“Hebammen fürchten um ihre Zukunft: Haftpflichtversicherung vor dem Aus!“ Derartige Schlagzeilen waren in den letzten Jahren wiederholt in den Medien zu lesen. Nicht nur bei Hausgeburten gibt es derzeit einen Mangel, sodass nicht jede gebärende Mutter sicher sein kann, eine Hebamme zu finden. Auch bei Geburtskliniken herrscht ein Defizit, wie der Deutsche Hebammenverband (DHV) erst vor wenigen Tagen gewarnt hat. Die Gründe sind vielfältig: Doch auch steigende Haftpflichtprämien sind ein Grund, weshalb der Bedarf nicht vollständig gedeckt werden kann. Und wiederholt bestand die Gefahr, dass die Versicherer überhaupt keine Haftpflicht für diesen Beruf mehr bereithalten. Allein zwischen 2012 und 2023 haben sich die zu zahlenden Haftpflichtprämien laut DHV verdreifacht: im Juli 2023 betrugen sie im Schnitt knapp 12.660 Euro im Jahr.

Anzeige

Insofern gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht: Der berufliche Ver­sicherungs­schutz für Heb­ammen ist bis Mitte 2027 gesichert, wie der Deutsche Hebammenverband (DHV) aktuell mitteilt. Demnach habe sich der Verband mit der hevianna Versicherungsdienst GmbH, einem Tochterunternehmen der Ecclesia Gruppe, auf eine Verlängerung des Haftpflichtschutzes geeinigt. hevianna ist ein Spezialmakler, der sich 2015 gründete, um Lösungen rund um den Versicherungsschutz von Hebammen zu schaffen. Den Schutz stellt ein Konsortium mehrerer privater Versicherer bereit. Beteiligt sind die Versicherungskammer Bayern, R+V, Allianz, Debeka und die Württembergische.

Die weniger gute Nachricht: Zwar sollen die Prämien 2024 stabil gehalten werden. Doch in den Folgejahren müssen all jene Hebammen mehr zahlen, die Geburtshilfe anbieten. „Die Prämie bleibt für Hebammen ohne Geburtshilfe auch in den Folgejahren konstant, während wir in den Vertragsgesprächen mit dem Versichererkonsortium für die Hebammen mit Geburtshilfe moderate Prämienerhöhungen von 5 Prozent in 2025 und 2026 zur Kompensation der Inflation verhandeln konnten“, erläutert Christian Seeger vom hevianna Versicherungsdienst.

Seit dem Juli 2015 gibt es zusätzlich einen Sicherstellungszuschlag der gesetzlichen Krankenkassen, der einen Teil der Kosten für freiberuflich in der Geburtshilfe tätige Hebammen abdeckt: Er soll die stark gestiegenen Kosten der Berufshaftpflichtversicherung ausgleichen. Die Mittel werden über eine Umlage von den Krankenkassen finanziert. Steigt die Haftpflichtprämie des privaten Versicherers für geburtshilflich tätige Hebammen, erhöht sich automatisch der Auszahlungsbetrag für die Hebamme mit Geburtshilfe. Laut GKV-Spitzenverband sind über diesen Zuschlag 91,6 Prozent der Prämie gedeckt, wenn man entsprechende Anteile der Leistungsvergütung (16,19 Prozent) einrechnet. Das Problem hierbei: Diese Gelder müssen einzeln beantragt werden und werden nachträglich ausgezahlt. Mitunter müssen die Hebammen vier bis fünf Monate auf das Geld warten.

„Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Abschluss des neuen Versicherungsvertrages unseren Mitgliedern Planbarkeit, ein sicheres Fundament und einen wichtigen Schutz für die nächsten Jahre bieten können“, sagt Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des DHV. In dem Verband sind aktuell über 22.000 Hebammen organisiert, davon bieten jedoch nur ca. 3.000 Geburtshilfe an.

Anzeige

Für werdende Mütter gestaltet sich die Situation in manchen Regionen bereits schwierig: Für eine Geburt müssen lange Wege in Kauf genommen werden, und nicht immer findet sich eine Hebamme für die individuelle Betreuung vor und während der Geburt. Hierzu einige Zahlen: Allein zwischen 1991 und dem Jahr 2020 sank in Deutschland nach Angaben des DHV die Zahl der Kliniken, die Geburtshilfe anbieten, von 1.200 auf rund 620. Fast die Hälfte an Geburtskliniken ist also weggefallen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Februar führten 2021 nur noch 32,4 Prozent der 1.887 Krankenhäuser in Deutschland Entbindungen durch. Wenn Frauen zuhause entbinden wollen, wird es noch schwieriger. Nach Zahlen der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) bieten insgesamt weniger als 500 Hebammen hierzulande noch Hausgeburten an.