereits steuerfrei Vermögen übertragen worden ist, ohne den steuerlichen Freibetrag anzurühren. Auf diese Weise können also durch eine geschickte Strukturierung möglicherweise auch überdurchschnittliche Vermögen komplett steuerfrei an die nächste Generation übertragen werden.