Lebensversicherung: Allianz verliert Marktanteile, Generali gewinnt hinzu
Die Allianz dominiert erwartungsgemäß auch 2022 den deutschen Lebensversicherungsmarkt. Sie musste jedoch Marktanteile abgeben. Doch die direkte Konkurrenz konnte nicht wirklich profitieren: Unter den fünf größten Lebensversicherern gewann lediglich die Generali hinzu. Das zeigt die aktuelle Marktanteilsstatistik des Kölner KIVI Institutes.
- Lebensversicherung: Allianz verliert Marktanteile, Generali gewinnt hinzu
- Auch Debeka und Ergo gewinnen Marktanteile hinzu
Wer sind die größten deutschen Lebensversicherer nach Bruttobeitragseinnahmen? Dieser Frage geht das Kölner Institut für Versicherungsinformation und Wirtschaftsdienste (KIVI) in umfangreichen Marktanalysen nach, die auch weitere Einblicke in den Erstversicherungsmarkt erlauben. Für das Jahr 2022 haben die Autoren Heinrich Schradin, Reiner Will und Janosch Jakubsche die Daten zusammengetragen. Grundlage hierfür sind die Geschäftsberichte der Versicherer mit mehr als 50 Millionen Euro Bruttoprämie im Jahr. Auf die Zahlen macht am Dienstag das Versicherungsjournal aufmerksam.
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Allianz Leben behauptet Marktführerschaft
Die Allianz kann sich laut der jüngsten Analyse auch 2022 als größter deutscher Lebensversicherer behaupten. Das verwundert nicht, haben die Münchener doch einen gewaltigen Vorsprung vor der Konkurrenz: Beinahe jeder vierte eingenommene Euro entfällt auf den Versicherer mit dem ikonischen Adler im Logo. Und doch büßt der Konzern ein: ein Marktanteil von 23,23 Prozent im Jahr 2022 bedeutet, dass die Allianz 0,9 Prozentpunkte abgibt (Vorjahr: 24,22 Prozent). Dennoch bleibt die Allianz mit einem eingenommenen Bruttobeitrag von 21,417 Milliarden Euro Deutschlands unangefochtener Branchenprimus.
Ein Grund für die schwindenden Marktanteile: Die Allianz Leben hat insbesondere ihr Einmalbeitrags-Geschäft deutlich zurückgefahren. Mit rund 11 Milliarden Euro entfällt ein Drittel aller Einmalbeiträge auf die Allianz. Dabei verfolgt der Marktführer eine doppelte Strategie: Erst im Juli 2023 hat der Versicherer die Mindestlaufzeiten in der wichtigsten Produktlinie „Perspektive“ gesenkt, um im Wettbewerb mit Banken konkurrenzfähig zu bleiben. Wer einen Einmalbeitrag gezahlt hat, kann nun bereits nach zwei statt fünf Jahren eine Rente beziehen oder sich das Kapital auszahlen lassen. Auch die Zinsen hat der Versicherer bereits zum Jahreswechsel angehoben. Maßnahmen, um die Attraktivität der Produkte zu steigern.
Gleichzeitig hatte die Allianz selbst mehrfach kommuniziert, dass sie „bewusst auf gewisses Geschäft gegen Einmalbeitrag“ verzichte. Zu vermuten ist, dass sich die Münchener vom Neugeschäft mit hohen Absicherungs- und Verwaltungskosten trennen. Der Rückgang der Einnahmen resultiert folglich auch aus strategischen Entscheidungen.
Die direkten Verfolger: Öffentliche verlieren Marktanteile, Generali gewinnt hinzu
Von „direkten Verfolgern“ zu sprechen, ist angesichts der Marktmacht der Allianz Leben fast schon vermessen. Denn der Abstand zum zweiten Platz ist bereits gewaltig. Dort rangieren nach Interpretation des KIVI-Instituts die öffentlich-rechtlichen Versicherer mit einem Marktanteil von 9,03 Prozent in der Lebensversicherung. Dahinter verbergen sich viele regional tätige Anbieter wie die Versicherungskammer Bayern und die Provinzial Versicherungen, die in der Gruppe der öffentlichen Versicherer organisiert sind: Träger sind in der Regel Sparkassen und Landesbanken sowie deren Verbände.
In der Lebensversicherung profitieren die Öffentlichen davon, dass potentielle Kundinnen und Kunden in den Sparkassen-Filialen vor Ort angesprochen werden können. Gegenüber dem Vorjahr haben die Öffentlichen aber eingebüßt: 2021 konnten sie noch 10,38 Prozent des Neugeschäfts auf sich vereinen. Unter dem Strich verloren sie aber 1,35 Prozentpunkte am Markt. Nach KIVI-Auswertung nahmen die Öffentlichen 2022 rund 8,292 Milliarden Euro Bruttobeitrag in Leben ein: ein Rückgang um mehr als 16 Prozent.
