PKV-Vollversicherung: Sieger und Verlierer im Tauziehen um Bestandskunden
Der Bestand an Vollversicherungen stagniert in der Privaten Krankenversicherung (PKV). Umso härter ist der Umdeckungswettkampf – Versicherer versuchen, sich gegenseitig Bestandskunden abzuwerben. Welche Unternehmen aber waren hierbei besonders erfolgreich, welche hingegen mussten besonders viele Kunden an die Konkurrenz abgeben? Versicherungsbote stellt Umdeckungssieger und -Verlierer des Geschäftsjahrs 2022 vor.
- PKV-Vollversicherung: Sieger und Verlierer im Tauziehen um Bestandskunden
- Die Umdeckungssieger 2022
- Die Umdeckungsverlierer 2022
Wie gut ist die private Krankenversicherung aufgestellt? Fakt ist: einen Boom gibt es einzig bei den Zusatzversicherungen. In der Vollversicherung hingegen gehen die Versichertenzahlen kontinuierlich zurück. So auch zwischen 2021 und 2022: Gab es zum Ende 2021 noch 8.717.504 Vollversicherte in der PKV, schrumpfte die Zahl in 2022 auf 8.704.531 Vollversicherte. Dies macht einen Verlust von 12.973 Vollversicherten aus.
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Zwischen 2018 und 2022 verlor die private Krankenversicherung sogar 31.769 Vollversicherte. Den größten Bestand hatte die Branche im Jahr 2011 mit 8.976.400 Vollversicherten: der Verlust der Zeitspanne von 2011 bis 2022 liegt sogar bei 271.869 Vollversicherten. Der stetige Verlust an Vollversicherten führt Versicherungsexperten wie Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund sogar zu der These: Wachstum in der PKV ist nur noch zulasten der Konkurrenz möglich.
Neue Kunden nur durch Umdeckungskampf?
So schreibt Matthias Beenken zum Beispiel in einem Artikel des Versicherungsmagazins: Seit Jahren ließe sich nennenswerter Wachstum in der privaten Krankenversicherung nur noch erzielen, indem man der Konkurrenz Bestandskunden wegnimmt (Versicherungsbote berichtete). MAP-Autor Reinhard Klages stellte in der Einleitung eines älteren MAP-Reports zudem die Frage, wie lange der Trend rückläufiger Vollversicherungen für die Branche noch zu verkraften ist (Versicherungsbote berichtete). Derartige Befunde lassen eine Kennzahl besonders in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken: die Übertragungswerte bei den Alterungsrückstellungen.
Übertragungswerte zeigen, wer der Konkurrenz die Kunden abluchst
Übertragungswerte für die Alterungsrückstellungen sind als Kennzahl relevant seit 2009. Denn seit 2009 kann bei einem Wechsel des Anbieters ein Teil der Alterungsrückstellungen mitgenommen werden. Möglich machte dies das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) von 2007.
Obwohl sich die privaten Krankenversicherer bei Gewinn und Verlust an Vollversicherten gern bedeckt geben, erlauben seither die Alterungsrückstellungen, den Wettbewerb um Vollkunden im Bestand besser zu bewerten. Wichtigster Wert hierbei ist der Saldo erhaltener und abgeführter Alterungsrückstellungen:
- Versicherer mit positivem Saldo, die wesentlich mehr Altersrückstellungen erhalten als abführen, haben der Konkurrenz erfolgreich PKV-Kunden abgeworben.
- Wer hingegen viele Alterungsrückstellungen verliert bei hohem negativen Saldo, der verliert besonders viele Personen (oder zumindest viele langjährig Versicherte) in der Vollversicherung an die Konkurrenz.
Wichtig ist: Übertragungswerte sind nicht gleichzusetzen mit dem Geschäftserfolg
Allerdings sollte man bei zu leichten Schlussfolgerungen vorsichtig sein. Denn einige Umdeckungsverlierer haben dennoch ein erfolgreiches Geschäftsjahr absolviert. Das zeigt zum Beispiel die Debeka:
- Gemäß Übertragungswerten ist die Debeka der große Umdeckungsverlierer – mit einem Saldo bei portablen Alterungsrückstellungen in Höhe von minus 5,48 Mio. Euro. Betrachtet man also nur Zu- und Abgang der Alterungsrückstellungen, könnte man schlussfolgern: Das Geschäftsjahr 2022 verlief für die Debeka nicht positiv.
- In Wirklichkeit aber ist das Gegenteil der Fall: Die Kennzahlen der Debeka zeigen in 2022 eines der erfolgreicheren PKV-Geschäfte. Denn anders als viele andere PKV-Unternehmen konnte die Debeka durch ein erfolgreiches Neugeschäft 13.158 Personen in der Vollversicherung hinzugewinnen.
Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die Saldi portabler Alterungsrückstellungen stets sehr niedrig sind in Relation zu den gesamten Alterungsrückstellungen. Darauf wies zum Beispiel die Bayerische Beamtenkasse gegenüber dem Versicherungsboten hin, die 2021 zu den Umdeckungsverlierern zählte: Der verlorengegangene Betrag an Alterungsrückstellungen, der zur Bewertung diente, betrug nur rund 0,02 Prozent des Gesamtbestands an Alterungsrückstellungen. Solche Relationen sollten stets beachtet werden, wenn Umdeckungsverlierer und Umdeckungssieger im Folgenden vorgestellt werden.
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Und noch etwas sollte bedacht werden: Die Höhe der Alterungsrückstellungen lässt nicht per se Rückschlüsse auf die Zahl gewonnener und verlorener Kunden in der Vollversicherung zu, wohl aber auf die Qualität der Wechselsituation. Wechselt zum Beispiel ein Kunde nach langer Mitgliedschaft bei einem PKV-Unternehmen, hat er mehr Alterungsrückstellungen gebildet als ein Kunde, der nur kurz bei einem Unternehmen privat versichert war. Somit könnten mehrere Kunden mit kurzer Versicherungsdauer ähnliche Werte erzeugen wie wenige Kunden mit längerer Versicherungsdauer. Selbst aber im zweitem Fall ist es ein Verlust, wenn ein Unternehmen zwar weniger Kunden, aber dafür besonders langjährige Kunden verliert.
Die Umdeckungssieger 2022
Man darf demnach den Kennzahlen nicht zu viel Aussagekraft zusprechen, was im Folgenden bei Deutung der Zahlen zu beachten ist. Denn aussagekräftig sind die Zahlen zwar für den Wettbewerb um bereits privat krankenversicherte Kunden unter den PKV-Unternehmen. Die Kennzahl selber aber sagt noch nichts über den Erfolg des Neugeschäfts bei Vollversicherungen oder über die Bestandsentwicklung aus.
Im Folgenden werden Sieger und Verlierer im Umdeckungswettkampf vorgestellt. Nur acht Versicherer haben in 2022 ein positives Saldo: Hier konnten mehr Kunden von der Konkurrenz gewonnen werden, als an die Konkurrenz verloren gingen. Hingegen weisen 16 Unternehmen negative Saldi aus: Diese Unternehmen verloren mehr Kunden an die Konkurrenz, als sie von der Konkurrenz hinzugewinnen konnten.
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Acht Versicherer weisen keine Daten aus
Zu bedenken ist aber auch, dass die Zahlen nicht vollständig sind. So wiesen acht Unternehmen gar keine portablen Alterungsrückstellungen aus. Folgende Unternehmen hielten sich bei ihren Kennzahlen bedeckt: Axa, DKV, FAMK, Landeskrankenhilfe, Mecklenburgische, Münchener Verein, Ottonova und Universa.
Die Umdeckungssieger 2022
Angegeben ist das Saldo aus erhaltenen und abgeführten Alterungsrückstellungen 2022 (in gerundeten Werten).
- HanseMerkur: plus 38,61 Mio. Euro
- Arag: plus 11,68 Mio. Euro
- HUK-Coburg: plus 1,61 Mio. Euro
- LVM: plus 1,03 Mio. Euro
- Concordia: plus 415.000 Euro
- Alte Oldenburger: plus 163.400 Euro
- VRK: plus 82.700 Euro
- VGH Provinzial: plus 44.000 Euro
Die Umdeckungsverlierer 2022
Angegeben ist das Saldo aus erhaltenen und abgeführten Alterungsrückstellungen 2022 (in gerundeten Werten).
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- Bayerische Beamtenkranken: minus 1,31 Mio. Euro
- UKV: minus 1,38 Mio. Euro
- Nürnberger:minus 1,40 Mio. Euro
- SDK: minus 1,55 Mio. Euro
- Barmenia: minus 1,92 Mio. Euro
- Signal Iduna: minus 3,81 Mio. Euro
- Continentale: minus 4,26 Mio. Euro
- Gothaer: minus 4,42 Mio. Euro
- Generali: minus 5,20 Mio. Euro
- Debeka: minus 5,48 Mio. Euro
Hintergrund: Alle Zahlen sind dem aktuellen MAP-Report 930 entnommen: dem aktuellen PKV-Bilanzrating des Traditionsreports, der gerade bei Franke und Bornberg erschienen ist. Der Report enthält eine Vielzahl von Kennzahlen zur PKV und kann kostenpflichtig auf der Webseite der Ratingexperten bestellt werden.
- PKV-Vollversicherung: Sieger und Verlierer im Tauziehen um Bestandskunden
- Die Umdeckungssieger 2022
- Die Umdeckungsverlierer 2022