Kfz-Versicherung: Autoersatzteile verteuerten sich um 70 Prozent binnen zehn Jahren
Die Preise für Autoersatzteile sind laut dem Versichererverband GDV erneut massiv gestiegen. Knapp zehn Prozent mehr als vor einem Jahr müssen die Kfz-Versicherer zahlen, wenn sie Teile wie Scheinwerfer, Windschutzscheiben oder Kotflügel ersetzen wollen. Das liegt nicht nur an der Inflation: Seit Jahren explodieren die Kosten dafür. Auch deshalb rechnet die Branche mit tiefroten Zahlen im Kfz-Versicherungsgeschäft: Autofahrer müssen sich auf steigende Beiträge einstellen.
Die Preise für Autoersatzteile sind erneut heftig gestiegen. Demnach haben die Autohersteller zwischen August 2022 und August 2023 die Preise im Schnitt um 9,7 Prozent erhöht. Das zeigt eine Auswertung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), für die Ersatzteilpreise von 34 Fabrikaten mehrerer Hersteller ausgewertet wurden. Der Schwerpunkt lag hierbei auf Teilen, die besonders oft nach einem Unfall getauscht werden müssen.
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Die hohe Inflation ist nicht allein Ursache für die Teuerungen. Mit dem erneuten Preisanstieg setzt sich stattdessen eine Entwicklung fort, die der GDV seit 2013 beobachtet: „Die Kosten für Pkw-Ersatzteile steigen rasant und deutlich schneller als die Inflationsrate: Während der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 um knapp 28 Prozent stieg, erhöhten Autohersteller ihre Ersatzteilpreise um mehr als 70 Prozent“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Kofferraumklappen und hintere Seitenwände wurden in diesem Zeitraum 93 Prozent, Rückleuchten sogar 97 Prozent teurer.
Die Kfz-Versicherer merken die steigenden Kosten natürlich deutlich: Die Reparaturkosten bei Unfällen schnellen ebenfalls nach oben. „Im vergangenen Jahr kostete ein Pkw-Sachschaden die Kfz-Haftpflichtversicherer im Durchschnitt rund 3.700 Euro, das waren 8,4 Prozent mehr als im Vorjahr“, so Asmussen. 2013 hatte dieser Wert noch bei 2.400 Euro gelegen.
Umkämpfter Markt: Kfz-Versicherer erhöhten Prämien kaum
Allerdings bewegen sich die Kfz-Versicherer in einem umkämpften Markt: Möglichst viele Kundinnen und Kunden in diesem Segment zu gewinnen, ist aus ihrer Sicht auch deshalb attraktiv, weil sich Kfz-Policen aufgrund ihrer hohen Verbreitung als Einstiegsprodukt für andere Versicherungsarten eignen. Sind Autofahrerinnen und Autofahrer mit ihrem Kfz-Versicherer zufrieden, erhöht dies die Bereitschaft, sich dauerhaft an die Marke zu binden. Zugleich haben Internet-Vergleichsportale die Preissensibilität der Kundinnen und Kunden erhöht.
Kein Wunder also, dass sich die Teuerung nur bedingt in den Beiträgen der Kfz-Versicherer widerspiegelt. Während die Preise für Ersatzteile seit 2013 um 70 Prozent gestiegen sind, haben sich die Prämien in der Kfz-Haftpflicht mit einem Plus von gut 7 Prozent seit 2013 kaum erhöht, berichtet der GDV. Vor dem Hintergrund der weiterhin hohen Preissteigerungen geht der Versichererverband davon aus, dass die Kfz-Versicherer in diesem Jahr deutlich mehr Geld ausgeben als sie einnehmen.
„Nach unserer neuesten Hochrechnung wird die Sparte in diesem Jahr voraussichtlich einen Verlust von fast drei Milliarden Euro machen“, sagt Asmussen. Die Autofahrer zahlen nach GDV-Schätzungen in diesem Jahr für die Absicherung ihrer Fahrzeuge rund 30,2 Milliarden Euro – aber die Versicherer müssen rund 33,1 Milliarden Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben. „Unter dem Strich stehen jedem eingenommenen Euro Ausgaben von 1,10 Euro gegenüber“, so der Verbandschef.
Bereits in früheren Pressetexten zum Thema hatte der GDV die Preispolitik der Autobauer hart kritisiert. Ein Grund für die Preisexplosion sei, dass Autohersteller ein Quasi-Monopol für sichtbare Ersatzteile hätten: und so verhindern können, dass preiswertere Wettbewerber auf dem Markt in Konkurrenz treten. Das erlaubt ihnen, die Preise für Ersatzteile eigener Modelle nahezu nach Belieben zu diktieren. Möglich macht dies unter anderem die Designschutzrichtlinie 98/71/EG, wonach die Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon geschützt werden können. Auch im aktuellen Pressetext ist wieder indirekt Kritik an der Preispolitik enthalten: "Autohersteller langen zu", so überschreibt der GDV eine Graphik (siehe oben).