Die Gewinnerin unter den Branchengrößen war 2022 hingegen die Generali. Im hart umkämpften Verfolgerfeld konnte sie den dritten Platz zurückerobern und sich vor die R+V schieben, die im Vorjahr noch auf dem Treppchen stand. Die Beitragseinnahmen verteilten sich dabei auf drei Unternehmenstöchter in Deutschland: Die Generali Deutsche Leben AG erzielte mehr als 6,002 Milliarden Euro Bruttobeiträge, zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Ebenfalls zulegen konnte der Maklerversicherer Dialog Leben mit einem Plus von über vier Prozent auf 338,9 Millionen Euro. Deutlich verloren hat dagegen die Cosmos Leben mit knapp 1,839 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Marktanteil von 8,91 Prozent (Vorjahr: 8,75 Prozent).
Auch Debeka und Ergo gewinnen Marktanteile hinzu
Leichte Verluste muss die R+V Gruppe hinnehmen, die im Vorjahr auch aufgrund einer Fusion auf dem dritten Rang stand. Auch beim Versicherer der Raiffeisen- und Volksbanken speisen sich die Leben-Einnahmen 2022 aus drei Konzerntöchtern: Den größten Batzen trug die R+V Lebensversicherung AG mit mehr als 7,266 Milliarden Euro bei, gefolgt von der Condor Leben mit 300,83 Millionen Euro und dem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit der R+V-Gruppe (R+V Leben a.G.) mit 80,24 Millionen Euro Bruttobeitrag. Unter dem Strich bedeuten Bruttoprämien-Einnahmen von mehr als 7,647 Milliarden Euro Rang vier und einen Marktanteil von 8,33 Prozent (Vorjahr: 8,85 Prozent).
Während die Talanx Gruppe mit ihren fünf Leben-Konzerntöchtern leicht Marktanteile einbüßte, aber nach wie vor auf Rang fünf steht, konnten die folgenden Versicherer hinzugewinnen. Bei der Talanx bedeuten Prämieneinnahmen von 4,141 Milliarden Euro in der Lebensversicherung einen Anteil am Gesamtmarkt von 4,51 Prozent. Den größten Beitrag leistete hierzu die HDI Leben AG mit 1,617 Milliarden Euro Bruttobeitrag vor der Targo Leben mit mehr als 1,057 Milliarden Euro und der neue leben Lebensversicherung mit 741,83 Millionen Euro.
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Die Debeka zählt einen einzigen Lebensversicherer im Konzernverbund: die Debeka Lebensversicherungsverein a. G., der sich als größter Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit auf Rang sechs platziert. Obwohl die Koblenzer leicht Bruttobeitrags-Einnahmen gegenüber dem Vorjahr verloren: Sie sanken von 3,918 Milliarden Euro auf 3,863 Milliarden Euro in 2022, konnten die Koblenzer Marktanteile hinzugewinnen. Der Anteil am Gesamtmarkt stieg von 4,09 Prozent auf 4,21 Prozent.
Die Ergo-Gruppe gewinnt mehr als 0,2 Prozentpunkte am Gesamtmarkt hinzu: Und schiebt sich im eng umkämpften Feld auf Rang sieben vor, überholt somit die Axa und den Run-off-Versicherer Viridium. Der Marktanteil der Ergo stieg somit von 3,44 Prozent auf 3,67 Prozent. Von den Konzerntöchtern konnte einzig die Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG wachsen, aber deutlich: Die Prämieneinnahmen stiegen um ein Sechstel auf 1,187 Milliarden Euro. Hingegen büßten die beiden Töchter Ergo Leben (-3,3 Prozent, 1,687 Milliarden Euro) und Victoria Leben (minus 6,2 Prozent, 501,5 Millionen Euro) erwartungsgemäß deutlich ein: Beide Lebensversicherer schreiben kein Neugeschäft mehr, sondern werden konzernintern abgewickelt.
Die größten deutschen Lebensversicherungs-Gruppen 2022 nach Marktanteilen gemäß Bruttobeitrags-Einnahmen:
- Allianz 23,23 Prozent (Vorjahr: 24,22 Prozent)
- Öffentlich-rechtliche Versicherer 9,03 Prozent (Vorjahr: 10,38 Prozent)
- Generali 8,91 Prozent (Vorjahr: 8,75 Prozent)
- R+V 8,33 Prozent (Vorjahr: 8,85 Prozent)
- Talanx 4,51 Prozent (Vorjahr: 4,62 Prozent)
- Debeka 4,21 Prozent (Vorjahr: 4,09 Prozent)
- Ergo 3,67 Prozent (Vorjahr: 3,44 Prozent)
- Axa 3,47 Prozent (Vorjahr: 3,46 Prozent)
- Viridium 3,40 Prozent (Vorjahr: 3,46 Prozent)
- Zurich 3,29 Prozent (Vorjahr: 3,37 Prozent)
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- Auch Debeka und Ergo gewinnen Marktanteile hinzu